Alle Menschen werden Schwestern
erinnert.
3) Das biologische Argument : So sieht es ein deutscher Humanbiologe: »Das weibliche Bild stellt [...] den unmittelbar im Erbgut festgelegten Bauplan des Menschen dar. Der Mann dagegen ist eine Spezialform , die irgendwann in der langen tierischen Stammesgeschichte als Abweichung des weiblichen Bauplans entstanden ist. [...] Die Natur hat [...] eigens für die Fortpflanzung die Sonderform des männlichen Geschlechts [geschaffen]. Dies charakterisiert das Wesen des Mannes. Er ist nur ein Ableger der Frau, eine menschliche Sonderform für die Fortpflanzung. [...] Der Mann ist das sekundäre Geschlecht, aus der >Rippe< der Frau gemacht — genau umgekehrt, als [sic] es die Bibel meint!« [m. H.] 66
[Wenn ich in einem Vortrag an dieser Stelle angekommen bin, pflege ich daran zu erinnern, daß es sich bei dieser Aufzählung um scherzhaft-ironische Argumente handelt. Ironisiert wird die bis weit ins 19. Jahrhundert von Männern bierernst vorgetragene »Theorie«, die »aus dem Maskulinum abgeleiteten« Sprachformen zur Bezeichnung weiblicher Personen seien darauf zurückzuführen, daß Eva aus Adams Rippe quasi »abgeleitet« sei. Die (zwerchfellerschütternde Geschichte dieser Lieblingsidee der sexistischen Grammatik ist nachzulesen bei Dennis Baron, Grammar and Gender, 1985.]
2 & 3) Das strukturell-biologische Argument : Wir erlauben uns, daran zu erinnern, daß jeder Mann vor der Geburt tatsächlich »in der weiblichen Form enthalten« war. Behauptungen zum Beweis des Gegenteils gehören in den Bereich des Mythos.
4) Das statistische Argument : Frauen sind mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Allgemeine Aussagen wie »US-Amerikanerinnen sind freundlich«, »Engländerinnen sind reserviert«, »Die Nächste bitte«, »Die Kundin ist Königin«, »Gehen wir zur Griechin, oder ißt du lieber italienisch?« »Jeder das Ihre«, »Du solltest wirklich mal zur Ärztin gehen!«, »Die Inhaberin dieses Passes ist Deutsche«, »Du brauchst eine Rechtsanwältin!« lassen mehr an Frauen denken als an Männer, obwohl sie — nach Einführung der Totalen Feminisierung — geschlechtsneutral gemeint sind. Sie liegen somit näher bei der Wahrheit, als wenn das generische Maskulinum benutzt würde. Zugegebenermaßen gibt es (noch) zahllose Berufe, in denen das männliche Geschlecht statistisch weit überwiegt, aber erstens soll dieser Zustand ja bald überwunden sein, und zweitens werden ja die angeblich geschlechtsneutralen Maskulina auch hemmungslos für überwiegend und sogar für rein weibliche Gruppen eingesetzt. (Vgl. etwa »Die Menstruation ist bei jedem ein bißchen anders«.) Und für wirklich männliche Gruppen bleibt uns ja immer noch das Maskulinum. Es wird geschlechtsspezifizierend benutzt, genau wie bisher das Femininum.
So werden wir also nicht statt die Päpste plötzlich die Päpstinnen sagen.
5) Das Aufwertungsargument : Der Einwand, das Femininum könnte »zu schade« sein, um damit Männer zu bezeichnen, ist ernst zu nehmen, weisen doch sogar Männer immer wieder darauf hin, das weibliche sei das bessere, weil (z.B.) friedlichere Geschlecht. Aber seien wir doch ein bißchen großzügig und betrachten wir den Gebrauch des Femininums für Männer als eine (hoffentlich) sich selbst erfüllende Prophezeiung, auf daß dereinst auch das männliche Geschlecht echt weiblich-friedfertig sein möge. Wie wir wissen, ist es höchste Zeit.
B Ernsthafte Argumente für die Totale Feminisierung
1) Das internationale Argument: Feminismus ist international, da das Patriarchat international ist. Partielle Feminisierung ist (relativ) bequem nur für die Sprachen ohne grammatisches Genus. Totale Feminisierung ist für alle Sprachen bequem und einfach.
2) Das historische Argument: Die Geschichte lehrt, daß unterdrückte Gruppen ihre Energien darauf konzentrieren sollten, ihre Situation zu verbessern. Gleichzeitige Berücksichtigung der Interessen des Unterdrückers ist taktisch absurd.
3) Das Autarkie-Argument: Der Einwand, daß Männer diese Lösung »nicht mittragen« werden, ist nicht stichhaltig, da sie ja auch die partielle Feminisierung nicht oder kaum (d. h. nur widerwillig) mitmachen. Jedenfalls gilt dies für die Genus-Sprachen, wenn es auch für das Englische anders sein mag.
4) Das Gerechtigkeits-Argument: Phyllis Chesler sagt: »Die Gleichbehandlung >Ungleicher< ist ungerecht« 67 , und ich stimme ihr zu. Wenn ich tausend Mark zu verschenken hätte, wäre es sinnvoll, sie »gerecht«
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