Alle Singen Im Chor
Ihren Mann vernehmen muss. Wo kann ich ihn erreichen?»
«Das wird schwierig sein … Er ist gestern Abend für eine Woche zum Golfspielen in die Algarve geflogen.»
Ich war mehr als durcheinander, als wir uns auf den Rückweg nach Pasila machten. Koivu pfiff nachdenklich vor sich hin.
«Das war vielleicht ein Kerl», sagte er schließlich. «Wir haben noch keine einzige Frau getroffen, die er in Ruhe gelassen hat. Außer vielleicht die Sekretärin.»
«Die hat er garantiert auch becirct. So ein Mist, dass dieser Martti Mäki sich abgesetzt hat! Wenn er der Mörder ist, kommt er bestimmt nicht zurück. Aber woher soll er gewusst haben, dass Jukka in Vuosaari ist? Mit so wackligen Beweisen krieg ich nie und nimmer einen internationalen Haftbefehl. Koivu, ich hab Hunger. Gehen wir ins ‹Aurinkotuuli›? Vielleicht bringt vegetarisches Essen das Gehirn in Schwung.»
Am meisten wunderte mich, wie bereitwillig Marja Mäki über ihr Verhältnis mit Jukka und ihren Verdacht gegen ihren Mann gesprochen hatte. Trotz ihrer Trauer schien sie ein Mensch zu sein, der immer die Kontrolle behält. Hoffte sie insgeheim, dass ihr Mann Jukka ermordet hatte? Oder wollte sie etwas anderes? Ich hatte das Gefühl, als würde der tote Jukka als Spielfigur in einem Eheschach eingesetzt, mit dem ich nichts zu tun haben wollte.
Einen Großteil des restlichen Tages verwendete ich darauf, Jukkas Papiere durchzusehen. Er hatte seinen dienstlichen und seinen privaten Kalender streng auseinander gehalten, im dienstlichen Kalender standen nur Vermerke über berufliche Dinge, Verhandlungen, Telefonate, Ankunftszeiten von Flugzeugen. In letzter Zeit waren mehrere Beratungen mit der Consultingfirma Mattinen eingetragen, bei denen es offenbar um das Projekt in Estland ging. Die Firma stand nicht im Telefonbuch, also würde ich mich bei Marja Mäki erkundigen müssen.
In den Privatkalendern stand Privates. Proben und Auftritte des Chors, Rendezvous mit Mädchen, Verabredungen zum Squash. Der Name Tiina tauchte gelegentlich auf, kam aber nicht häufiger vor als andere Frauennamen. Mehrmals eingetragen waren unter anderem Helvi und Merike. Hatte sich Jukka auch anderen wohlhabenden Frauen als Callboy angeboten? Hatte er deshalb in den Nachtklubs gesessen? In seinem Kalender wimmelte es von seltsamen Abkürzungen wie T. 22.00 W. Ich überlegte, ob T. Tuulia war, ob W. Wohnung bedeutete und was sich zwischen Tuulia und Jukka eigentlich abgespielt hatte.
Es wunderte mich, dass ich unter Jukkas Sachen kein Adressbuch gefunden hatte, weder in der Tasche im Sommerhaus, in der der Kalender gelegen hatte, noch in Jukkas Wohnung. Auch neben dem Telefon und an Jukkas Arbeitsplatz hatte ich vergeblich danach gesucht. Hatte er etwa die Telefonnummern aller seiner Frauen auswendig gewusst? War womöglich eine dieser Frauen in der Mordnacht in der Villa aufgekreuzt und hatte Jukka aus Eifersucht getötet? Aber was hätte Jukka veranlassen sollen, sich am Steg mit ihr zu treffen? War die Frau vielleicht im Boot gekommen? Ich spürte, wie sich der Kopfschmerz in meinem Schädel ausbreitete. Die letzte halbe Stunde hatte ich sehr intensiv mit den Schultern gedacht.
Eine Runde Joggen wirkte besser gegen Kopfschmerzen als Aspirin. Ich war gerade dabei, meine Sporthose noch einmal aus dem Wäschekorb zu fischen, als es klingelte. Wahrscheinlich Zeugen Jehovas oder ein Fernsehgebührenkontrolleur. Ich linste durch den Türspion wie eine misstrauische Oma und sah zu meiner Freude Tuulias Gesicht vor mir.
«’n Abend, Frau Meisterdetektivin. Ich war gerade bei einer Cousine hier in der Nähe und dachte, ich schau gleich mal bei dir vorbei. Was gibt’s Neues im Mordfall?»
«Komm rein», sagte ich. Ich freute mich so über ihren Besuch, dass es mir egal war, ob die Geschichte mit der Cousine stimmte. Und das Joggen war eigentlich auch nicht so wichtig.
«Jyri hat am Montag herumschwadroniert, du hättest ihn beinahe verhaftet. Steht er auf Platz eins deiner Rankingliste?», fragte Tuulia, während sie ihre Jeansjacke an die Garderobe hängte.
«Nee, das nicht. Ich hatte nur ein paar Fragen mit ihm zu klären. Meine Rankingliste ist im Moment ziemlich in Bewegung, aber darüber darf ich eigentlich gar nicht mit dir sprechen. Übrigens hab ich auch andere vernommen, hat die Buschtrommel das noch nicht weitergetragen?»
«Doch, doch, Antti und Mirja sind ja auch zum Spiel gekommen. Wir waren hinterher noch bei der Landsmannschaft und haben die Lieder für die
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