Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
physikalische Einheit? Na also. Andernfalls wäre der längst mit dem Nobelpreis in der Tasche sonstwohin verduftet.
In den Briefen, die Heinrich von Kleist seiner Geliebten Wilhelmine von Zenge geschrieben hatte, forderte er von ihr die Ausführung von »Denkübungen«: »Was ist besser, gut sein oder gut handeln?«
Mit solchen Methoden wollte er auch sich selbst immer weiter vervollkommnen, um den gesammelten Schatz von Wahrheiten später ins Jenseits mitnehmen zu können. Verzweifelt war Kleist, als er Immanuel Kants »Kritik der reinen Vernunft« gelesen und daraus gelernt hatte, daß man die Wahrheit gar nicht erkennen könne:
Wenn alle Menschen statt der Augen grüne Gläser hätten, so würden sie urteilen müssen, die Gegenstände, welche sie dadurch erblicken, sind grün – und nie würden sie entscheiden können, ob ihr Auge ihnen die Dinge zeigt, wie sie sind, oder ob es nicht etwas zu ihnen hinzutut, was nicht ihnen, sondern dem Auge gehört. So ist es mit dem Verstande. Wir können nicht entscheiden, ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist, oder ob es uns nur so scheint. Ist das letzte, so ist die Wahrheit, die wir hier sammeln, nach dem Tode nicht mehr – und alles Bestreben, ein Eigentum sich zu erwerben, das uns auch in das Grab folgt, ist vergeblich –
Ach, Wilhelmine, wenn die Spitze dieses Gedankens Dein Herz nicht trifft, so lächle nicht über einen andern, der sich tief in seinem heiligsten Innern davon verwundet fühlt. Mein einziges, mein höchstes Ziel ist gesunken, und nun habe ich keines mehr –
Seine klassischen Werke hatte Kleist dann aber trotzdem alle noch geschrieben. Ein komischer Vogel.
Meine Nase lief, ich hatte Kopfweh, mir war übel, und weil ich kein Taschentuch mitgenommen hatte, mußte ich den Gubbel regelmäßig hochziehen, damit er mir nicht aufs Französischbuch tropfte.
Zu Michaela Vogt traute ich mich gar nicht mehr hinzusehen.
Um mich aufzuheitern, sagte Hermann in der großen Pause: »Dir ist jetzt schon schlecht, aber stell dir mal vor, wie schlecht dir erst in der sechsten Stunde sein wird ...«
Äußerst witzig, das. Ich wartete nach der Pause noch, bis der Wolfert erschien, und dann meldete ich mich vom Unterricht ab.
»Du triefst ja aus allen Knopflöchern«, sagte Mama, als ich zuhause angeeiert kam »Wenn du die russische Grippe hast, die hier überall umgeht, dann Prost Mahlzeit.«
Fiebermessen, Nasivin, eine Brausetablette mit Vitamin C und danach ab in die Falle.
Den Arzt, der mich am Nachmittag in meinem Zimmer untersuchte, stellte einen grippalen Infekt fest und verordnete mir Novalginzäpfchen und Hustensaft. Codipront: Davon sollte ich morgens und abends einen Eßlöffel voll einnehmen.
Der Flaschendeckel hatte eine Kindersicherung und mußte gleichzeitig gedreht und an zwei Stellen zusammengepreßt werden, sonst ging er nicht auf. Da brach man sich bald die Finger bei ab.
Auf Dauer war es kein Vergnügen, sich mit Schnupfen und erhöhter Temperatur im Bett herumzuwälzen, und abends tapste ich nach unten, Nachrichten kucken.
Wiebke wich im Wohnzimmer vor mir zurück. »Steck mich bloß nicht an!«
Ich überhörte das und ließ mich abseits von den übrigen Familienmitgliedern nieder.
Hans Apel von der SPD sollte das Amt des Verteidigungsministers übernehmen. In einem Interview, das er aus diesem Anlaß gab, saß er ohne Schuhe im Schneidersitz auf einem Sofa.
»Immer noch besser, als wenn er da jetzt im Stechschritt auf- und abmarschieren würde«, sagte Mama, während Papa sich kommentarlos sein Leberwurstschwarzbrot hinter die Kiemen schob.
Weshalb Papa Schwarzbrot so schmackhaft fand, hatte ich auch noch nicht begriffen. Mir blieben davon immer lauter Krümel zwischen den Zähnen kleben.
Als alle ratzten, schlich ich mich noch einmal hinunter, um mir den Rest eines Spielfilms über zwei kalifornische Zocker anzusehen. Der eine der beiden demonstrierte zum Schluß, daß er mit seinem Pimmel eine Flöte festhalten konnte, und als ich das gesehen hatte, machte ich den Fernseher aus und schlich mich wieder hinauf in mein Zimmer und schlief ein.
Nach fünfzehn Runden hatte Muhammad Ali seinen Titel als Weltmeister im Schwergewichtsboxen verloren, im Kampf gegen Leon Spinks. Es hätte mir ja egal sein können, aber ich ärgerte mich darüber. Was sollte man denn anfangen mit einer Welt, in der selbst ein Muhammad Ali den kürzeren zog?
Aus der Stadt brachte Mama mir auf meinen Wunsch und auf meine Kosten ein
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