Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
Vom Netzwerk:
Wäsche einräumen.«
    Ich ging zum Brunnen und starrte in das Wasser. Cocki und Weffi kamen geschäftig am Zaun entlang. Der eine der weißen Staubwedel stellte sie mit drohendem Knurren und richtete sich an Cocki hoch. Der sah mich fragend an: »Soll ich ihn fertigmachen?«
    »Untersteh dich!« sagte ich. »Ihr macht mir schon Kummer genug. Alle mitsammen.«
    Ohne sich um den hampelnden und knurrenden Staubwedel zu kümmern, sahen sich die beiden an, als ob sie fühlten, daß mein Kragen am Platzen war. Dann setzten sie ruhig ihren Marsch fort. Sie wenigstens schienen ein Einsehen zu haben.

    Es ging eine Woche lang mit Ach ohne Krach. Wir begannen uns zurechtzufinden. Die Mama war besorgt wie immer, aber außerdem auch einigermaßen glücklich. Sie konnte ihre mütterlichen Instinkte nach allen Seiten hin grenzenlos entfalten. Jetzt war sie es, die das Trio morgens fertigmachte. Zu diesem Behuf brauchte ich bloß die Tür aufzumachen, und alle drei wackelten zu ihr herein, ohne mich weiter eines Blickes zu würdigen. Drüben bei ihr gab es gleich zu Anfang ein Plätzchen. Dann hörte ich, während ich mich rasierte, durch die Tür ihre Ansprache:
    »So, Peterle, jetzt noch die Hosen — ja, ich weiß, es ziept. Den Bart noch mal. Mein Gott, Kerl, was hast du dir bloß wieder da ‘reingeklebt! Cocki, geh weg, dich habe ich doch schon zweimal gekämmt. Und nun Weffi — jetzt zappele nicht so — anderes Pfötchen — du Knudelschnute — (Kußgeräusch). Und nun das Hinterteil — na, ich habe schon mal was Saubereres in meinem Leben gesehen!«
    Wenn sie mit den Hunden fertig war, hatte sie ihre ganz große Puppe zum Spielen, nämlich mich. Sie konnte nach Herzenslust über abgerissene Knöpfe kopfschütteln und seufzend früh ver-dreckte Manschettenränder konstatieren. Sie konnte mich ermahnen, nicht schon zum Frühstück eine dicke Zigarre zu rauchen und die ältesten Schuhe anzuziehen, wenn ich in den Wald ging.
    Das tat ich jeden Morgen, immer in eine andere Richtung. Unten der See lag von riesigen Tannen umstanden, wie dunkelgrüne Jade in der blitzenden Septembersonne. Während meine drei die Fuchslöcher inspizierten, auf stets vergebliche Hasenjagd gingen oder nur so herumstöberten, konnte ich stundenlang sitzen und einfach über das Wasser starren. Ein Taucher mit gehörntem Köpfchen durchbrach den Jadespiegel, ein Fisch sprang, eine Libelle ging knisternd in die Kurve. Es war wie nach der Erschaffung der Welt.
    Manchmal auch kletterte ich den Berg hinauf bis dorthin, wo die Felsen anfingen. Dabei mußte ich immer den Dicken bewundern. Hier machte er seinem Namen Springer-Cocker alle Ehre, indem er trotz seiner Molligkeit fast senkrechte Wände hinauf- und herunterturnte.
    Zweimal übrigens, kurz hintereinander und gleich in den ersten Tagen, hatte ich da oben wunderbare Erlebnisse.
    Einmal sah ich einen Steinadler, der aus den Tiroler Bergen herüberkam. Ich wußte sofort: das ist nicht etwa ein großer Bussard, sondern das ist er, der große Einsame, der König über Gipfel und Wolken. Riesenhaft und erhaben kreiste er mindestens zwei Minuten lang über mir im tiefen Himmel, bis er wieder in den Felszinnen verschwand.
    Und dann, am nächsten Tag, als ich mich an die gleiche Stelle gehockt hatte, in der Hoffnung, er würde vielleicht wiederkommen, kollerte ein Stein von oben und sprang dicht an mir vorbei bergab. Ich zog den Kopf ein und sah nach oben. Da stand, vielleicht fünfzig Meter über mir, ein alter Gamsbock mit kohlschwarzem Bart. Er blieb dort unbeweglich, wie ausgestopft, und ich starrte ihn ebenso unbeweglich an und glaubte, daß ich träume. Nach einer Weile legte er den Kopf schief und horchte auf einen der Hunde, der nahebei im Geröll rumorte. Darauf kam in das Standbild Leben. Es setzte zierlich Fuß vor Fuß, ging auf einem handbreiten Grat um einen Felsturm herum und verschwand um die Ecke. Jetzt erst wagte ich, richtig zu atmen.
    In mir war eine tiefe Dankbarkeit. Ich fühlte, wie sich die Wunden in meinem Innern zu schließen begannen und wie die Ahnung neuen Schaffenkönnens auf wuchs. Das Pech der vergangenen Monate hatte mich — das merkte ich erst jetzt — an der Wurzel getroffen und mein Selbstvertrauen erschüttert. Aus solchen Erlebnissen strömte es mir wieder zu. Ein dunkler Schatten über meinem Leben blieb Frauchens Schicksal.
    Meine drei hatten sich schnell mit dem neuen Leben abgefunden, nur morgens beim Frühstück war mitunter ein Moment des Erstaunens. Sie sahen

Weitere Kostenlose Bücher