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Alle muessen sterben

Alle muessen sterben

Titel: Alle muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. C. Schiller
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Graffiti bereits einzigartig geworden war.
    Plötzlich öffnete sich die Wagentür und der Fahrer stieg aus. Von seinem Platz aus sah Jonas nur Beine und Füße, Oberkörper und Kopf waren durch die Wagentür verdeckt. Jonas begann zu zittern, hielt sich beide Hände vor den Mund, damit sich die Worte nicht verselbstständigen würden, wie sonst immer. Doch auch der Dämon verharrte diesmal in gespannter Erwartung. Die Wagentür wurde zugeschlagen und der Fahrer kam langsam näher. Von einer Straßenlaterne angestrahlt, warf er einen riesigen Schatten, der sich immer weiter über Jonas stülpte, je näher der Fahrer auf ihn zukam. Das grelle Licht blendete Jonas und er konnte den Fahrer nur als Schattenriss wahrnehmen.
    Knapp vor Jonas blieb der Fahrer stehen, griff in die Tasche seiner Regenjacke und holte eine Taschenlampe hervor. Langsam glitt der helle Strahl über das Graffiti, verharrte schließlich auf dem vom Feuer verkohlten Kopf des Mannes, der kopfüber an dem Kreuz hing, huschte dann nach rechts, wo Jonas sein Tag gesprayt hatte, und das gebündelte Licht umkreiste die Signatur von Jonas, ein „B“ mit einer blauen Wolke.
    „Das Tag ist falsch!“, hörte er eine Stimme, die er so noch nie gehört hatte. Doch als der Fahrer die Taschenlampe umdrehte und der Strahl direkt auf sein eigenes Gesicht leuchtete, brach Jonas zusammen. Sein Alptraum war Wirklichkeit geworden. Die Erkenntnis, dass alles, was er geträumt hatte, tatsächlich genauso passierte, war wie eine Erlösung für ihn.
    „Du bist zurückgekommen, um mich zu bestrafen“, flüsterte er, sackte auf die Knie, spürte die Nässe und den Kies, als er mit seinen Unterschenkeln in eine Pfütze klatschte.
    „Dieses Bild ist nicht von dir!“, hörte er wieder die Stimme über sich und eine Nadel wurde ihm mit brutaler Wucht durch seinen Armeeparka in den Hals gerammt. „Dieses Graffiti ist nicht von dir!“
    Ein kratziges Schluchzen drang aus Jonas’ Mund, ein Schluchzen, das voll Reue, aber ohne jede Hoffnung war. Von einer nahen Kirchturmglocke wurde mit zwölf wuchtigen Schlägen die Stunde des Wolfs eingeläutet und Jonas wusste, dass er jetzt für seine Sünden bestraft werden würde.

33. Die Sterne vom Himmel holen

    Alle verfügbaren Polizisten der Stadt Linz waren auf der Suche nach Jonas Blau. Elena Kafka hatte die Großfahndung angeordnet, nachdem sie aus Rockys Kickbox Club wieder in die schwarze Halle zurückgekehrt waren.
    „Scheiße, dass wir ihn nicht erwischt haben!“, fluchte Braun und öffnete die einsame Dose Bier, die er noch im Kühlschrank des Aufenthaltsraums gefunden hatte. Elena Kafka trommelte mit ihrem Gummiball wie eine Basketballspielerin auf den Boden und kaute hektisch ihre Nikotinkaugummis.
    „Damned shit, Braun, wir waren so knapp daran“, ärgerte sie sich und hörte endlich mit dem Trommeln auf, rieb den Ball wieder zwischen ihren Handflächen. Wahllos öffnete Elena Kafka die Schränke und Regale im Aufenthaltsraum, fand schließlich einen lauwarmen Energydrink, ein längst vergessenes Werbegeschenk.
    „Besser als nichts!“, meinte sie und trank den Energydrink gleich aus der Dose. „Wow, das schmeckt schrecklich, aber es wirkt!“, meinte sie dann anerkennend und trank die Dose leer.
    „Braun, für heute können wir nichts mehr tun, fahren Sie nach Hause“, sagte sie dann und klopfte auf ihre große Armbanduhr an ihrem rechten Handgelenk, die schon nach zwölf anzeigte.
    „Wieso tragen Sie Ihre Uhr eigentlich rechts?“, fragte Braun völlig aus dem Zusammenhang, denn die Müdigkeit ließ ihn nicht mehr klar denken.
    „Das war ein Geheimcode zwischen meinem Mann, seinen Mitarbeitern und mir. Erzähle ich Ihnen bei Gelegenheit.“ Braun spürte, dass Elena Kafka nicht in der Stimmung für persönliche Geständnisse war. Er kickte die leere Bierdose in einen Abfalleimer, griff sich sein feuchtes Sakko und verschwand, ohne sich zu verabschieden.

    Schon an der Haustür war der Motherfucker Rap überlaut zu hören. Das Treppenhaus schien unter dem wummernden Bass zu vibrieren und die stakkatoartig im Rhythmus ausgespuckten Worte knallten von den verschiedenen Wohnungstüren zurück. Je weiter Braun nach oben lief, desto unerträglicher wurde dieser aggressive Sprechgesang. Zwei Frauen im Morgenmantel standen mit aufgelösten Haaren auf einem der Treppenabsätze und maßen ihn von oben bis unten mit missbilligenden Blicken, ohne ein Wort zu sagen. Jetzt wurde in der nächsten Etage über ihm eine

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