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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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knacken konnte, war die Mutter, jenes Wesen mit den dunkelblauen Augen, den fahlbraunen Haaren und den hilflosen Bewegungen. Es hatte nämlich außer dem schmalen Mund noch ein Herz aus Stein, ein Herz, das weder für den eigenen Mann noch für die Tochter, sondern nur für ihre beiden weißen Staubwedel von Spitzen schlug. Und die wußten es.
    Ich kannte die Manieren meiner drei Rowdies und wußte, daß auch sie sehr verwöhnt und durchaus nicht fein waren, wenn sie sich’s irgendwie leisten konnten, besonders der Dicke. Aber ebenso muß ich berichten, daß sie sich um das Spitzduett sehr bald überhaupt nicht mehr kümmerten. Seit der Begegnung am Zaun gingen sie ihnen systematisch aus dem Wege. Weffi schwebte überhaupt über der ganzen Sache. Er ging völlig in seinem Kätzchen auf.
    Das alles aber hinderte die Kajetanin mit dem Kinderblick nicht, unentwegt und zunehmend zu nörgeln. Sie pflegte bei geöffneten Fenstern und so, daß wir es hören mußten, Selbstgespräche mit den beiden Staubwedeln zu halten, ungefähr so: »Ach, ihr meine armen beiden Lieben! Was müßt ihr aushalten! In euer eigenes Haus lassen euch die bösen anderen nicht mehr ‘rein! Nicht mal in Ruhe fressen könnt ihr mehr! Aber Frauchen paßt auf, und Frauchen wird es bald ändern. Ja, ihr sollt sehen, meine Süßen, es dauert nicht mehr lange, dann seid ihr wieder allein hier und könnt machen, was ihr wollt!«
    Sie hatte auch eine verdammte Manier, vor einer ihrer zweihundertneunundsiebzig Jahre alten Türschwellen stehenzubleiben und irgendeinen Kratzer darauf zu entdecken. Sie stellte sich davor in Positur und starrte gebrochen und beleidigt darauf nieder, bis sie sicher war, daß wir sie bemerkten. Dann hob sie mit eingekniffenen Lippen den Kopf und wandelte von hinnen.
    Nach vierzehn Tagen hatte ich ihre Vorstellungen satt, besonders auch, weil ich bemerkte, wie die Mama darunter litt und schon wieder zusehends schmaler wurde.
    »Müssen wir uns das eigentlich bieten lassen?« fragte ich sie eines Abends.
    »Aber du kannst doch nicht...«
    »Natürlich kann ich. Du ahnst ja gar nicht, was ich kann, wenn es um meine drei geht. Sie haben sich wirklich wie die Kavaliere benommen. Ungerechtigkeit hat mir schon immer einen verdammten Mumm gegeben.«
    Ich stand auf und ging ins Nebenzimmer. Das sanfte Kieselherz saß am Fenster, mit seinen beiden Staubwedeln garniert. Sie kläfften mich heftig an.
    »Grüß Gott, Frau Kajetan«, sagte ich und setzte mich ungeniert zu ihr aufs Sofa. »Wissen Sie, was ulkig ist?«
    Sie hatte erst befremdet die Lippen eingekniffen, jetzt sah sie mich erstaunt an.
    Ich fuhr in heiterster Manier fort: »Ulkig ist, daß man hundert Mark im Monat nimmt — natürlich nur beispielsweise — und dafür erwartet, daß die Gäste sich sozusagen in Luft auflösen und nur so unhörbar um die Ecken winseln, ohne ein Blättchen zu bewegen oder ein Kratzerchen aufs Schwellchen zu machen. Ich habe mir jetzt zum drittenmal Ihren Monolog angehört.« Ich sah ihren fassungslosen Ausdruck und fügte hastig hinzu: »Monolog ist nichts Unanständiges und nichts Beleidigendes. Monolog ist, wenn einer mit sich selber redet. In Ihrem Fall handelt es sich um eine Abart, nämlich, wenn einer so redet, daß es die anderen hören sollen. Warum sind Sie nicht längst zu uns gekommen und haben gesagt: >Herrschaften, es geht nicht.Liebe Frau Kajetan<, hätte ich gesagt, >nichts für ungut, hier ist die Miete für zwei Wochen. Wir steigen auf unseren Wagen und fahren ein Dorf weiter. Da finden wir bestimmt jemanden, der sich ausrechnet, daß sechshundert Mark für ein halbes Jahr ein Geschenk vom Himmel sind. Damit kann man zum Beispiel seiner Tochter einen Teil der Aussteuer kaufen oder sich einen Kühlschrank und ‘n neues Radio leisten — na, und so!< Ich schlage Ihnen also vor, wir trennen uns friedlich, sagen wir — morgen früh, und der Fall ist erledigt.«
    In ihrem Gesicht zeigte sich Verwirrung. Die Aussteuer und der Eisschrank schienen gezündet zu haben. Aber ich ließ sie erst gar nicht zu Wort kommen und klopfte ihr herzhaft auf die Schulter: »Also, liebe Frau Kajetan, wir sind vollkommen einig, machen Sie bitte die Rechnung fertig — und morgen früh!«
    Wie schon so oft in ihrem Leben zeigte die Mama, was für ein großartiger Kerl sie ist: sie packte die halbe Nacht lang, ohne einen Mucks zu sagen.
    Noch als wir am nächsten Morgen im Wagen saßen, versuchte Theres die Sache rückgängig

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