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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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Minuten vor Schluß den Führungstreffer erzielt, aber nicht mit Katsche Schwarzenbeck gerechnet! Dessen berühmter Fernschuß aus sechzig Metern Distanz, in der vorletzten Minute, war ein Volltreffer gewesen. »Der Reporter ist vor Freude völlig ausgerastet«, sagte der Gerdes. Und die Spanier waren am Boden zerstört gewesen. (Das Wiederholungsspiel hatte Bayern 4:0 gewonnen.)
    Wir stellten fest, daß abends im Dritten ein Stummfilm mit Buster Keaton lief. Das war dieser Komiker, der nie eine Miene verzog, im Gegensatz zu Didi Hallervorden. »Der Film kommt aber erst um zwanzig nach neun«, sagte der Gerdes, »also zu ’ner Zeit, wo du dir besser keine Vergnügungen mehr erlauben solltest ...«
    Wir kuckten uns den natürlich trotzdem an. Ich hatte zuerst gedacht: Stummfilm, na ja, da hampeln und glotzen alle so übertrieben, und dann diese ewigen Texteinblendungen, aber dieser Film war erste Sahne. Buster Keaton spielte einen amerikanischen Lokführer, der seine Lokomotive retten wollte, mitten im Krieg der Nordstaaten gegen die Südstaaten. Da löste eine haarsträubende Notlage die andere ab, und jedesmal, wenn man glaubte, Junge, aus der Nummer kommst du nicht mehr heil wieder raus, ließ Buster Keaton sich blitzartig was einfallen. Einmal saß er mit’m Balken in den Armen vorn auf der Lok, die auf einen anderen, quer über den Schienen liegenden Balken zufuhr, und dann warf er den einen Balken so genial auf das eine Ende des anderen Balkens, daß der durch die Hebelwirkung weggeschleudert wurde und die Lok wieder freie Bahn hatte.
    Ein Spitzenfilm, da waren der Gerdes und ich uns einig. Zu bemängeln hatte er nur, daß die Nordstaaten damals, soweit er wisse, unter anderem für die Abschaffung der Sklaverei gekämpft hätten, und hier seien sie als reine Bösewichter dargestellt worden: »Ich hätt’s besser gefunden, wenn Buster Keaton in dem Film gegen die Konföderierten gekämpft hätte.«
    Konföderierten? Was der Gerdes für Wörter kannte, und was der alles wußte! Da kam ich nicht ganz mit, und ich faßte den Vorsatz, mal was für meine Bildung zu tun, auch außerhalb der Penne.
    Schlafen mußte der Gerdes auf ’ner Luftmatratze in meinem Zimmer. Sonst hätten wir erst noch das alte schwarze Klappsofa aus Wiebkes Zimmer rüberschleppen müssen, und das lohnte sich ja nicht, für die eine Nacht.
    Tante Dagmar hatte mich auf eine Radiosendung über Konfirmanden aufmerksam gemacht, die am Sonntagvormittag kam, auf NDR 2. Die hörten wir uns nach dem Frühstück an. Der Gerdes war ja Katholik. Für den mußte das fast exotisch sein, hier mit einem Konfirmanden zusammenzusitzen, vor einem Radio aus dem Nachlaß eines evangelischen Pastors.
    »Üppige Geldgeschenke zur Konfirmation«, sagte der Moderator, »sind so üblich geworden, daß Konfirmanden sich gegenseitig fragen: Wieviel war’s bei dir? Kein Wunder, daß die erhofften Geschenke auch zu einem Hauptmotiv wurden, sich überhaupt konfirmieren zu lassen. Viele Gemeinden versuchen, die Konfirmation durch eine neue Art der Vorbereitung wieder sinnvoll zu machen. Der Autor hat eine Konfirmandenfreizeit besucht und sich umgehört.«
    Dann kamen Konfirmanden zu Wort, die behaupteten, daß es ihnen auf die Geschenke gar nicht ankomme; die könnten auch wegbleiben. Außerdem wollten diese Konfirmanden freiwillig ’ne halbe Stunde länger Unterricht haben, als nötig gewesen wäre. Ein Mädchen sagte: »Ich glaub, meine Mutter ist innerlich unheimlich religiös, aber ich glaub, die kann das irgendwie nicht praktizieren ...« Dann wurden sie noch gefragt, ob sie schon mal auf den Gedanken gekommen seien, einen Teil der Geldgeschenke für einen guten Zweck zu spenden. Da wären die Eltern gegen, sagten alle. »Und wenn man das Geld, das man jetzt von den Verwandten und von den Eltern kriegt, weggibt, dann sieht das ja so aus, als würde man sich nicht drüber freuen, und das wär dann sehr beleidigend für die Verwandtschaft ...«
    Die taten alle so, als wäre man der letzte Dreck, wenn man sich auf das Geld freute. Die Geldgeschenke für mich, das ahnte ich, würden sich in Grenzen halten, aber abfallen würden doch wohl hoffentlich so einige, und weshalb hätte ich so tun sollen, als ob mir die Summe dann ganz egal wäre? So toll war die Aussicht aufs Konfirmiertwerden ja nun auch wieder nicht, daß ich sie aus freien Stücken gegen die Vorfreude auf die Geschenke eingetauscht hätte.
    »Und du«, sagte der Gerdes, »welchem Wohlfahrtinstitut wirst du

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