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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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die uns als Gäste ins Haus stünden, den Buckel runterrutschen. Auch Onkel Rudi. Der erst recht! Daß der Jurist geworden sei, das sehe ihm ähnlich: Maulaffen feilhalten und anderen Leuten in ihre Arbeit reinquatschen, das sei das tägliche Brot der Juristen. Wenn sich alle Menschen an die Zehn Gebote hielten, wären die Juristen arbeitslos.
    Noch weniger hielt Papa von Politologen, aber als er diesbezüglich in Fahrt kam, war der Sherry alle. Das sei egal, sagte Papa. Dafür sei es heute abend hier im trauten Verein der Familie gemütlicher gewesen als morgen abend mit der ganzen buckligen Verwandtschaft. Und dann ging er in den Keller. Und dann kam er noch einmal hoch und brüllte: »Martin! Dein Fahrrad steht noch immer draußen!«
    Am Samstag trudelten die ersten Konfirmationsgäste ein, während Deutschland gegen Spanien spielte. Nach einem Fallrückziehertor von Uli Hoeneß hupte draußen Tante Hilde, die Tante Dagmar als Beiladung aus Hannover nach Meppen befördert hatte. Die stellten sich alle so an, als ob sie sich seit Jahren nicht mehr gesehen hätten, und nachdem Klaus Toppmöller kurz vor der Halbzeit das 2:0 erzielt hatte, machte Mama den Fernseher aus.
    Renate kochte Tee und Kaffee, und dann ging es Schlag auf Schlag mit den Besüchern: Oma und Opa Jever, Oma Schlosser, Tante Jutta und Onkel Dietrich. Da saß ich gerade auf dem Klo. »Und wo steckt der Konfirmand?« rief Onkel Dietrich.
    Tante Gertrud und Onkel Edgar konnten erst am Sonntag kommen, weil sie abends noch in Bielefeld zum Kirchenchor mußten.
    Im Flur nahm Onkel Dietrich mich in den Schwitzkasten: »Na, du Räuber? Immer noch der alte Frechdachs?«
    Mama und Renate hatten auf der Terrasse die Kaffeetafel gedeckt. »Und wie war das nun mit dem Erdbeben?« fragte Tante Jutta, und Tante Dagmar sagte, daß in Venedig die Wände gewackelt hätten. »Telefonverbindungen kaputt, zwei Stunden Strom weg und andere Scherze«, aber mehr habe sie davon nicht mitbekommen. Viel kniffliger sei das Einkaufen in Italien gewesen. Wenn man da mit einem großen Schein bezahle, würden einem statt Wechselgeld Bonbons, Briefmarken oder Zahnstocher hingelegt. Es gebe sogar Hotels, die ihr eigenes Hausgeld druckten. Und am letzten Tag sei sie beim Aussteigen aus einem Motorboot in den Gardasee geplumpst, mit Klamotten an. »Und das war kalt, das kann ich euch wohl sagen!«
    »Und schwimmst du auch nach Montreal?« fragte Onkel Dietrich. Bei den Olympischen Spielen in München hatte Tante Dagmar als Hosteß gejobbt.
    »Würde ich zwar gerne, darf ich aber nicht«, sagte sie. »Wahrscheinlich bin ich dafür schon zu alt! Und wie geht’s dem Star des Abends?« (Damit war ich gemeint.) »Was machen deine fußballerischen Erfolge?«
    Ich erstattete Bericht.
    »Also bitte«, sagte Tante Dagmar, und dann ging sie ins Haus, ihre Stola holen. Ohne diesen Fummel um die Schultern war es ihr auf der Terrasse zu kalt.
    Tante Gisela fehlte, weil sie in Göttingen dem rekonvaleszenten Gustav beistehen mußte. Dem habe der Arzt für den Rest des Sommers das Sonnenbaden verboten, sagte Oma Jever.
    »Und hat Tante Gisela nicht sogar auf ihren Urlaub verzichten müssen deswegen?« fragte Renate.
    »Nee, die reist erst im Juni nach Abano Terme«, sagte Tante Dagmar, die immer über alles am genauesten Bescheid wußte. »Morgens Fango, abends Tango.«
    Wiebke führte dem Volk ihren Hamster vor, der aber lieber pofen wollte.
    Abends hatten alle einen in der Kiste. Renate war erkältet und heiser. Ihr eines Auge tränte, und sie düngte ihre Nasenlöcher mit Rhinospray. Die Vorlesungen, sagte sie, seien überbelegt, und auch sonst liege vieles im argen. Ein Dozent sei neulich nicht erschienen, wegen Besoffenheit, und Oma Schlosser erzählte, daß Tante Doro am Knie operiert werden müsse.
    Sieben Gäste übernachteten bei uns im Haus.
    Nach dem Frühstück knotete mir Papa einen seiner Schlipse um den Hals, und ich sah aus wie ein Streber.
    Tante Gertrud und Onkel Edgar waren noch immer nicht da, als wir zur Gustav-Adolf-Kirche aufbrachen. Im Peugeot rieselte Papas Zigarettenasche auf meine Hose, und Mama reichte mir ein angelülltes Tempotaschentuch nach vorn, mit dem ich die Bescherung wieder wegtupfen sollte.
    »Mensch, doch nicht so, du Unglückswurm! Was machst du denn! Du schmierst ja alles erst so richtig breit!«
    Vor dem Portal mußten alle Konfirmanden warten, bis die Gemeinde sich in der Kirche versammelt hatte, und dann in Zweiergruppen einmarschieren. Ich ging neben

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