Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Rache Will Ewigkeit

Alle Rache Will Ewigkeit

Titel: Alle Rache Will Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
sich am Waschbecken die Hände wusch. Unsere Blicke trafen sich im Spiegel, und wir erkannten uns sofort wieder. Unglaublich! Es knisterte förmlich zwischen uns. Natürlich passierte nichts weiter. Wie auch? Ich war gerade getraut worden, und solche Gefühle ergaben keinen Sinn für mich.«
    Sie lügt, dachte Charlie. Magdas betontes Verneinen kam ihr unecht vor. Sie klang wie ein Politiker, der um den heißen Brei herumredet. Sie reagierte auf einen Vorwurf, der noch gar nicht gemacht worden war. »Aber es war plötzlich eine Verbindung zwischen euch da?«
    »Ja, eine Verbindung. Als Philip dann gestorben war, meldete sie sich bei mir. Sie fragte mich, ob sie etwas für mich tun könne. Ehrlich gesagt, war der Gedanke erleichternd, mit jemandem Zeit zu verbringen, der Philip nicht gekannt hatte. Kannst du das verstehen?«
    Der Fußweg verbreiterte sich jetzt wieder, und Charlie kam zurück an Magdas Seite. »Vollkommen. Der Tod einer nahestehenden Person kann wahnsinnig viel Platz in unserem Leben einnehmen. Man kann sich nicht davor verstecken. Ich kann also absolut verstehen, warum das verlockend klang.«
    Magda nickte. »Das stimmt.« Sie lächelte, und zum ersten Mal strahlte sie geradezu. »Ich sagte ihr also, sie könne mich auf eine Pizza einladen.«
    Die Geschichte war ganz anders als das, was Corinna glaubte. Und sie würde Corinnas bizarre Phantasien, dass Jay eine mehrfache Mörderin und ihr Schwiegersohn ihr letztes Opfer sei, nur noch mehr anstacheln. Das Problem war, dass sie Charlie gleichermaßen beunruhigte. Ihr Instinkt sagte ihr, dass da etwas nicht stimmte. Das Treffen mit Magda klang nach Berechnung, und sie fragte sich, ob Corinna wirklich so verwirrt war, wie sie zunächst angenommen hatte. »Nette Geschichte«, kommentierte sie, ließ sich aber ihr Unbehagen nicht anmerken.
    »Charlie?«
    »Ja?«
    »Weißt du, was zwischen meiner Mutter und Jay vorgefallen ist? War der Grund wirklich etwas anderes als Intoleranz und Vorurteile?«
    Charlie überlegte kurz, was sie dazu sagen konnte. Viel Spielraum blieb ihr nicht. »Ich weiß es nicht. Aber so viel kann ich sagen: Deine Mutter missbilligt vielleicht Homosexualität, aber sie ist keine engstirnige Fanatikerin. Sie konnte immer ihre prinzipielle Einstellung trennen von der Art und Weise, wie sie den jeweiligen Menschen begegnete. Ich war im zweiten Studienjahr, als ich mein Coming-out hatte, und sie war einer der ersten Menschen, dem ich davon erzählte. An unserem freundschaftlichen Verhältnis hat das nie etwas geändert, und ich war selbstverständlich weiter bei euch Babysitterin. Was auch immer der Grund für Jays Rausschmiss gewesen sein mag, ich glaube nicht, dass Corinna einen schlechten Einfluss auf euch Kinder befürchtete.« Charlie boxte Magda freundschaftlich in die Seite. »Aber so wie es aussieht, war
ich
wohl ein schlechter Einfluss, oder?«
    Magda verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln. »Komischer Gedanke – und er ergibt für mich keinen Sinn. Jay sagt, sie könne sich keinen anderen Grund vorstellen.«
    »Das Ganze ist schon lange her. Vielleicht haben ja beide vergessen, was wirklich dahintersteckte. So was passiert manchmal, weißt du.«
    Sie erreichten eine Kreuzung, und Magda zeigte nach links. »Dort unten ist das Tor, gleich um die Ecke. Es führt direkt zur College-Wiese von St. Scholastika. Jetzt gehe ich zurück nach Hause.« Sie sah Charlie an. »Ich bin hergekommen, um meinen Eltern die Sache mit mir und Jay zu erzählen. Zwar bin ich nicht gerade scharf darauf, meinen Vater damit zu konfrontieren, denn ich weiß, dass er total durchdrehen wird. Aber ich will es nicht Mutter überlassen, es ihm zu sagen.«
    »Wird schon schiefgehen«, tröstete Charlie. »Du wirst es überleben. Immerhin hast du deine Frau, die daheim auf dich wartet. Das können sie dir nicht nehmen.«
    Magda riss Charlie urplötzlich in ihre Arme. »Ich danke dir, Charlie. Es hat mir wirklich geholfen, mit dir zu reden.«
    Etwas perplex erwiderte Charlie die Umarmung. »Ich bin immer für dich da.« Sie trat einen Schritt zurück und fischte eine Visitenkarte aus ihrem Rucksack. »Hier. Du kannst mich jederzeit anrufen. Es wäre schön, von dir zu hören.«
    Charlie war sich nicht sicher, ob Magdas Gesicht sich wegen der frischen Luft oder der stürmischen Umarmung gerötet hatte. So oder so betonten die roten Wangen ihre Jugend und erinnerten Charlie an das kleine Mädchen, das sie damals gekannt hatte. Magda nahm die Karte und steckte

Weitere Kostenlose Bücher