Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
München Benfica Lissabon das Fürchten lehrte, und zwar mit zwei Toren von Dürnberger, einem von Rummenigge und zweien von Gerd Müller. 5:1! Damit hatten es die Bayern im Europapokal der Meister ins Halbfinale geschafft.
Danach kam zeitversetzt das Spiel Real Madrid – Borussia Mönchengladbach. Die beiden Gegentreffer beim 2:2 in der Hinrunde waren eine schwere Hypothek, weil Auswärtstore bei Torgleichstand doppelt zählten, und ein Auswärtstor im Bernabeu-Stadion zu erzielen, das hatten schon ganz andere versucht.
Jupp Heynckes glückte es aber doch, nach einer knappen halben Stunde, und beim Pausenpfiff lag Gladbach vorn. In der zweiten Halbzeit drehten die Madrilenen auf, denn die wollten sich natürlich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen, und bums, schon war’s passiert – 1:1.
Wenn’s dabei blieb, war alles aus. Das wußten auch die Gladbacher, und sie gingen stürmisch in die Offensive und kamen nur gegen einen einzigen Mann auf dem Platz nicht an, und das war der Schiedsrichter Leo van der Kroft, ein Holländer, der nicht mehr alle Eier im Sack hatte: Ein reguläres Tor von Jensen erkannte er wegen dessen angeblicher Abseitsstellung nicht an, und in der 83. Minute hatte er bei einem Tor von Wittkamp als einziger Mensch auf der Welt ein Handspiel gesehen!
Und dann: Abpfiff, Ende, aus. Das war’s! Real Madrid hatte zwar drei Tore kassiert, aber nach der Willkür des Schiris trotzdem 1:1 gespielt, und Gladbach war ausgeschieden. Scheiße, verdammte!
Ich hätte nicht übel Lust gehabt, diesem van der Kroft den Hals umzudrehen. Wer war denn überhaupt so dämlich gewesen, da einen Holländer pfeifen zu lassen? Wo doch alle wußten, daß ganz Holland seit der Endspielniederlage von ’74 auf Rache sann? Hätte ich ja selbst getan, als Holländer!
Mit ein paar Zeilen vertröstete Michael Gerlach mich auf seinen nächsten Brief:
Ich weiß, ich weiß!
Ich bin ein Sausack, aber ich hab zur Zeit so viel um die Ohren, daß ich nicht zum Schreiben komme. Also stattdessen dieses Kärtchen. Wenn der Brief kommt, dann isser aber auch ganz lang. Heiliges Ehrenwort! Und: Der Brief kommt bald! Also nimm diesen Ergebenheitskratzfuß an. Tschüß, Dein gemeiner und schreibfauler Michael, auf den Du ruhig schimpfen kannst – ich hör’s ja doch nicht!
Auf der Karte waren Vallendar und Umgebung zu sehen, mit dem Kloster Schönstatt oben rechts, aber in falschen Farben, Rot und Weiß, ganz anders als in Wirklichkeit. Da hatte wohl jemand mit dem Buntstift nachgeholfen im Labor der Kartenfirma. Welche war denn das? Mal nachkucken. Neben dem Adreßfeld stand da hochkant:
Stein-Fotos, 5161 Echtz – Best.-Nr. 73716 – Nachdruck verboten
Auch ’n Beruf: Fotos von Hausdächern nachkolorieren und den Nachdruck verbieten, in 5161 Echtz. Das Örtchen hätten sie umbenennen sollen, in Fälschtz.
Bei der Gartenarbeit ärgerte ich mich schwarz über die Leute, die ihre ausgesüffelten Magenbitterfläschchen bei uns in die Hecke zu schmeißen pflegten. Underberg und Maykamp. Eine Unverschämtheit, sowas, auf dem Bürgersteig Likör aus diesen Dingern zu zutzeln und sie anschließend irgendwohin zu feuern, und ich armes Arschloch durfte dann da rumkrabbeln und den Flaschenmüll auflesen, am Samstag um Viertel vor vier, während sich die Underbergsäufer zuhause an den Rundfunkreportagen aus den Stadien der Bundesligisten delektierten ...
Die Bayern lechzten nach einer Revanche für ihre Niederlage auf dem Bökelberg. Mit Maier, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Hoeneß und Müller hatten sie fünf Weltmeister im Team. Drei davon – Schwarzenbeck, Hoeneß und Müller – schossen insgesamt vier Tore, und Maier hielt jeden Ball.
Ein klarer Fall: Es wurde höchste Zeit für eine Verstärkung der Fohlenelf durch eine emsländische Nachwuchskraft.
»Ich fühl mich noch leicht weggetreten von der Feierei«, sagte Renate, als wir sie vom Bahnhof abholten. Jedenfalls sei sie jetzt Studentin, Matrikelnummer 002676. In dem Mordsbetonklotz von Universität habe man ihr auf die Frage nach der Zimmervermittlung erwidert: »Fahren Sie mal in den Gebäudeteil B auf der Ebene 2 und rollen Sie dann die Flure entlang.« Da habe sie ’ne halbe Stunde warten müssen, und dann sei alles rasend schnell gegangen. Das billigste Angebot sei ein möbliertes Zimmer in der Stapenhorststraße 75 gewesen, bei einer Familie Schmidt, für 130 Mark. Sie sei sofort hingefahren, und das Zimmer sei ganz niedlich, im vierten Stock, direkt unterm Dach,
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