Alle Singen Im Chor
Sie uns nichts, für die Ermittlungen in einem Mordfall ist alles wichtig.» Das Wort Mordfall löste eine neue Tränenflut aus, und ich verfluchte meine Dummheit.
«Tuulia Rajala … und eine Frau Wahlgren.»
«Wahlroos? Piia Wahlroos?»
«Ja, richtig, Wahlroos war es. Und dann bekam er ziemlich oft Anrufe von einer Tiina, und auch von anderen Frauen, die wohl nichts mit geschäftlichen Dingen zu tun hatten.»
«Haben Sie vielleicht die Telefonnummer von dieser Tiina?», fragte ich und dachte an die Nachricht auf Jukkas Anrufbeantworter.
«Ich glaube nicht. Es ist doch ganz verständlich, dass die Mädchen hinter Jukka hertelefoniert haben, so ein hübscher junger Mann …»
Soweit Frau Laakkonen wusste, hatte sich Jukka außerhalb der Arbeitszeit mit keinem seiner Kollegen häufiger getroffen. Koivu und ich trennten uns und befragten noch einige andere Kollegen und die Telefonistin. Diejenigen, mit denen ich sprach, waren niedergeschlagen, Jukkas Tod war für alle ein Schock gewesen, aber etwas Wesentliches erfuhr ich von ihnen nicht.
Koivu dagegen stieß auf einen gesprächigen Betriebswirt namens Jantunen:
«Der hat allerhand Andeutungen gemacht. Peltonen und Mäki hätten ein Verhältnis, und Peltonen wäre wegen den Weibern so oft in Estland gewesen.»
«Die Mäki und Jukka? Wow!» Na klar, darauf hätte ich sofort kommen müssen, schließlich war sie eine Frau. Ob er in Tallinn eine Geliebte gehabt hatte?
Per Haustelefon rief ich Jantunen an, aber mir gegenüber war er auf einmal verschlossen. Offensichtlich fiel das Gequassel mit Koivu in die Kategorie Männergespräch. Oder er hatte nachträglich Skrupel, weil er Gerüchte über seine Chefin in Umlauf gebracht hatte.
Schließlich ließen wir uns noch einmal bei der Abteilungsleiterin melden. Marja Mäki hatte sich inzwischen beruhigt. Sie hatte die verschmierte Wimperntusche abgewischt und ihre Lippen nachgezogen. Die Farbe ihres Lippenstifts hatte verdächtige Ähnlichkeit mit den Spuren an dem Schnapsglas in Jukkas Schrank. War etwas dran an Jantunens Geschichten, hatte Jukka auch mit seiner Chefin ein Verhältnis gehabt?
«Sie haben doch eng zusammengearbeitet. Können Sie uns etwas über Peltonens Privatleben sagen?»
«Er hatte dieses Hobby, den Chor. War er nicht gerade an dem Wochenende auf einer Probe, als er … als ihn jemand … Soweit ich weiß, war er ziemlich oft mit Leuten aus dem Chor zusammen.»
Das IOL-Ensemble hatte für das Sommerfest von Jukkas Firma geprobt, vielleicht hatte Marja Mäki davon gewusst und voller Eifersucht nachsehen wollen, mit wem Jukka das Wochenende verbrachte?
«Wo waren Sie in der Nacht von Samstag auf Sonntag?»
Sie starrte mich an, und ich sah, wie ihr die Angst in ihre Augen stieg und sich dann über das ganze Gesicht ausbreitete.
«Wie meinen Sie das? Ich war in Paris.»
«Allein? Mit Ihrem Mann?»
«Mit meiner älteren Tochter. Mein Mann war zu Hause … in Vuosaari.» Sie brach wieder in Tränen aus. Trotzdem bombardierte ich sie weiter mit meinen Fragen und bekam eindeutige Antworten.
Mäki und Peltonen hatten ein Verhältnis gehabt. Sie hatten ihre Überstunden auf dem Sofa in Jukkas Büro fortgesetzt und auf Dienstreisen die Nächte im gemeinsamen Hotelzimmer verbracht.
«Sie müssen nicht denken, dass wir ineinander verliebt waren», schniefte Frau Mäki. «Es war eher eine Art Unterstützungsabkommen. Wir haben uns gut verstanden.»
Unterstützungsabkommen … Tuulia hatte den gleichen Ausdruck verwendet.
«Ein Abkommen in welchem Sinn? Haben Sie Jukka Geld gegeben?»
Marja Mäki wurde rot vor Wut.
«Hören Sie mir mal zu, junge Frau», zischte sie. «Ich mag in Ihren Augen eine alte Schachtel sein, aber ich habe es noch lange nicht nötig, mir einen Gigolo zu halten. Jukka wollte Sex und ich auch. Keiner hat dafür beim anderen kassiert.»
Sie war überzeugt gewesen, dass ihr Mann nichts von der Geschichte wusste. Kurz vor ihrer Rückkehr aus Paris am Montagmorgen war ein Anruf von ihrer Firma gekommen, und ihr Mann erwartete sie mit der schrecklichen Nachricht.
«Er hat als Erstes gesagt, dein Gigolo ist tot. Und die Kinder standen dabei!»
Offensichtlich hatte Martti Mäki schon seit längerem von der Affäre gewusst und Marja befürchtete, ihr Mann könne Jukka umgebracht haben. Er hatte ihr gegenüber behauptet, er wäre die ganze Nacht allein im Haus gewesen. Die jüngere Tochter hatte das Wochenende auf einer Reiterfreizeit verbracht.
«Sie werden verstehen, dass ich
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