Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Gartenende rüber und sagte, gleich würden die Schweine aus dem Stall gelaufen kommen, um mich aufzufressen, und ich fing an zu schreien und am Zaun zu rütteln, bis Gustav mich wieder rüberhob.
Das mit den Schweinen hatte er mir nur vorgelogen.
Beim Tag der offenen Tür auf dem Fliegerhorst in Upjever konnte man Starfighter und Düsenjäger fliegen sehen, und man mußte sich die Ohren zuhalten, weil einem sonst das Trommelfell platzte, das innen im Ohr war.
Danach wollte Volker Fallschirmspringer werden.
Zurück mußten wir zu Fuß gehen, weil Papa mit dem Käfer auf dem Fliegerhorst im Stau steckengeblieben war, und als wir in der Mühlenstraße ankamen, fühlte Oma sich ganz bregenklöterig, was ein anderes Wort für schwindelig war.
In Lützel steckte Papa Stöpsel in die Steckdosen, damit Wiebke da nicht reinfassen konnte.
Mittags schmiß sie immer ihren Löffel runter oder haute mit der Hand in ihren Brei rein.
»Du du!« sagte Mama dann, aber das nützte nicht viel.
Oma Schlosser war ein Hagelkorn aus dem Auge operiert worden, deswegen mußte sie noch warten mit dem Pulloverstrikken. Das stand in einem Brief, den sie mir zum Geburtstag geschickt hatte. An Herrn Martin Schlosser, Straßburger Straße 5, 5400 Koblenz-Lützel.
Am frohesten war ich über den großen Schokoladenmarienkäfer und das Geld, für das ich mir Indianer kaufen konnte, welche mit Flitzebogen und welche mit Gewehr.
Im Kinderzimmer spielten wir Memory. Da gewann immer Renate, weil die sich von den Karten auch die blöden merkte, die mit dem Gemüse, die mit Karos und die mit der Frau, die so doof kuckte. Ich merkte mir immer nur Barbar, Petunia, den Ball, die Sonne und den Löwen.
Gemein war, daß es zwei verschiedene Schiffe gab und zwei verschiedene Kerzen. Und daß die eine gelbe Memorykarte nur fast so ähnlich aussah wie die andere gelbe.
»Bei dir piept’s wohl im Oberstübchen«, sagte Renate, wenn ich mir ein Pärchen holen wollte, das nicht zusammenpaßte.
Ganz am Ende konnte man aufholen, wenn man keinen Fehler machte beim Umdrehen. Tanne, Schwalbe, Hase, Fuchs und Zitrone.
Jetzt sei es bald soweit, sagte Mama, wir würden umziehen, auf die andere Rheinseite, in ein Reihenhaus auf der Horchheimer Höhe, mit viel mehr Platz und mit Garten und herrlicher Aussicht und einem Wald in der Nähe. Gute Luft, kein Durchgangsverkehr mehr und keine Frau Quasdorf, die im Treppenhaus steht und dummes Zeug redet. Volker und ich würden ein Zimmer zusammen kriegen, Renate ein anderes und Papa eine Werkstatt im Keller. Endlich raus aus dem schedderigen Lützel. Wie wir das fänden.
Am Fernsehprogramm würde sich nichts ändern. Schlager für Schlappohren könnten wir auch auf der Horchheimer Höhe kucken.
Vor dem Umzug wurde ich wieder nach Düsseldorf gebracht zu Tante Dorothea und Onkel Jürgen und meinen Vettern, die ihre Fahrräder nachts auf dem Bürgersteig liegenlassen durften oder sogar mitten auf der Straße.
Vorm Einschlafen wollte ich von Tante Dorothea immer das Lied von dem Mond und dem Wald vorgesungen kriegen. So legt euch denn, ihr Brüder, und ist doch rund und schön, so traulich und so hold, der weiße Nebel wunderbar!
Beim Singen schob sich Tante Dorothea die nach vorn gerutschte Brille mit dem Ringfinger auf die Nase zurück.
Bei Papas Geschwistern war die Reihenfolge so, daß erst Tante Gertrud kam, dann Papa, dann Onkel Rudi, dann Tante Dorothea, dann Onkel Walter und dann Onkel Dietrich. Mama hatte nur Schwestern, die alle jünger waren: Tante Therese, Tante Gisela, Tante Luise und Tante Dagmar.
Auf der Horchheimer Höhe stellte Papa Blumenkästen auf die Terrasse, und Mama pflanzte Stiefmütterchen rein. Im Laufstall saß Wiebke und krähte. Ich lief barfuß durch den Garten auf die Straße, aber die war so heiß, daß ich mir lieber meine Sandalen holte.
Volker fuhr Rollschuh auf der Straße neben dem Haus und Renate Fahrrad. Bergauf hielt Volker sich am Gepäckträger fest und ließ sich ziehen. Ich wollte auch mal, aber dafür mußten die Rollschuhe verstellt werden. Nach langer Suche fand Papa den Rollschuhschlüssel in einer der Umzugskisten, die im Keller standen, wo die Möbelpacker sie hingepfeffert hatten.
Als Volker die Rollschuhe hergegeben und Papa sie kleiner gestellt hatte, rollte ich los, fiel um und schrammte mir die Knie auf.
Mama schnitt zwei Pflaster für mich ab.
Mit Volker lief ich in das Wäldchen vorm Haus. Gleich vorne stand ein guter Kletterbaum. Es gab Trampelpfade und
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