Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Mittags mußte man im Schatten liegen, wenn man sich keinen Sonnenbrand holen wollte oder einen Hitzschlag oder einen Sonnenstich.
Am Strand waren gute Kletterfelsen. Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen, Bergvagabunden sind wir, ja wir! Bald würde ich mich hier auskennen wie in meiner eigenen Westentasche.
Abends holte Mama gegrillte Hähnchen. Fast geschenkt und superknusprig, aber mit vielzuviel Pfeffer und Salz, praktisch ungenießbar. Davon qualmte einem der Schlund.
Aus einer Zehnliterflasche mit Korbgeflecht becherten Mama und Papa Rotwein, bis Papa sagte, er sei voll bis zur Halskrause.
Der Bungalow hatte Schönheitsfehler. Oft fiel der Strom aus, und durch den Badewannengully quoll Kacke in die Wanne, so daß wir uns lieber mit dem Gartenschlauch auf der Terrasse duschten.
Renate mußte zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt, auf spanisch Otorinilaringoloco. Keine Sonne, kein Sand, kein Salzwasser, riet der Arzt und verschrieb Renate Penicillinkapseln, aber davon kriegte sie rote Quaddeln auf der Haut, weil sie dagegen allergisch war.
Die meiste Zeit verbrachte sie im Bett, und bei Besuchen in ihrem Zimmer mußte man sich bedächtig bewegen, um die Mücken nicht aufzuscheuchen. Sechzehn saßen allein am Lampenschirm.
Die Mücken waren eine große Plage. Um einmal Ruhe zu haben vor denen, kaufte ich mir von meinem Taschengeld eine Dose Mückenspray, machte in Wiebkes und meinem Zimmer das Fenster zu, hielt die Luft an und sprühte nach und nach die ganze Dose leer, und in der Nacht danach war Ruhe im Karton.
Papa knackte Kürbiskerne für die Ameisen, die zwischen dem Garten und einer Verkehrsinsel eine Transportstraße unterhielten. Wo sie verlief, konnte man gut sehen, weil Papa den Ameisen Wattebäusche aufgeladen hatte. Die wurden von den Ameisen bereitwillig von A nach B verfrachtet.
Im Garten wuchsen Korkeichen, Ginster und Pinien. Papa fand auch eine Stabheuschrecke, die vom Geäst, in dem sie sich versteckte, kaum zu unterscheiden war.
Mimikry.
An einem Abend saßen Zigeuner auf der Straße vorm Haus und spielten Gitarre, aber dann kam bald die Polizei und machte dem Spuk ein Ende.
Wenn es nichts anderes zu tun gab, sammelten wir Wörter für das Camel-Filters-Preisausschreiben. Dafür sollte man möglichst viele Wörter aus den Buchstaben C, A, M, E, L, F, I, L, T, E, R und S bilden. Das war leicht. Alm, Amen, Amt, Eile, Elfe, Falter, Film, Leiter, Liter, Mai, Meer, Miete, Reif, Reife, Relief, Samen, Samt, Seife, Talmi, Tee und Trill und was uns sonst noch so einfiel. Papa schlug Stremel vor, aber Mama sagte, das würden die notariellen Aufsichtsheinis nicht akzeptieren. Mit Wörtern, die nicht im Duden stünden, würden wir keinen Blumentopf gewinnen.
Todlangweilig war es im Botanischen Garten. Um Wiebke zu beschäftigen, schlug Mama ihr vor, die Namen der Gewächse von den Schildern abzuschreiben. Dafür nestelte Mama einen Schmierzettel und einen Kuli aus der Handtasche.
Mispeln, Akazien, Feigenkaktus, Papyrus, Passionsblume, Luftnelke, Wasserhyazinthe und Bitterorangenstrauch. Nicht zu vergessen die Bäume: Ölbaum, Eukalyptus, Mandelbäumchen, Granatapfelbaum, Lorbeerbaum, Pfefferbaum, Zitronenbaum, Fächerpalme und Säulenzypresse. Bis Wiebke das alles notiert hatte, waren Jahrmillionen vergangen.
Auf einer Tafel stand ein Gedicht von Goethe. Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?
Papa stiftete jedem von uns ein Eis, das in der Hitze schneller schmolz, als man schlecken konnte, und mir klatschte eine halbe Kugel auf die Erde runter.
Renate zuliebe, die mit ihrer Mandelentzündung nicht ins Wasser durfte, wurde ein Schlauchboot gekauft, damit sie darin herumschippern konnte und auf diese Weise auch was vom Mittelmeer hatte.
Mangels geeigneter Luftpumpen mußten wir das Schlauchboot mit dem Mund aufpusten, wobei einem der Schweiß nur so runterlief. Wiebke machte es falsch, die saugte die durchs Ventil geblasene Luft immer wieder ein.
»Selig sind die geistig Armen«, sagte Volker.
Papa knotete das Schlauchboot mit einem Seil auf dem Dachgepackträger fest, und zwar so, daß an den Seitenfenstern lose Seilenden runterhingen, die beim Fahren festgehalten werden mußten.
Zum Boot gehörten zwei Paddel mit weißen Ruderblättern. Damit paddelte Papa testhalber alleine raus aufs Meer. Als er wieder an Land wollte, ging er mit dem Boot in der Brandung koppheister.
Es war auch mit Luftmatratze schwer, aus dem Wasser zu kommen. Da wurde man von den Brechern durch die Mangel gedreht,
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