Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
verfolgten Kopfgeldjäger spielte: Es gelang ihm zwar, einen Mörder zu schnappen, auf dessen Kopf fünftausend Dollar ausgesetzt waren, aber dann wurde James Stewart bei einer Schießerei mit Schwarzfußindianern verwundet, und als der Mörder bei einem Fluchtversuch draufgegangen war, konnte James Stewart aus Mitleid mit der Geliebten des Mörders nicht einmal die Prämie für dessen Leiche kassieren. Stattdessen schaufelte er ihm ein Grab.
»Und ewig singen die Wälder«, sagte Papa.
Als ich im Bett lag, mit geputzten Zähnen, hörte ich, wie sich Olaf in Renates Zimmer schlich. Da war Papa bereits am Ratzen.
Aber dann am Morgen: Schneeschippen! Ach du liebe Scheiße! Und als ich mich beim Mittagessen einmal kurz mit dem linken Ellenbogen auf dem Tisch abstützte, fauchte Papa mich an: »Nimm die Knochen runter!«
Zum Nachtisch gab es Diplomatencreme.
Olaf mußte abreisen, und Renate buk Berliner, heulend, und zwei davon packte sie ein. Die wollte sie Olaf per Paketpost zusenden, zum Trost. Renate und ihr Olaf, das war wie so ’n Fortsetzungsroman.
Um kurz nach sechs rief Oma Jever an, die neugierig war, ob wir schon ein Lebenszeichen von Mama vernommen hätten, und so gegen neune meldete sich Olaf, und Renate kam aus der Waschküche zum Hörer galoppiert.
Ja, ja, ja, ja,
Weißt nicht, wie gut ich dir bin.
An den Fotos von den nackten Nubierinnen hatte ich mich inzwischen so ziemlich sattgesehen, aber ich brachte es nicht übers Herz, die Ausgabe wegzuschmeißen, bevor ein ebenbürtiger Nachschub unter Dach und Fach war. Dieser alte Stern gammelte also weiter oben auf Wiebkes Kleiderschrank herum.
Morgens mußte Papa in der Garageneinfahrt das Eis von der Windschutzscheibe kratzen. In der Garage selbst war ja kein Platz für den Peugeot. Die war vollgestopft mit Brettern, Eimern und Gedöns.
Wenn man bei Zitaten die Gänsefüßchen vorne unten statt oben hinsetzte, so wie in gedruckter Schrift, sah das eindeutig besser aus, fand ich, doch der Wolfert strich mir das bei einer Deutscharbeit als Fehler an, der Arsch.
Und dann waren wieder die Bahnschranken unten, und es war noch immer kein Brief von Mama eingetroffen.
In der Musikschule kriegte ich Unterricht bei einem Herrn Radowski, der nur gebrochenes Deutsch sprach. Mitte dreißig, Vollbart und Nickelbrille. Ob der aus Albanien stammte? Oder aus der Tschechoslowakei?
Ich hatte die Noten vom »Türkischen Marsch« dabei, um meine Künste zu demonstrieren, aber der Radowski ließ mich das Stück nicht zu Ende spielen. Zur nächsten Stunde, sagte er, solle ich die »Zweistimmigen Inventionen« von Bach mitbringen, und er schrieb mir die Adresse eines Menschen auf, bei dem ich diese Noten kaufen könne. Irgendwo in Nödike.
In Mamas erstem Brief aus Afrika stand, daß man da abends im Dunkeln sitze, ohne Musik, bei verrammelten Türen und mit Schießprügeln in Reichweite, wegen der Gefahr, von Terroristen angegriffen zu werden.
»Da haben wir’s hier aber gemütlicher«, sagte Renate.
Aus einem meiner Fußballbücher wußte ich, daß die Boeing, mit der Mama und Oma Schlosser geflogen waren, die gleiche Nummer hatte wie die, mit der die deutsche Nationalmannschaft bei der WM ’74 nach dem Halbfinale von Frankfurt nach München gedüst war. Vielleicht hatte Mama auf dem Platz von Gerd Müller gesessen. Und Oma auf dem von Sepp Maier! Das hätte ich gern genauer gewußt.
Papa hatte, ohne mich um meine Zustimmung zu bitten, einen Zahnarzttermin für mich ausbaldowert: 9.3., 16.45 Uhr, Praxis Dr. Kusenbrecher. Alle halbe Jahre müsse halt mal nachgesehen werden. Renate, die an einem kariösen Weisheitszahn litt, kam mit, und der Zahnarzt stemmte ihr ohne Betäubung den halben Rachen auf.
Bei mir lag gottseidank nichts vor. Allerdings hielt mir der Zahnarzt einen kleinen Fetzen Kopfsalat vor die Nase, den er aus meinem Gebiß gepolkt hatte. Mund ausspülen, Kittel ab, raus und sich vornehmen, beim Zähneputzen in Zukunft gründlicher vorzugehen.
Bei Ceka kaufte Renate sich danach das neue Asterixheft. Da schenkte Cäsar einem versoffenen alten Legionär das gallische Dorf, und der verkaufte es für ein Glas Wein an einen Kneipier, der sich dann dort niederließ und versuchte, mit allen Einwohnern gut auszukommen, auch mit Verleihnix, dessen stinkende Fische er hinterm Haus im Garten verbuddelte. Skeptisch blieb nur der alte Methusalix: »Mich stören Fremde nicht, solange sie bleiben, wo sie hingehören. Wenn sie aber kommen, hab’ ich keine Lust,
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