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Alle muessen sterben

Alle muessen sterben

Titel: Alle muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. C. Schiller
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Wodkaflasche auf die Fahrbahn, wo sie mit lautem Klirren zerschellte.
    „Ich habe es so satt, immer nur als Bittsteller aufzutreten und alle um Erlaubnis fragen zu müssen“, schnaufte er dann und schüttelte seinen nassen Schädel wie ein Hund. „Ich sorge für die Verbindungen und stelle die Weichen für die Subventionen und will dafür eben meinen gerechten Anteil. Der steht mir doch auch zu!“
    Herausfordernd blickte Glanz in die Runde, Jewtschuk und die Dolmetscherin nickten zustimmend, nur Zorn schien ihn nicht zu beachten. Auf einem verschlammten braunen Acker stand ein einsamer Esel und ganz hinten am Horizont, beinahe unsichtbar in den Regenfontänen, eine beleuchtete windschiefe Hütte. Mehrere wilde Hunde zerfetzten ein erst vor Kurzem überfahrenes Kaninchen, direkt neben der Fahrbahn. Glanz sah das Blut und die Gedärme unter dem weichen Fell des Tieres hervorquellen und hatte das Gefühl, sofort kotzen zu müssen.
    „Anhalten! Stopp!“, brüllte er plötzlich und der Fahrer verstand auch ohne Dolmetscherin und brachte die große Limousine direkt auf der menschenleeren Autobahn zum Stehen.
    „Ich muss raus!“, rülpste Glanz mit kreidebleichem Gesicht und seine Wangen schwabbelten wie bei einer Bulldogge. Mit dem Fuß stieß er die Wagentür auf, stolperte durch riesige Pfützen, torkelte rund um das Heck des Autos auf die Hunde zu.
    „Haut ab, ihr Scheißköter! Ich mach euch alle fertig!“, schrie er wie von Sinnen und lockerte seinen Krawattenknoten, der ihn einengte, der ihm die Luft abschnürte, der ihn am Denken hinderte und an dem er sich wahrscheinlich eines Tages aufhängen würde.
    „Eine Pistole! Ein Königreich für eine Pistole!“, brüllte er nach hinten und fixierte die Hunde, die sich durch ihn nicht von ihrer Beute abbringen ließen. „Eine Pistole!“, wiederholte er und fette schwarze Vögel flatterten von einem der Felder in den verregneten grauen Himmel. Vögel so groß und furchteinflößend, wie er sie noch nie gesehen hatte. „Sollen sie nur kommen, die großen schwarzen Vögel, und mich mitnehmen in die Hölle! Dahin werde ich sicher nicht alleine gehen“, schrie er und schwankte bedenklich hin und her.
    Plötzlich stand der Sekretär Jewtschuk neben ihm, klopfte ihm auf die Schulter und hielt ihm eine unhandliche russische Armeepistole mit dem Kolben entgegen. Als Glanz die Waffe verständnislos anstierte, löste Jewtschuk schweigend die Arretierung und entsicherte die Waffe. Auffordernd hielt er sie wieder Glanz entgegen, redete beruhigend auf ihn ein und die Dolmetscherin übersetzte.
    „Schießen Sie ruhig ein wenig herum. Hier stört das niemanden. Aber beeilen Sie sich! Wir werden im Hotel erwartet.“
    „Natürlich! Ich werde mich beeilen! Immer muss alles schnell gehen, aber zum Schießen muss man sich Zeit nehmen, sonst verfehlt man sein Ziel. Das ist meine Strategie und die sieht etwas anders aus“, lallte Glanz, leckte sich über seine wulstigen Lippen und stolperte durch den Regen über den rissigen Betonboden der Autobahn auf die Hunde zu, die jetzt doch unruhig aufsahen und knurrend von ihrer Beute wegschlichen.
    „Das ist doch nicht dein Ernst, Hendrik!“ Zorn war plötzlich neben ihm aufgetaucht und seine grauen Haare funkelten im Regen wie die Mähne eines Zirkuspferdes. Er deutete auf die Waffe, mit der Glanz schwankend auf die Hunde zielte. „Du wirst doch jetzt nicht diese Hunde erschießen? Was bringt das denn?“
    „Das ist mein voller Ernst, Edgar“, rülpste Glanz. „Alle, die sich mir entgegenstellen, werden erschossen, wie diese Hunde. Jetzt will ich ein großes Stück vom Kuchen und dafür ist mir jedes Mittel recht.“ Er packte Zorn an seinen grauen Haaren und zerrte ihn auf die Hunde zu. „Pass auf, wie ich sie jetzt fertigmache! Pass einfach auf!“
    Plötzlich schwankte er nach vorne und kotzte direkt vor Zorn auf die Fahrbahn, rülpste laut, atmete tief durch, hielt sich aber immer noch auf den Beinen.
    „Dieser Wodka ist eine Wucht“, keuchte er und wischte sich über das regennasse, vollgekotzte Gesicht. Dann wankte er entschlossen auf die streunenden Hunde zu, die knurrend zurückwichen. Glanz feuerte auf einen braunen Köter, der überall auf dem Fell Brandwunden hatte, traf ihn in den Bauch. Jaulend versuchte der Hund fortzukriechen, doch seine Hinterläufe versagten, immer wieder brach er zusammen und aus seinem zerschossenen Bauch quollen Blut und Gedärme, vermischten sich mit dem Regen und dem Dreck der Straße.

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