Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Hauptgewinner der Deutschen Fernsehlotterie, mit Hellmut Lange, Reinhard Mey, Udo Jürgens und Cindy & Bert. Um Mama versöhnlich zu stimmen, kochte ich Tee in der Küche und brachte die Kanne dann auf dem Tablett ins Wohnzimmer, aber Mama sagte, der Tee sei viel zu dünn. Das sei bestenfalls Engelspipi.
Hauptsache, ich durfte wieder Fernsehen kucken.
Bert von Cindy & Bert konnte man irgendwie nicht ernstnehmen, der hatte so einen dümmlichen Gesichtsausdruck.
Der Vogel richtete zwei Weihnachtsfeiern aus, eine für die Kleinen und eine für die Großen. Ich gehörte noch zu den Kleinen, weil ich eben erst beim Baßschlüssel angelangt war. Im Partykeller turnten da die Kinder mit Gekreisch über die Sitzpolster, und es gab Rhabarbersaft. Das war auch nicht gerade der wahre Jakob.
Renate hatte sich in der Schule beim Basketball einen Bänderriß zugezogen. Im Knie habe es laut geknackst, sagte Renate. Der Arzt stellte fest, daß sich ein Knorpelsplitter gelöst hatte, und Renate kriegte ein Gipsbein, auf das alle was draufschreiben mußten. Hals- und Beinbruch, Petri Heil und so weiter.
Ein Autogramma von Deiner Mamma.
Für Oma und Opa Jever bemalte ich einen Holzteller. Volker bastelte für Onkel Walter einen Pfeifenständer, der drei Pfeifen und einem Stopfer Platz bot.
Maria durch ein Dornwald ging. Das übte Renate auf dem Klavier. Durch ein Dornwald, das mußte doch wehtun. An Marias Stelle wär ich außen rumgegangen um den Dornwald.
Ich half Mama beim Einkaufen. Auf dem neuen Sterntitelbild war ein vergoldeter nackter Mann zu bewundern, der auf einem Globus saß, und als wir auf dem Rückweg Frau Mittendorf begegneten und die den Stern mit dem nackten Mann obenauf in Mamas Einkaufskorb liegen sah, fingen Frau Mittendorf und Mama zu lachen an. Man könne sich das ja nicht aussuchen, sagte Mama, und Frau Mittendorf sagte, ihr sei der Stern generell zu weit links, bei aller Liebe.
Und wenn die fünfte Kerze brennt, dann hast du Weihnachten verpennt.
Dann kam Oma Schlosser zu Besuch. Schlohweißes Haar mit Dutt und immer in schwarzen Strumpfhosen.
Oma Schlosser sagte Plümoh statt Bettdecke, nahm Assugrin statt Zucker und ging schon um acht Uhr abends schlafen. Dann mußten wir still sein. Morgens geisterte sie in aller Herrgottsfrühe durchs Haus und mühte sich mit dem Hochziehen der schweren Rolläden ab.
Oft wollte sie beim Nähen und Stopfen und Flicken helfen, und Mama mußte ihr die entsprechenden Gerätschaften reichen, passendes Garn suchen und einen Stuhl ans Fenster stellen oder die Nähmaschine auf den Eßtisch, und wir wurden vom Fernseher vertrieben, weil Oma sich bei dem Krach nicht auf die Handarbeit konzentrieren konnte. Mitten in der schönsten Fernsehzeit unterwies Oma dann auch Renate in der Bedienung der mitgebrachten Strickmaschine. Das war ein irrer Klapperatismus, der den halben Eßtisch einnahm.
Danach sollte Renate mit einem Instrument, das sich Storchenschnabel nannte, die einzelnen Bestandteile eines Würfelspiels auf Pappe übertragen, bepinseln, lackieren und ausschneiden. Adlerschießen hieß das Spiel. Wenn man einen Pasch würfelte oder eine andere gute Kombination, konnte man dem Pappadler das entsprechend markierte Körperteil abrupfen und die darauf deponierten Süßigkeiten einstreichen.
Deutschlandreise war nicht halb so gut. Da mußte man immer erst Flensburg oder Ulm oder Goslar finden, und Oma schwärzte uns bei Papa an: »Deine Kinder wissen ja nicht mal, wo Schleswig-Holstein ist, die suchen das irgendwo hier unten!«
Im Hobbyraum ließ Oma sich von mir auf dem Klavier was vorspielen. Lodern zum Himmel hatte ich mir ausgesucht, und ich haute in die Tasten, aber Oma verzog keine Miene. Sie setzte sich dann selber hin und spielte aus dem Kopf und ohne Noten irgendwas von Carl Philipp Emanuel Bach, das wahnwitzig schwierig war, und ich mußte eine halbe Stunde lang da stehenbleiben und mir Omas Klavierspiel anhören.
Den Tannenbaum kaufte Papa in Vallendar mit dreißig Pfennig Rabatt bei Renates Freund Olaf am Tannenbaumstand der Jusos.
Beim Geschenkeverpacken sagte Mama, wir sollten nicht so mit dem Tesafilm aasen.
Weil Oma Schlosser nicht so gut zu Fuß war, setzten wir uns zum Gottesdienst vor den Fernseher im Hobbyraum. Wiebke plierte immer nach links und nach rechts, ob wir auch alle die Hande gefaltet hatten.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Der Gottesdienst wurde von Hippies gestört, die dem Pfarrer bei der
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