Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
mir eine abgab. Dann würden mein neuer Freund und ich mit den Pistolen zum Duell in den Garten gehen, und Uwe würde sehen, daß unsere Pistolen die besseren wären, und mein neuer Freund und ich würden ihm sagen, daß er uns am Arsch lecken kann.
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.
Die Häschenschule hatte ich schon so oft vorgelesen gekriegt, daß ich sie auswendig konnte. Die Nase putzte sich der Hasenjunge mit einem Kohlblatt, bevor er zur Schule ging, die im Wald war. Auf dem Rücken sitzt das Ränzchen, hinten wippt das Hasenschwänzchen.
Der Lehrer legte seinen dicken Bauch auf die Schulbank, und die Hasenjungen lernten Eiermalen, Pflanzengießen und Haken-schlagen, aber sie wurden auch am Ohr gezogen, wenn sie unartig gewesen waren. Aufpassen mußten sie vor dem bösen Fuchs, der sie fressen wollte. Der Fuchs war im Gebüsch versteckt und hatte scharfe Zähne.
Wenn ich in der Schule wäre und jemand würde sagen: »Da haben wir den Salat«, dann würde ich zu dem sagen: »Wo ist der Salat denn? Ich will ihn aufessen.«
Abends im Bett fragte ich Volker, ob er wissen wollte, was ich zu einem in der Schule sagen würde, der gesagt hätte: »Da haben wir den Salat«, aber Volker sagte: »Weiß ich nicht, will ich auch nicht wissen. Halt die Klappe.«
Volker war schon im dritten Schuljahr, aber er wollte mir nie verraten, wie es in der Schule war. Er tat immer so, als ob es da ganz langweilig wäre. Früher war Volker gleich nach dem Aufwachen aufgestanden, aber seit er zur Schule ging, blieb er morgens immer so lange wie möglich liegen.
So wollte ich auch mal werden. Zur Schule gehen dürfen, aber die Augen verdrehen, wenn einer wissen will, wie’s da ist. Zu Wiebke würde ich dann auch bloß sagen: »Halt die Klappe, ich will schlafen.«
Im Traum war ich nackig auf einem Weg im Wäldchen. Dann kamen Leute, die sahen, daß ich nackig war, und ich mußte mich verstecken.
Mama hatte neue Batterien gekauft, und die grüne Taschenlampe ging wieder. Damit wollten Volker und ich zum Bunker vor der Müllkippe. Die Taschenlampe mußten wir aus der Küchenschublade holen. Volker machte das, als Mama telefonierte.
Im Bunker war es kühl. Es ging steil runter, und dann kam eine Stahltür, die zu war, und es roch nach Pisse. Vor dem Schlüsselloch hing ein Scheibchen, das man zur Seite schieben konnte. Wir leuchteten durchs Schlüsselloch. Sehen konnte man nichts.
Neben dem Weg, wo ich Volker und Kalli nachgeschlichen war, wuchsen kleine Erdbeeren, aber ich aß lieber keine, weil ich nicht wußte, ob die giftig waren.
Zwischen den Bäumen stand ein Zelt. Vorne war es offen, und innen lagen Decken. Ich kroch in das Zelt und fand einen blauen Kugelschreiber, bei dem man die Mine rausknipsen konnte. Den nahm ich mit.
Mama sagte, daß irgendwelche Halbstarken einen von den Müllcontainern vor dem Haus die Straße hochgezogen und dann runterrollen gelassen hätten. Der Container sei unten gegen ein Auto gedonnert, und die Eltern müßten jetzt den Schaden bezahlen. Wenn mich jemals einer auffordere, bei solchen dummen Streichen mitzumachen, dann solle ich den einfach stehenlassen und weggehen. »Versprich mir das in die Hand!«
Sonst würde ich mein blaues Wunder erleben.
Mit dem Kugelschreiber pauste ich für Wiebke zum Geburtstag ein Bild ab. Reinhold, das Nashorn. Das war jede Woche im Stern. Das Pauspapier hatte Mama mir gegeben.
Renate wollte auch ein Bild für Wiebke malen. Dafür sollte ich eine Laterne hochklettern. Als ich oben war, stand Renate unten und malte mich ab. Ich mußte ganz lange oben bleiben und winken. Hinterher fand ich aber, daß Renate meine Segelohren zu groß gemalt hatte.
Zum Geburtstag kriegte Wiebke Lakritze, ein Dreirad, einen gelben Ball mit bunten Punkten und einen weißen Stoffhasen mit goldenen Schellen an den Pfoten. Am Rücken hatte der Hase eine Schraube. Wenn man die drehte, klapperte er mit den Schellen.
Mama sagte, daß Wiebkes Ball für mich tabu sei. Als ob ich freiwillig der ihren Babyball angefaßt hätte.
Dann starb Waldi. Das sei der Lauf der Dinge, sagte Kalli. Waldi sei eben schon alt gewesen, aber man konnte sehen, daß Kalli geheult hatte.
Waldi wurde im Wald begraben, an einem Platz, wo man nicht so leicht hinkam. Man mußte erst weit hoch, und dann mußte man noch zwischen den Tannen durchgehen.
Bei Waldis Beerdigung waren Kallis Vater, Kalli, Volker und ich dabei. Kalli hatte den Spaten getragen und Kallis Vater den toten Waldi in einer
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