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Alle müssen sterben - Thriller (German Edition)

Alle müssen sterben - Thriller (German Edition)

Titel: Alle müssen sterben - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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zu werden, wuchs und wuchs wie ein Berg im Himalaya, den es für den ultimativen Flash zu erklimmen galt. Eine steile Straße führte nach oben, Richtung Fußballstadion. Hinter ihm lag der Bahnhof mit seinen hellen Lichtern und den zigarrenförmigen Zügen, die aus dem Regen in den Süden fuhren, und vor ihm standen die Ruinen des abgebrannten Obdachlosenasyls. Brandstiftung hatte es geheißen. Den Anrainern war es nur recht gewesen und die Untersuchungen verliefen wie so oft in Linz im Leeren. Jetzt wurde an der Stelle ein Gourmet-Supermarkt errichtet, so stand es jedenfalls auf einem Bauschild. Das Schild war groß und bunt mit einer dreidimensionalen Zeichnung und einem Sign. Doch irgendetwas stimmte daran nicht.
    Jonas stutzte, trat näher, kniff seine Augen zusammen und starrte auf das Sign, das bei näherer Betrachtung ein gespraytes Tag war, ein verschlungenes „F“, das aus einem flammenden „M“ entstieg. Es sah aus wie das Feuermal-Tag des schönen Mädchens aus seinen Träumen.
    Das war nicht möglich, völlig unmöglich, sie existierte nur mehr in seinen Träumen, aber niemals in der Wirklichkeit. Er spürte, dass die Krankheit in seinen Eingeweiden durch die Unruhe erwacht war und sich anschickte, wieder nach oben zu steigen und sich in Fliegen und Hornissen zu verwandeln und in kleine, glitschige Würmer. Doch es war nicht das einzige Tag, das ihm bekannt vorkam, weiter vorne, an der steinernen Pforte, von der aus eine steinerne Treppe zu einer verwachsenen Villa führte, fand er das nächste Tag und so ging es weiter, ein Tag folgte dem nächsten.
    Er musste wieder zurück nach unten rennen, um die Tags unkenntlich zu machen, damit niemand wusste, dass ihm das schöne Mädchen mit dem Feuermal aus seinen Träumen jetzt erschienen war. Unten angekommen, kramte er hektisch die orange Leuchtdose aus seinem Rucksack und übersprayte zunächst das Tag auf dem Bauschild. Panisch rannte er dann die steile Straße wieder nach oben, malte mit dem leuchtend orangen Spray eine dicke Linie über die Tags, Gartenzäune, Autos, Türen, Tore und Hausmauern. Jonas landete schließlich vor einem bereits geschlossenen Hauben-Restaurant, das rund wie ein Fliegenpilz am hinteren Rand eines gekiesten Parkplatzes stand und einen Blick auf den hell erleuchteten Bahnhof bot. Auf ein Verkehrsschild neben dem Parkplatz war ein weiteres Tag gesprüht und Jonas ahnte bereits, dass er am Ende angekommen war.
    Sein Herz schlug wie verrückt, als er über den dunklen Parkplatz auf diesen Hotspot zuschlich, um dort sein Motiv, sein Piece zu malen, das ihm den ersehnten Ruhm weit über sein Leben hinaus bringen würde. Hier, wo das Mädchen ihn hingeführt hatte. Er malte und alles ging wie von selbst. Der Flow, den er so lange gesucht hatte, stellte sich ein. Keine Pause, einfach weitermalen und Jonas sprayte wie verrückt. Er malte auf die zartrosa getünchte Mauer des Hauben-Restaurants ein umgekipptes Kreuz mit einem Mann, der kopfüber nach unten hing. Er sah die Vorlage so deutlich, dass er glaubte, danach greifen zu können. Autos fuhren langsam die steile Straße nach oben. Jonas arbeitete zwar verdeckt im Schatten der Straßenbeleuchtung, ein aufmerksamer Fußgänger würde ihn jedoch sofort bemerken, aber das war ja Teil des Kicks, die Gefahr, erwischt und gejagt zu werden. Doch noch war er nicht fertig mit seinem Piece, noch fehlte der entscheidende Ausdruck, die Flammen, die den Kopf des Mannes zerplatzen ließen, und seine bronzegoldene Hirnmasse, die wie kleine Goldnuggets über die Mauer des Restaurants bis zum Eingang spritzen würde.
    Dann hörte er ein Motorengeräusch, stoppte kurz mit dem Sprayen und lauschte. Ein weißer Lieferwagen war auf den Parkplatz gefahren. Der Fahrer hatte den Motor abgestellt und die Scheinwerfer ausgeschaltet, war aber noch nicht ausgestiegen. Jonas hielt den Atem an, starrte auf die dunkle Windschutzscheibe, konnte nichts erkennen. Er glaubte, das Aufglühen einer Zigarette bemerkt zu haben, war sich aber nicht sicher. Der Regen prasselte auf den Parkplatz, trommelte auf das Dach des Lieferwagens, dicke Tropfen zerplatzten auf dem gläsernen Vordach des Restaurants, das rund um das Gebäude ging und unter dem Jonas arbeitete. Der Lieferwagen stand auf dem Parkplatz wie eine Drohung und wieder glaubte er Zigarettenglut im Inneren aufleuchten zu sehen. Mit einem flauen Gefühl im Magen drückte er sich noch enger an die Hausmauer, die durch sein Graffiti bereits einzigartig geworden

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