Alle Robotergeschichten
drückte eine Faust fest in die Fläche der anderen Hand.
»Das ist es, Joe. Es beruht auf Gegenseitigkeit. Wenn ich nicht ihr Ideal bin, können sie sich nicht so verhalten, daß sie mein Ideal sind. Ich muß auch ihre wahre Liebe sein, aber wie mache ich das?«
Er schien den ganzen Tag nachzudenken.
Am nächsten Morgen kam er zu mir und sagte: »Ich werde das dir überlassen, Joe. Dir allein. Du hast meinen Datenspeicher, und ich werde dir alles erzählen, was ich über mich weiß. Du ergänzt meinen Datenspeicher in jeder denkbaren Beziehung, behältst das Zusätzliche aber für dich.«
»Was soll ich dann mit dem Datenspeicher machen, Milton?«
»Dann vergleichst du ihn mit den 235 Frauen. Nein, 227. Laß die acht weg, die ich gesehen habe. Sorg dafür, daß jede sich einer psychiatrischen Untersuchung unterzieht. Füll ihre Datenspeicher auf und vergleich sie mit dem meinigen. Stell Übereinstimmungen fest.«
(Psychiatrische Untersuchungen zu veranlassen, gehört ebenfalls zu dem, was meinen Originalanweisungen widerspricht.)
Milton berichtete mir wochenlang. Er erzählte mir von seinen Eltern und Geschwistern. Er schilderte seine Kindheit, seine Schulzeit und sein Heranwachsen. Er sprach über die jungen Frauen, die er aus der Ferne bewundert hatte.
Sein Datenspeicher wuchs, und er paßte mich an, um meine Symbolaufnahme zu erweitern und zu vertiefen.
»Verstehst du, Joe«, sagte er »je mehr du von mir aufnimmst, desto genauer passe ich dich an mich an. Du denkst immer mehr wie ich, und so verstehst du mich besser. Falls du mich gut genug verstehst, dann wird jede Frau, deren Datenbank du ebenso gut verstehst, meine wahre Liebe sein.« Er fuhr fort, mit mir zu sprechen, und ich verstand ihn immer besser.
Ich konnte längere Sätze formulieren, und mein Wortschatz wurde immer komplexer. Meine Ausdrucksweise klang seiner in Vokabular, Wortanwendung und Stil immer ähnlicher.
Einmal sagte ich zu ihm: »Siehst du, Milton, es kommt nicht nur darauf an, ein Mädchen zu finden, das einem körperlichen Idealbild entspricht. Du brauchst ein Mädchen, das persönlich, emotional und vom Temperament her zu dir paßt. Falls das gelingt, ist das Aussehen zweitrangig. Und wenn wir die passende nicht unter den 227 finden, suchen wir woanders. Wir werden jemand finden, dem es gleichgültig ist, wie du aussiehst oder wie irgendein Mensch aussieht, wenn nur die Persönlichkeit zueinander passen. Was bedeutet schon das Aussehen?«
»Genau«, sagte er. »Ich hätte das auch gewußt, falls ich in meinem Leben mehr mit Frauen zu tun gehabt hätte. Wenn man darüber nachdenkt, wird natürlich alles klar.«
Wir stimmten stets überein; wir dachten sehr ähnlich.
»Wir sollten jetzt keine Schwierigkeiten mehr haben, Milton, wenn du mich Fragen stellen läßt. Ich sehe jetzt, wo in deinem Datenspeicher die Lücken und Unstimmigkeiten sind.«
Was nun folgte, war, wie Milton sagte, das Äquivalent zu einer gründlichen Psychoanalyse. Natürlich. Ich lernte aus der psychiatrischen Untersuchung der 227 Frauen – die ich alle genau überwachte. Milton schien recht glücklich zu sein.
»Mit dir zu reden, ist beinahe so, als spräche man mit einem zweiten Ich. Unsere Persönlichkeiten stimmen jetzt fast perfekt überein.«
»So wird es bei der Persönlichkeit der Frau, die wir aussuchen, auch sein.«
Denn ich hatte sie gefunden, und sie war doch eine von den 227. Sie hieß Charity Jones und war Auswerterin an der Geschichtsbibliothek in Wichita. Ihr erweiterter Datenspeicher entsprach perfekt dem unseren. Alle anderen Frauen waren aus dem einen oder anderen Grund ausgeschieden, während der Datenspeicher sich füllte, aber mit Charity bestand eine zunehmende und erstaunliche Resonanz. Ich brauchte sie Milton nicht zu beschreiben. Milton hatte meinen Symbolismus so eng mit seinem koordiniert, daß ich die Resonanz direkt feststellen konnte. Es war meine eigene.
Das nächste war, die Arbeitslisten und Einstellungsvoraussetzungen so anzupassen, daß Charity uns zugeteilt wurde. Das mußte sehr vorsichtig bewerkstelligt werden, damit niemand bemerkte, daß sich etwas Ungesetzliches ereignet hatte.
Milton selbst wußte natürlich davon. Schließlich war er derjenige gewesen, der das Ganze veranlaßt hatte, und das hieß, daß zwei Dinge erledigt werden mußten. Als sie kamen, um ihn wegen strafbarer Handlungen am Arbeitsplatz festzunehmen, geschah das zum Glück einer Sache wegen, die zehn Jahre zurücklag. Er hatte mir
Weitere Kostenlose Bücher