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Alle muessen sterben

Alle muessen sterben

Titel: Alle muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. C. Schiller
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Banshee-Mädchen genannt. Damals hatten sie sich das erste Mal geliebt und Chloe war süchtig nach dieser Liebe geworden. Sie hatte dafür sogar ein Auge von Rufus geopfert. Bloß weil er es so wollte. Vor drei Jahren hatte Mutter sie beide eng umschlungen im Schlafzimmer knapp vor dem Höhepunkt entdeckt. Mutters Leben war implodiert, so wie die Hitze in Chloes Körper einer Nordpolkälte gewichen war und nur noch Mutters Schrei „Alle müssen sterben!“ übrig blieb.
    Chloe hielt wieder den Zettel vor das Objektiv, auf den das andere Mädchen „Alle müssen sterben!“ gekritzelt hatte. Zufällig tippte sie auf ein anderes Video, eines, das sie schon lange nicht mehr angesehen hatte und das Tim Kreuzer auf dem Segelboot zeigte und auch noch jemand anderen, auf den sie zunächst überhaupt nicht geachtet hatte. Aber jetzt war dieser jemand wichtig.
    Sorgfältig steckte sie das Handy wieder zurück in ihre Jackentasche, schlug den Schürhaken in ein brennendes Holzscheit im Kamin, das sie auf die Überreste des Flügels warf. Sie stopfte noch einige Notenblätter dazu und ein Zierkissen. Hörte das Knistern der Flammen. Dann stieg sie über die Glasscherben am Boden durch die zertrümmerte Tür hinaus auf die Terrasse, ging langsam und mit gesenktem Kopf durch den Park. An der Straße umarmte sie Rufus und vergrub ihr Gesicht in dem nassen, schmutzstarrenden Fell des jugoslawischen Schäferhundes. Das war ihre Art, Abschied zu nehmen.
    Chloe hatte eine Entscheidung getroffen und dieser Entschluss war unumstößlich und hatte sich in ihrem Kopf ausgebreitet wie der schwarze Samt, den Mutter so geliebt hatte. Ohne sich noch einmal nach Rufus umzublicken, rannte sie die Promenade am See entlang und das Jagdmesser lag schwer in ihrer Tasche. Lange stand sie abseits von den anderen Passanten im Regen und wartete auf den Postbus, der sie nach Linz bringen würde. Die Zeit vertrieb sie sich mit ihrem Handy, auf dem sie immer wieder dasselbe Video betrachtete. Es zeigte den verlebten Polizisten mit den schwarzen Haaren, wie er elegant wie ein Raubtier mit seiner Pistole im Regen durch ihr kleines Reich schlich und ihre Schmuckstücke liebevoll betrachtete. Sein ganzer Auftritt war kraftvoll und energiegeladen, doch in seinen Augen lag so viel Wärme und Verständnis, dass Chloe schlucken musste.
    Dieser Polizist war der Mann, der ihr endlich die Sicherheit geben würde, die sie bei ihrem Liebhaber nie bekommen hatte. Da konnte auch das andere Mädchen noch so dagegen sein. Sie war für diesen Polizisten bestimmt. Chloe rief auf ihrem Handy die Homepage der Linzer Polizei auf, scrollte durch die Abteilungen und kam zur Mordkommission. Sie las den Namen des leitenden Chefinspektors, suchte auf Google ein entsprechendes Bild dazu, fand einige Fotos, schickte eines davon in ein Fotoalbum, das sie mit „Liebhaber“ abgespeichert hatte, öffnete es dort wieder und studierte seine Gesichtszüge.
    Bevor sie in den Bus nach Linz stieg, knüllte sie den Zettel, den sie gemeinsam mit dem Jagdmesser noch immer in der Tasche ihrer grünen Regenjacke hatte, zusammen, um ihn in eine Mülltonne zu werfen. Doch im letzten Moment entschied sie sich anders, denn vielleicht war der Satz doch richtig, den ihr das andere Mädchen auf den Zettel geschrieben hatte: „Alle müssen sterben!“

61. Wilde Tiere in der Nacht

    Das grelle Licht der Stirnlampe leuchtete durch die Dunkelheit und der starke Regen wirkte in dem Strahl der Lampe wie ein Vorhang aus Metallschnüren.
    Fünfundvierzig Minuten war Tony Braun schon gelaufen und er hatte beinahe acht Kilometer geschafft. Es war vier Uhr morgens, er hatte keine Sekunde geschlafen, zu viel war die letzten Tage passiert: Kim war auch heute Nacht nicht zur vereinbarten Zeit ans Telefon gegangen, sein Partner Gruber war tot, Lenka war tot und auch Petersen.
    Eine Spezialeinheit der Spurensicherung hatte den Nachtclub und Petersens Wohnung komplett auf den Kopf gestellt, aber außer Waffen und Drogen nichts gefunden, was einen Hinweis auf den möglichen Auftraggeber des Bombenanschlags gegeben hätte.
    Braun atmete gleichmäßig und erhöhte das Tempo. Die Donau war an vielen Stellen durch den Dauerregen bereits über die Ufer getreten und große Teile des Waldes, der zwischen Damm und Fluss lag, waren überschwemmt. Füchse, Wildkatzen und vereinzelt auch Rehe hatten sich vor dem Hochwasser auf den Damm geflüchtet. Die Tiere standen paralysiert im Lichtkegel von Brauns Stirnlampe und als er an

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