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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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kommt raus, daß der Richter selbst den Krug zerbrochen und erfolglos versucht hat, die Schuld auf andere abzuwälzen.
    Volker stritt ab, daß er einen fahrengelassen habe, aber ich war das auch nicht gewesen.
    »Wenn ihr mir einen Gefallen tun wollt«, sagte Mama, »dann hört doch mal wenigstens für die nächsten zwei Stunden mit euerm Gekabbel auf und benehmt euch wie Brüder. Oder seid ihr dazu beide noch zu dösig?«
    An der Ausfahrt einer Raststätte stand ein struppiges Anhalterpärchen mit Riesenrucksäcken, und in die Frau hätte ich mich sofort verlieben können. Lockige schwarze Haare hatte die, braune Augen und einen dunkelroten Kußmund. Der unrasierte Typ an ihrer Seite wedelte mit einem Schild, auf dem »HB« stand, als Abkürzung für Hansestadt Bremen.
    »Bis zur nächsten Raststätte könnten wir die doch mitnehmen«, schlug ich vor, aber Mama sagte, daß wir für das Gepäck dieser Leute zu wenig Platz im Kofferraum hätten, und man wisse ja auch gar nicht, was man sich mit solchen Fahrgästen alles aufhalse. Nachher hätten die noch Filzläuse oder irgendwelche ansteckenden Krankheiten oder sie würden einem plötzlich ihre Fahrtenmesserklinge an die Gurgel halten.
    Mama fuhr an dem Pärchen vorbei, ohne anzuhalten, und scherte nach links in die Autobahn ein.
    »Die haben aber nicht so ausgesehen wie Verbrecher.«
    »Jack the Ripper hat vielleicht auch nicht so ausgesehen«, sagte Mama. »Wenn du mal dein eigenes Auto besitzt, dann kannst du von mir aus mitnehmen, wen du willst, aber solange ich hier das Kommando habe, mußt du mir gefälligst schon erlauben, daß ich mir meine Passagiere selber aussuche.«
    Volker sagte nichts. Der hätte sich bestimmt schwarz geärgert darüber, daß er vorne saß, wenn diese Schönheit direkt neben mir auf der Rückbank Platz genommen hätte. Und vielleicht war der bärtige Typ ja auch gar nicht deren Freund, sondern ihr Bruder oder ihr Vetter, und es wäre auf ein Techtelmechtel zwischen mir und dieser Frau hinausgelaufen ...
    Daß man sich unterwegs geneckt hätte, das lag ja nahe, und dann hätte mich die Frau vielleicht nach Bremen eingeladen, in ihr Studentenheim, und nach einer Kneipenrunde wäre sie praktisch dazu verpflichtet gewesen, mir einen Platz in ihrem Bett anzubieten, denn wo hätte ich sonst schlafen sollen?
    Unter der Bettdecke hätte ich mich ganz vorsichtig vorgetastet, und ich hätte auch Verständnis dafür aufgebracht, wenn die Frau gesagt hätte, es tue ihr leid, aber sie müsse noch so oft an ihren Ex-Freund denken, von dem sie sitzengelassen worden sei. Der habe Schluß gemacht, von heute auf morgen. Und ich hätte dann sagen können, daß ich so etwas niemals täte. Wenn ich mich für jemanden entschieden hätte, dann für immer und ewig.
    »Hat es in deinem Leben denn noch nie jemanden gegeben, dem du ewige Treue geschworen hast?«
    Diese Frage wäre unweigerlich gekommen.
    »Na ja«, hätte ich gesagt, »da gab es schon welche, bei denen ich mir das hätte vorstellen können, aber irgendwie hat’s dazu nie so ganz gereicht ...«
    Und dann hätte mir die Frau ihre eine Hand auf die Brust gelegt und mir tief in die Augen geschaut und gesagt: »Von einem Mann wie dir habe ich immer geträumt.«
    Das wäre die größte Herausforderung: So zu tun, als ob man das nicht zum ersten Mal hörte. Und dann vor allem so zu tun, als ob man selber schon total viele Erfahrungen gesammelt hätte im Bett.
    O Gott. Was da noch so auf einen zukam mit der Zeit.
    Und ob Michaela Vogt wohl noch Jungfrau war?
    In einem anderen Drama von Kleist, das ich schon aus der Aula kannte, fraß Penthesilea den von ihr geliebten griechischen König Achilles im Blutrausch halb auf, und als sie wieder zur Besinnung fand und merkte, was sie getan hatte, wollte sie sich erdolchen:
    Denn jetzt steig ich in meinen Busen nieder,
    Gleich einem Schacht, und grabe, kalt wie Erz,
    Mir ein vernichtendes Gefühl hervor.
    Dies Erz, dies läutr ich in der Glut des Jammers
    Hart mir zu Stahl; tränk es mit Gift sodann,
    Heißätzendem, der Reue, durch und durch;
    Trag es der Hoffnung ewgem Amboß zu,
    Und schärf und spitz es mir zu einem Dolch;
    Und diesem Dolch jetzt reich ich meine Brust:
    So! So! So! So! Und wieder. – Nun ists gut.
    Wieso? Was sollte daran gut sein? Wenn Penthesilea so verrückt nach Achilles gewesen war, dann hätte sie dem das doch besser sagen sollen, statt ihn totzubeißen. Die beiden hätten ohne weiteres zusammenziehen können, irgendwo im alten

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