Alle Robotergeschichten
erste Kapitel fertig. Es enthält ein paar hübsche Druckfehler.«
»Das ist beim ersten Kapitel immer so«, sagte Ninheimer geistesabwesend.
»Wollen Sie sie jetzt vergleichen?«
Ninheimer drehte sich um und sah Baker ernst an.
»Ich habe mit den Fahnen noch gar nicht angefangen, Jim. Ich glaube, ich werde mir die Mühe nicht machen.«
»Die Mühe nicht machen?« Baker sah ihn verwirrt an.
Ninheimer preßte die Lippen zusammen.
»Ich habe mich erkundigt, wann die – äh – Maschine arbeitet. Man hat einen Stundenplan ausgearbeitet. Schließlich wurde sie ursprünglich zum – äh – Korrekturlesen angestellt.«
»Die Maschine ? Sie meinen Easy?«
»Ich glaube, das ist der dämliche Name, den man dem Ding gegeben hat.«
»Aber Doktor Ninheimer! Ich dachte, Sie wollten nichts damit zu tun haben?«
»Ich scheine der einzige zu sein. Vielleicht sollte ich seine – äh – Vorteile auch ausnutzen.«
»Ach so. Hm, dann habe ich meine Zeit mit dem ersten Kapitel verschwendet.« Der junge Mann sah enttäuscht auf seine Blätter.
»Aber nein. Wir können die Arbeit der Maschine mit Ihrer Arbeit vergleichen. Eine gewisse Sicherheit will ich schon haben.«
»Gut, wenn Sie wollen, aber …«
»Ja?«
»Ich kann mir kaum vorstellen, daß Easy einen Fehler macht. Bis jetzt hat noch niemand etwas auszusetzen gehabt.«
»Tatsächlich?« fragte Ninheimer trocken.
Ninheimer fühlte sich unbehaglich, als er zum erstenmal dem Robot gegenüberstand. Fast automatisch, so als stünde er einem Menschen gegenüber, fragte er:
»Gefällt dir deine Arbeit?«
»Sehr, Herr Professor Ninheimer«, sagte Easy feierlich. Die Fotozellen seiner Augen leuchteten tiefrot wie immer.
»Du kennst mich?«
»Aus der Tatsache, daß Sie in den Originaltext etwas einfügen wollen, folgt, daß Sie der Autor sind. Und der Name des Autors steht natürlich auf jeder Druckfahne.«
»Ach so. Dann kannst du also – äh – Schlußfolgerungen ziehen.« Er konnte der Frage nicht widerstehen. »Sag mal, was hältst du bis jetzt von dem Buch?«
»Ich finde es angenehm, es bearbeiten zu dürfen«, sagte Easy.
»Angenehm? Das ist ein komisches Wort für einen – äh – Mechanismus ohne Gefühle. Wenigstens sagte man mir, daß du keine Gefühle hättest.«
»Die Worte in Ihrem Buch sind für meine Stromkreise leicht zu bearbeiten«, erklärte Easy. »Sie lösen wenige Gegenpotentiale aus. Mein Gehirn kann diese Tatsache mit einem Wort wie ›angenehm‹ übersetzen. Die gefühlsmäßige Bedeutung dieses Wortes ist reiner Zufall.«
»Ich verstehe. Weshalb empfindest du das Buch als angenehm?«
»Es handelt von Menschen, Herr Professor, und nicht von anorganischen Stoffen oder mathematischen Symbo len. Ihr Buch versucht die Menschen zu verstehen und das menschliche Glück zu steigern.«
»Und da das auch deine Aufgabe ist, empfindest du es als angenehm. Habe ich das richtig verstanden?«
»Ja, Herr Professor.«
Die Viertelstunde war vorbei. Ninheimer verließ den Raum und ging in die Universitätsbibliothek, die gerade schließen wollte. Man wartete noch, bis er einen Band über elementare Robotwissenschaften ausgewählt hatte. Er nahm das Buch mit nach Hause.
Bis auf wenige Einfügungen, die Ninheimer aufgrund neuen Materials machte, gingen die Fahnen zwischen Easy und den Verlegern ohne Reklamationen hin und her. Anfangs prüfte der Professor noch alles nach, doch später kümmerte er sich nicht mehr darum. Baker fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut.
»Ich komme mir ziemlich nutzlos vor«, bemerkte er einmal.
»Weshalb? Sie können sich jetzt um neue Projekte kümmern«, sagte Ninheimer, ohne von den Aufzeichnungen aufzusehen, die er in die laufende Nummer der Zeitschrift Abstrakte Sozialwissenschaften machte. »Ich bin es noch nicht gewohnt. Ich mache mir um die Fahnen Sorgen, obwohl ich natürlich weiß, daß das Unsinn ist.«
»Und ob es Unsinn ist!«
»Kürzlich holte ich mir sogar ein paar Fahnen, bevor sie Easy an den …«
»Was!« Ninheimer sah stirnrunzelnd auf. Die Zeitschrift rutschte vom Tisch. »Haben Sie die Maschine bei der Arbeit gestört?«
Ninheimer wurde nachdenklich.
»Nur für eine Minute. Alles war in Ordnung. Oh, er hat ein Wort ausgetauscht. Sie benutzten das Adjektiv ›kriminell‹. Er schrieb statt dessen ›leichtsinnig‹. Ich fand, daß das zweite Adjektiv besser in den Zusammenhang paßte.«
»Fanden Sie wirklich?«
»Ich ließ es stehen. Ich war ehrlich davon überzeugt, daß es besser
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