Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
runter auf den Boden und schrie wie am Spieß.
Und schon hatte ich wieder Hausarrest, weil Wiebke sich bei ihrem Sturz den Arm gebrochen hatte.
Wiebkes weher Arm mußte regelmäßig im Krankenhaus in Vallendar geröntgt und massiert werden, und der arme Arsch, der sie begleiten mußte, runter und wieder rauf, war natürlich ich.
Erhard Schmitz kannte die Autogrammadresse von dem Turner Eberhard Gienger, und ich schickte ihm ein Gedicht: Von dort, von der Turnhalle komm ich her. Ich muß euch sagen, es freut mich sehr! Allüberall auf den Siegerpodesten sah ich Eberhard Gienger nesten.
Am ersten Advent nahm Renate Volker und mich nach Koblenz mit, zum Konzert von Reinhard Mey in der Rhein-Mosel-Halle. Die Eintrittskarten hatte Mama gestiftet.
»Und was sagt man dann?«
»Danke.«
Es war rappeldicke voll. Wir kriegten nur noch in der letzten Reihe links drei Plätze. Um was zu sehen, mußte man sich oben auf die Sessellehne setzen, aber wenn man das tat, wurde man von den Saalordnern angegiftet.
Papas Fernglas hätten wir jetzt haben müssen.
Die heiße Schlacht am kalten Büfett und Annabelle, ach Annabelle. Seit ich auf ihrem Bettvorleger schlief, da bin ich ungeheuer progressiv, ich übe den Fortschritt, und das nicht faul, nehme zwei Schritte auf einmal und fall aufs Maul.
Ein leuchtend oranges Hemd hatte Reinhard Mey an. Von Wand zu Wand sind es vier Schritte, von Tür zu Fenster sechseinhalb.
Irre, daß der alle Lieder auswendig konnte und sich nie verhaspelte, auch auf der Gitarre nicht.
Was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette und ein letztes Glas im Stehn. Das kam als Zugabe.
Ich wollte mir ein Autogramm holen, aber wo? Ob Reinhard Mey irgendwann rauskam zum Autogrammegeben? Ewig konnten wir auch nicht warten, weil wir zum Bus mußten.
Auf der Rückfahrt las Renate im Nibelungenlied. Das hatte sie für Deutsch auf. Nu was er in der sterke daz er wol wâfen truoc. Swes er dar zuo bedorfte, des lag an im genuoc. Totaler Pillefax sei das, sagte Renate.
Zwei Männer vom Kirchenchor gehen zum Weihnachtsliederabend. Fragt der eine den andern: Wer ist eigentlich dieser Owie? Fragt der andere: Welcher Owie? Sagt der erste: Na, der in Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, o wie lacht.
Diesen Witz gab der Schlaumeier zum besten.
Als im Fernsehen Musikladen kam und der Sänger von der einen Gruppe einen Hut mit Spiegeln dran aufhatte, ging Papa raus. Bei solcher Hottentottenmusik komme ihm die Galle hoch. Er habe auch noch was zu sägen in der Garage, und so entging ihm der Auftritt von Insterburg & Co., bei dem Karl Dall ein Lied geschenkt kriegen sollte von den drei anderen, Ingo Insterburg, Peter Ehlebracht und Jürgen Barz, die dann auch gleich was spielten. »Ist das schon mein Lied?« fragte Karl Dall, und Ingo Insterburg sagte: »Nee, wir haben erstmal nur das Packpapier abgemacht.«
Sind Tannennadeln trocken, falln sie vom Baum herab. O Mädchen, laßt euch locken, auch eure Zeit ist knapp!
Ingo Insterburg sang noch ein Lied über die Kaulquappen im Ententeich, die ihre Kiemen abgeben: Und dann verlieren sie ihr Schwänzelein, ich möchte nie eine Kaulquappe sein!
Wie Renate dabei ungerührt Mützen häkeln konnte, ging mir über den Verstand.
Frau Niedergesäß wollte einen weihnachtlichen Geschenkebasar veranstalten. Jeder sollte ein Geschenk mitbringen, die Geschenke sollten Nummern kriegen, und dann würde jeder auf gut Glück eine Nummer ziehen und ein Geschenk bekommen.
Mama gab mir für den Basar eine Packung Lebkuchenherzen mit. Mir kam das recht dürftig vor, aber Mama sagte, sie sei nicht Graf Koks. »Wenn deine Lehrerin darüber quakt, kannst du der von mir bestellen, daß Vater Staat das Kindergeld erhöhen soll, bevor ich mich für deine lieben Mitschüler in Unkosten stürze.«
Kindergeld, das hörte sich so an, als ob das eigentlich meins gewesen wäre.
Das Losglück bescherte mir einen Kompaß. Der konnte mir im Wambachtal von Nutzen sein, wenn Michael Gerlach und ich uns da mal verirren sollten.
Meine Lebkuchenherzen waren bei Jesu Christi gelandet. »Der Sausack, von dem die stammen, soll mir mal im Mondschein begegnen«, sagte er zu Erhard Schmitz, und der pflichtete ihm bei. Klassenkeile sei das mindeste, wenn sie den Pfennigfuchser beim Schlafittchen kriegten.
Für mich war ein Brief eingetroffen, von Eberhard Gienger, mit einer Autogrammkarte: Gienger am Barren. Hintendrauf stand: Und herzlichen Dank für das reizende Gedicht!
Ich war
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