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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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prompt ein ausführliches Antwortschreiben.
    Gerade habe ich Deinen Brief bekommen und auch gelesen (so macht man das). Was gibt es also Neues aus Vallendar am Rhein? So viel, daß es genausogut Vallendar im Rhein heißen könnte: nämlich gar nichts. In keiner Totenstadt des Westens geht es trüber her. Da kommen wenigstens ab und zu ein paar Heuballen durchgeweht. Aber hier? Hier hüpfen einige Knochengerüste mit Pelzkappe und kettenrauchende Ungetüme herum. Und was tun die? Natürlich. Was auch sonst.
    Jetzt reden wir aber mal von wichtigeren Dingen, und zwar von der Meppen-Expedition des DMGS. Aufbruch im Basislager Koblenz am 28.3. um 1104 Uhr. Umsteigen in eine andere Karawane in Münster 1443 Uhr. Ankunft im zu erforschenden Langeweile-Hasch-Brunnenmörder-Dschungel 1548Uhr. Die Zeiten können allerdings variieren, wenn die Expedition die falsche Karawane erwischt. Oder wenn die Ausrüstung (sprich: Koffer) nach Hintertupfingen weiterfährt, während mir in Münster einfällt, daß ich das Ding im Zug liegengelassen hab. Bei meinem Glück! Wie soll ich da heil eine fünfstündige Zugfahrt überstehen? Das ist eine physikalische Unmöglichkeit. Das würde alle Naturgesetze auf den Kopf stellen.
    Tja, und sonst? Was könnte man denn noch als Zeilenfüller benutzen? Ich schreib einfach mal was aus ’nem Buch ab: »Hier, unglücklicher Weise, begegnete ihr, da sie eben durch die Hintertür entschlüpfen wollte, ein Trupp feindlicher Scharfschützen, der bei ihrem Anblick, plötzlich still ward, die Gewehre über die Schultern hing, und sie, unter abscheulichen Gebärden, mit sich fortführte.« Na, war das ’n Satz? So sind die alle in dem Drecksbuch, und noch schlimmer.
    Drecksbuch? Na, ich mußte doch sehr bitten! Dieser Satz stammte eindeutig von Kleist, aus der Erzählung »Die Marquise von O.«, wenn ich nicht total danebenlag. Nein, ich hatte richtig geraten:
    Übrigens kommt es zu keiner Vergewaltigung, jemand fährt dazwischen, und das ist selbstverständlich ein junger, fescher, edler Offizier, der die Dame dann auch gleich in ein Gemach schleppt, wo diese ohnmächtig zusammenbricht und ihrem Retter auf das Inniglichste dankt, bevor sie ins Reich der Träume entschwindet. Wie sich später herausstellt (sowas läßt sich ja nur schwer verbergen), hat der junge, fesche, edle Offizier, als die Dame ohnmächtig darniederlag, dann selbst ... na was wohl.
    Ich nahm mir vor, mit Michael demnächst ein ernstes Wort über Heinrich von Kleist zu reden.
    Komme gerade aus der Küche. Essen und Abtrocknen. Ich wär bald wahnsinnig geworden! Ein Großglockner, nein, ein Popocatepetl mitsamt Vorgebirge von Geschirr. Nach Überwindung des ersten Schwächeanfalls machte ich mich ans Werk. Bis zum Besteck hatte ich mich schon vorgearbeitet, als meine Mutter seelenruhig neues Spülwasser einließ und den nächsten Schub dreckigen Geschirrs hervorzauberte. Weiß der Himmel, wo das ganze Zeug immer herkommt! Und was tat Holger? Der saß am Tisch und schleckte Zuckerguß.
    Vom Essen steckte mir da noch ein Klumpen Kartoffelbrei in der Speiseröhre, ungefähr in Höhe des Adamsapfels, und von unten drängte ein schauriges Gebräu aus Magensaft, Essig, Zwiebeln und Frikadellenknochenmehl nach oben, als sich die Rettung in Gestalt einer wunderbar roten und großen Milchtüte verführerisch anbot. Mit zittriger Hand und ersterbenden Kräften langte ich danach, bekam die Tüte zu fassen, hob sie hoch – unsägliches Entsetzen durchfuhr mich: LEER! AUSGESOFFEN! Irgend so ein Dreckschwein hatte sich mit der lebensrettenden Milch die Wampe vollgeschlagen! Als ich auf den Tisch fiel und links eine leere Colaflasche hämisch grinsend auf dem Bord stehen sah, verließen mich die Sinne.
    Beerdigung morgen, 1030 Uhr. Als Leichenschmaus zartes Roastbeef mit feinsten Pellkartoffeln und pikanter Champignonsauce. Dazu literweise Cola.
    Gleich muß ich bei Sturmeswind in die Stadt und die Fahrkarte besorgen. Is’ bei Euch eigentlich auch so’n Scheißwetter? Das kann ja heiter werden.
    Hosianna!
    Wir besaßen zwar eine Spülmaschine, die auch das Abtrocknen erledigte, aber dafür waren die Mahlzeiten oft stressig.
    »Geh über deinen Teller! Übern Teller! Paß doch auf! Das Fett hängt dir am Kinn!«
    Hackfleisch mit Paprika, Zwiebeln, Kartoffeln und Dosentomaten. Als ich mir eine neue Portion auf den Teller lud, fiel ein Tropfen Soße auf den Tisch.
    Mama ranzte mich an: »Mit dir kann man sich wirklich nirgendwo blicken

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