Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Kragen redet, und dann schnell die Polizei rufen, bevor er kalte Füße kriegt und abhaut.
Unseren Besuch in dem Tabakladen mußten wir von langer Hand vorbereiten. Nicht daß wir da noch in Schwulitäten kamen.
Wir einigten uns darauf, zu sagen, daß wir Brüder seien, die ihrem Vater zum Geburtstag eine Pfeife schenken wollten. Dann mußte man ja ins Gespräch kommen, und dabei wollten wir dem Kleiber auf den Zahn fühlen.
»Man hat schon Pferde kotzen sehen«, sagte Michael.
Der Laden war leer. Hinterm Tresen stand ein dicker Mann, die Fäuste auf den Ladentisch gestemmt. Der Kleiber persönlich.
»Guten Tag«, sagte ich. »Wir sind Brüder, und wir wollen unserem Vater zum Geburtstag eine Pfeife kaufen.«
Der Kleiber kuckte uns an, als ob wir sie nicht mehr alle hätten. Eigentlich sahen wir ja nicht aus wie Brüder. Michael mit seinem blonden Wuschelkopf und ich mit meinen dunklen Haaren, die eben erst angefangen hatten, über die Ohren zu wachsen.
Welche Art Pfeife unser Vater denn bevorzuge, wollte der Kleiber wissen, aber darauf fiel weder Michael noch mir eine Antwort ein.
»Pfeifen kann man nicht mehr umtauschen, wenn man sie einmal benutzt hat«, sagte der Kleiber, und er trug uns auf, die vorhandenen Pfeifen unseres Vaters einer genauen Inspektion zu unterziehen und dann wiederzukommen.
Wir stahlen uns davon. Wie bei Kalle Blomquist war das ganz und gar nicht gewesen, eher wie im Mainzelmännchen-Minikrimi. Aber irgendwas ging da nicht mit rechten Dingen zu, das sagte mir mein sechster Sinn. Der Kleiber hatte Dreck am Stekken.
Interpol einschalten? Scotland Yard und das FBI? Hallo, hier spricht Spezialdetektiv Martin Schlosser?
Nach Indizien suchte ich überall, auch in den verwaisten Gastarbeiterbaracken oberhalb der Gartenstadt.
Ich stieg durch ein Fensterloch ein. Auf dem Boden lagen ausländische Zeitschriften rum und angegammelte Postkarten. Caro Paolo, tutti noi siamo felice di leggere che stai in buona salute. Wenn der Trebitsch eine internationale Verschwörung angezettelt hatte, konnte jede einzelne Karte wichtig sein. Erpressung oder Diamentenschmuggel. Und die Polizei war am Pennen, wie gewöhnlich.
Leider waren die meisten Postkarten schimmelig. Ich hätte auch nicht gewußt, wohin damit, und wer sollte die übersetzen?
Plötzlich rüttelte jemand an der Türklinke.
Ich hielt den Atem an und stand stocksteif an der Wand.
Es wurde weiter an der Klinke gerüttelt.
Jetzt kommt das dicke Ende, dachte ich, und der Trebitsch macht mich alle, aber als ich lange genug dagestanden hatte, kehrte wieder Ruhe ein, und ich lief nachhause.
Vielleicht hatte der Trebitsch ja auch einfach nur seine Frau gekillt. Einen ganzen Nachmittag lang suchten Michael Gerlach und ich den Friedhof in Vallendar nach Grabsteinen mit dem Familiennamen Trebitsch ab. Das war eine schweißtreibende Angelegenheit. Welcher Idi hatte sich bloß einfallen lassen, den Friedhof am Hang anzulegen, mit einer Milliarde Treppenstufen?
Wir fanden keinen einzigen Trebitsch auf dem ganzen gottverfluchten Friedhof, und als ich aus dem einen Wasserhahn was trinken wollte, schnauzte mich eine Oma an. Als ob ich der ihr Blumenwasser weggesoffen hätte.
Bei Aktenzeichen XY hielt ich Papier und Bleistift bereit. Sachdienliche Hinweise nahmen alle Polizeidienststellen und die Aufnahmestudios entgegen. Für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führten, konnte man mitunter bis zu tausend Mark kassieren. Ich wartete auf ein Phantombild vom Trebitsch. Dann hätte ich sofort Eduard Zimmermann, Werner Vetterli und Teddy Podgorsky informiert.
Es ging aber immer nur um Verbrechen in anderen Städten, um Morde und Einbrüche und raffiniert eingefädelte Betrügereien, begangen von Tätern mit ausgeprägter Stirnwinkelglatze, die eine vermögende Witwe mit der Strumpfhose erdrosselt oder beim Einbruch Tatwerkzeuge hinterlassen hatten, Schraubenzieher oder Vorschlaghämmer oder Fleischmesser, von denen ich nicht wußte, ob sie dem Trebitsch gehörten.
Erste Ergebnisse kamen erst nach zehn Uhr abends, wenn ich nicht mehr aufsein durfte.
Am letzten Herbstferientag wollten Michael und ich wieder zum Fernsehturm wandern. Unten im Wambachtal fanden wir eine Schnecke mit Häuschen. Ich schleuderte sie weit weg, und man hörte es pulschen, als sie genau in den Wambach fiel.
»Du Idiot«, sagte Michael, und da mußte ich ihm leider recht geben.
Der Attila war älter und müder geworden, der kläffte uns nur noch schlapp und der Form
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