Alle Singen Im Chor
wieder bei dir rein, dann reden wir über heute Abend», rief er mit rotem Gesicht und verschwand.
War Koivu für den Einsatz im Hesperia vielleicht doch nicht der richtige Mann? Am Ende ließ er sich noch von einer erfahrenen Professionellen ausnehmen. Während ich mich noch über meine mütterliche Besorgnis wunderte, klingelte das Telefon, und auch ich wurde nach Malmi beordert.
Sieben
Wenn es stillesteht, so nahet Todesstunde
Am Mittwochmorgen sorgte ein heftiger Nordwind dafür, dass man sich mitten im August wie im Oktober fühlte. Ich wäre am liebsten im Bett geblieben. Der vorige Abend in Malmi war völlig chaotisch verlaufen. Zwei Zigeunersippen hatten ihre Differenzen mit Messern ausgetragen und dabei einen Toten und drei Verletzte produziert. Koivu und ich waren zwischen Malmi und der Klinik in Meilahti hin- und hergegondelt und hatten versucht herauszufinden, wer nun auf wen eingestochen hatte.
Nach neun hatte ich den völlig erschöpften Koivu nach Hause geschickt. Seinen Ausflug in den Nachtklub sollte er erst unternehmen, nachdem wir uns an Jukkas Arbeitsplatz umgehört hatten. Vielleicht hatte er ja im Auftrag der Firma Kunden ins Nachtlokal begleitet. Aber hätte er dann mit seiner persönlichen Kreditkarte bezahlt?
Als ich an diesem Morgen endlich hinter meinem Schreibtisch saß, erstattete ich dem Chef telefonisch Bericht über die Ereignisse in Malmi. Nach zehn machte ich mich mit Koivu auf den Weg nach Niittykumpu. Ich hatte mich sorgfältiger geschminkt als sonst und trug zum Dienstrock eine saubere und nicht zu enge Bluse. Am Abend hatte ich heldenmütig Wäsche gewaschen, obwohl ich mich lieber mit Lord Peter Wimsey ins Bett verzogen hätte. Ach, wenn ich doch auch einen Bunter hätte, der sich um meine Kleidung kümmerte!
Koivu fuhr einen klapprigen Einsatzwagen, aus dessen Funkgerät bruchstückhafte Meldungen drangen. Wir sprachen über den Vorfall in Malmi. In unserem Beruf fühlte man sich mitunter regelrecht schizophren, man hatte viel zu viele Fälle gleichzeitig zu bearbeiten und konnte sich nie gründlich mit einer Sache befassen.
Ich hatte das Gespräch mit Jukkas Abteilungsleiter über die Sekretärin vereinbart. Sie hatte die ganze Zeit von Diplomingenieur Marjamäki gesprochen, und mit meinem feministischen Bewusstsein war es offenbar nicht weit her, denn ich war automatisch davon ausgegangen, dass es sich beim Leiter der Abteilung Internationale Projekte eines großen Konzerns der Bergwerks- und Metallbranche um einen Mann handelte. Darum war ich überrascht, als sich hinter dem Schreibtisch eine Sie erhob und uns begrüßte: Diplomingenieurin Marja Mäki.
«Kriminalhauptmeister Kallio und Kriminalmeister Koivu vom Gewaltdezernat der Kriminalpolizei Helsinki, guten Tag», sagte ich in möglichst offiziellem Ton.
Dipl.-Ing. Mäki war eine effiziente Karrierefrau von der Art, wie man sie in Frauenzeitschriften findet: schlank, in gut geschnittenem schwarzem Kostüm, grauer Seidenbluse, eleganten flachen Pumps. Ein dezentes Make-up und auf die Kleidung abgestimmter Schmuck vervollständigten den Gesamteindruck. Ihre Stimme war kultiviert und tief, fast maskulin. Ich hatte plötzlich das Gefühl, meine Bluse doch nicht ordentlich genug gebügelt zu haben, das Schuheputzen hatte ich sowieso vergessen.
Sie bat ihre Sekretärin, uns Kaffee zu bringen, trank selbst Kräutertee und rührte das knusprige Plundergebäck, das die Sekretärin uns hingestellt hatte, nicht an. Ich schaffte es, den größten Teil meines Kopenhageners auf meinen Rock zu krümeln.
«Diplomingenieur Peltonen war ein angenehmer Mitarbeiter, der sein Fach hervorragend beherrschte», begann Marja Mäki. «Er war bereits seit vier Jahren bei uns beschäftigt. Er hat seine Diplomarbeit in unserem Auftrag geschrieben, und wir waren so zufrieden, dass wir ihm eine feste Anstellung offeriert haben.
Er verfügte ja über außergewöhnliche Sprachkenntnisse, er sprach außer Englisch auch Französisch, Russisch, Estnisch und Deutsch.»
«Mit wem hat er hauptsächlich zusammengearbeitet?»
«Er war vornehmlich für die Kontakte zu unseren ausländischen Partnern zuständig, eine sehr selbständige Tätigkeit. Ich war natürlich seine direkte Vorgesetzte, und er hatte eine gemeinsame Sekretärin mit Diplomökonom Roivas. In letzter Zeit war Peltonen vorwiegend mit einem finnisch-estnischen Kooperationsprojekt beschäftigt. Wir versuchen, eine umweltfreundlichere Technologie für
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