Alle Robotergeschichten
daß es seinen eigenen Anschauungen von Recht und Unrecht entspricht. Könnte man es so ausdrücken?«
Der Verteidiger erhob sofort Einspruch und gab zu bedenken, daß man von dem Zeugen eine Entscheidung verlangte, die er aus Kompetenzgründen gar nicht treffen könne. Der Richter ermahnte den Anklagevertreter mit den üblichen Worten, aber es bestand gar kein Zweifel daran, daß der Dialog Eindruck gemacht hatte. Auch auf den Verteidiger.
Der Verteidiger bat um eine kurze Pause vor dem Kreuzverhör und bekam fünf Minuten zugesprochen.
Er beugte sich zu Susan Calvin hinüber.
»Dr. Calvin, ist es möglich, daß Professor Ninheimer die Wahrheit sagt und Easy vom Ersten Gesetz beeinflußt wurde?«
Dr. Calvin preßte die Lippen zusammen. Dann sagte sie:
»Nein. Es ist einfach unmöglich. Der letzte Teil von Ninheimers Aussage ist glatter Meineid. Easy ist nicht dazu konstruiert, so abstrakte Dinge wie den Inhalt eines Lehrbuches über Soziologie zu beurteilen. Er wüßte gar nicht, daß gewisse Personengruppen durch so einen Satz geschädigt werden könnten. Dazu ist er nicht in der Lage.«
»Aber einem Laien werden wir das vermutlich nicht klarmachen können«, meinte der Verteidiger pessimistisch.
»Nein«, gab Dr. Calvin zu. »Der Beweis wäre zu kompliziert. Unsere Verteidigungslinie ist immer noch die gleiche. Wir müssen beweisen, daß Ninheimer lügt.«
»Gut, Dr. Calvin«, sagte der Verteidiger. »Ich verlasse mich auf Ihr Wort. Wir ändern unseren Plan nicht.«
Im Gerichtssaal nahm der Richter den Hammer in die Hand. Professor Ninheimer trat noch einmal in den Zeugenstand.
Der Verteidiger war vorsichtig. Er begann mit ruhiger Stimme:
»Dr. Ninheimer, Sie wollen sagen, daß Sie von den Änderungen des Manuskripts erst etwas merkten, als Dr. Speidell Sie am sechzehnten Juni anrief?«
»Das stimmt, Sir.«
»Haben Sie die Druckfahnen nie in die Hand genommen, nachdem sie von Easy korrigiert wurden?«
»Anfangs schon, aber es erschien mir sinnlos. Ich verließ mich auf die Aussagen der U. S. Robots. Die absurden – äh – Änderungen wurden erst im letzten Teil des Buches gemacht, vermutlich nachdem der Robot genug über die Soziologie wußte …«
»Vermutungen haben hier keinen Platz«, unterbrach der Verteidiger. »Soviel ich hörte, sah Ihr Kollege, Dr. Baker, die späteren Druckfahnen zumindest einmal. Erinnern Sie sich an Ihre Aussage?«
»Ja, Sir. Wie ich schon sagte, hatte er eine Seite durchgesehen. Und selbst hier war ein Wort geändert.«
Wieder unterbrach der Verteidiger.
»Finden Sie es nicht eigenartig, Sir, daß Sie mehr als ein Jahr nichts von dem Robot wissen wollten, daß Sie sich weigerten, ihn zu benutzen, daß Sie anfangs sogar gegen ihn stimmten – und daß Sie sich plötzlich dazu entschlossen, ihm Ihr Buch, Ihr Lebenswerk, in die Hände zu geben?«
»Was soll daran seltsam sein? Ich entschied lediglich, daß ich ebensogut wie die anderen die Maschine benutzen könnte.«
»Und ganz plötzlich hatten Sie solches Vertrauen zu Robot EZ-27, daß Sie sich nicht einmal die Mühe machten, die Fahnen nachzusehen?«
»Ich sagte Ihnen doch, daß mich die – äh – Propaganda der U.S. Robots überzeugte.«
»So sehr, daß Sie Ihren Kollegen Dr. Baker zurechtwiesen, als er den Robot überprüfen wollte?«
»Ich wies ihn nicht zurecht. Ich wollte nur nicht, daß er seine – äh – Zeit verschwendete. Zumindest dachte ich damals, daß es Zeitverschwendung sei. Ich merkte nicht, daß das Auswechseln eines Wortes ein bedeutungsvoller Hinweis war.«
Der Verteidiger wurde sarkastisch.
»Ich zweifle nicht, daß man Ihnen sagte, die Sache mit dem abgeänderten Wort zu erwähnen. Das macht sich im Protokoll immer gut.« Doch dann änderte er seinen Tonfall. Er wollte keine Ermahnung riskieren.
»Tatsache ist doch, daß Sie sehr wütend auf Doktor Baker waren.«
»Nein, Sir. Nicht wütend.«
»Sie gaben ihm keine Kopie Ihres Buches, als Sie es erhielten?«
»Reine Vergeßlichkeit. Ich habe auch der Bibliothek keines gegeben.«
Ninheimer lächelte abgezirkelt. »Es heißt ja, daß Professoren sehr zerstreut sind.«
Der Verteidiger ließ sich nicht irre machen.
»Finden Sie es nicht seltsam, daß der Robot nach einem Jahr fehlerlosen Arbeitens plötzlich Ihr Buch falsch behandelte? Das Buch des Mannes, der vor allen anderen gegen die Einstellung von EZ-27 war!«
»Mein Buch war das einzige Werk, daß sich ausführlich mit dem Menschen befaßte. Und hier begannen die Drei
Weitere Kostenlose Bücher