Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Kneipe: »General Schlambambes liegt im Bett mit seiner Frau Elisabeth! Sie liegen beide Arsch an Arsch und furzen den Radetzkymarsch ...« Darauf folgten Trompetenstöße, die die Fürze simulieren sollten. Ein einziger Schweinkram.
»Das hast du dir selber ausgesucht«, sagte Gustav, »also beschwer dich nicht.«
Er las in Bild am Sonntag. Sonntags gab’s in Deutschland nur zwei Zeitungen: Bild am Sonntag und Welt am Sonntag , BamS und WamS , und alle beide gehörten dem Verleger Axel Springer.
Im Kellerschrank entdeckte ich ein angegammeltes Pamphlet aus dem Jahr 1947, über die Menschenversuche der Nazis, die sich in ihrer Hybris dazu verstiegen hätten, KZ-Häftlinge zwangsweise in Eiswasser zu baden, um herauszufinden, bei welcher Temperatur ein Mensch erfriere. Als Herren über Leben und Tod hätten sich diese Schergen aufgespielt, und in der sowjetisch besetzten Zone würden gegenwärtig leider ganz ähnliche Verhältnisse herrschen.
Ich schnürte auch wieder einige der Stöße aus Gustavs eingekellerter Spiegel -Sammlung auf, wobei mir eine Fortsetzungsserie über das Leben von Adolf Hitler vor Augen kam. Diese Serie schnitt ich mir aus, mit Omas Handarbeitsschere, und ich war schon fast fertig damit, als Oma beim Kartoffelholen zufällig mitkriegte, was ich da trieb.
»Na, das wird Gustav aber gar nicht recht sein, daß du ihm hier seine geliebten Hefte zerschnibbelst«, sagte sie. »Das leg man alles schön wieder zurück!«
Was ich dann auch tat.
In dem Freundschaftsspiel gegen Wales stand wieder einmal Rudi Kargus im deutschen Tor, und die Waliser mußten sich mit 0:2 geschlagen geben.
Wahrscheinlich dachte Helmut Schön jetzt darüber nach, ob er den alternden Sepp Maier vor der WM ’78 durch Kargus ersetzen sollte, was aber auch wieder traurig gewesen wäre, weil ich die Vorstellung anziehend fand, den WM-Pokal spätestens 1982 gemeinsam mit Maier wieder nach Deutschland zu holen. Ich als Newcomer und Sepp Maier als Veteran, und wir beide in einer Mannschaft, deren Glanzvorstellungen die ganze Welt in Entzücken versetzten: »Ramba-Zamba: Deutschland – Brasilien 7:0! Pelé mit Maulsperre auf Intensivstation – Herzinfarkt?«
So in etwa. Aber ich traute mir auch zu, im Fünfmeterraum mit Rudi Kargus oder Norbert Nigbur zu harmonieren. Oder mit Wolfgang Kleff oder wem auch immer.
Näheres über seinen Fahrradunfall und dessen Folgen mußte man Gustav mühsam aus der Nase ziehen.
»Und was hast du gemacht, wenn du gemußt hast?«
»Dann, mein werter Vetter, habe ich in eine eigens dafür bestimmte Flasche hineingestrullt, und wenn es dicker gekommen ist, hat man mir eine Pfanne untergeschoben, mit langem Stiel und breitem Rand. Im allgemeinen sind dafür die Bezeichnungen ›Schieber‹ oder ›Stechbecken‹ gebräuchlich. Zufrieden?«
Im Wochenblatt studierte Oma immer als erstes die Todesanzeigen, auf der Suche nach den Namen von Bekannten, die das Zeitliche gesegnet haben könnten, völlig unerwartet oder auch nach langer, schwerer Krankheit. Der größte Teil von Omas und Opas Bekanntenkreis lag bereits unter der Erde, und es paßte irgendwie dazu, daß das Jeversche Wochenblatt die älteste Zeitung Deutschlands war. Seit 1791 auf dem Markt, das mußte man sich mal vorstellen.
Gustav erschien mit der neuen Zeit , und die enthielt meinen Beitrag über die Umgangssprache. Wieder 25 Eier! Dieser guten Nachricht des Tages folgte am frühen Abend die schlechte, daß Renate bei der Fahrprüfung in Meppen durchgefallen sei. Angeblich hatte sie das Fahrzeug vor einem Stoppschild nicht bis zum völligen Stillstand abgebremst.
Während in Bonn schon die Koalitionsverhandlungen anfingen, tobte in den USA noch der Wahlkampf. Im Fernsehduell mit Jimmy Carter war dem Präsidenten Gerald Ford dabei ein grober, möglicherweise wahlentscheidender Schnitzer unterlaufen, als er einfach rundweg abgestritten hatte, daß es eine sowjetische Vorherrschaft in Osteuropa gebe. Selbst Polen und Rumänien, hatte Ford behauptet, seien unabhängige Länder.
Und dieser Schafskopf amtierte als Präsident der Vereinigten Staaten!
»Falls du dir von dem demokratischen Erdnußfarmer Jimmy Carter größere intellektuelle Leistungen erhoffen solltest, kann ich dir nur empfehlen, dich erst einmal selbst mit den politischen Gegebenheiten in anderer Herren Länder vertraut zu machen«, sagte Gustav. »Könntest du mir beispielsweise aus dem Stegreif einen Vortrag über die geopolitische Situation in Ozeanien
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