Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Plastik. Ich ging damit auf die Wiese vorm Wäldchen, aber ich warf ihn falsch, denn er plumpste immer runter.
Ein fremder Junge kam vorbei und machte mir vor, wie man werfen mußte. Bei dem kam der Bumerang, nachdem er hoch übers Wäldchen geflogen war, bis vor die Füße zurück, und der Junge stoppte den Bumerang mit dem Schuh.
Ich wollte das nachmachen, aber bei mir flog der Bumerang in ein Dornengestrüpp, und da kriegte ich ihn nicht mehr raus.
Zu meinem Geburtstag wollte ich Tom Sawyer und Huckleberry Finn einladen, aber Mama sagte, die seien schon viel älter als im Fernsehen und außerdem Ausländer. Die könnten gar kein Deutsch.
Wenn das so war, wollte ich meinen Geburtstag überhaupt nicht feiern. Ich knallte die Zimmertür hinter mir zu und heulte in den gelbroten, kratzigen Vorhangstoff.
Komm, lieber Mai, und mache.
Renate schenkte mir zum Geburtstag ein Taschenbuch, das ich schon fast ganz alleine lesen konnte. Der Riese Nimmersatt. Im Nimmerleinsland, weit hinter Berg und Meer, wohnte ein Riese. So groß war er, daß Büsche und Bäume ringsum rauschten, wenn er nur ein Augenlid bewegte.
In dem Buch stand auch die Geschichte von dem Riesenapfel. Der mußte mit Stöcken gestützt werden und fiel irgendwann mit großem Gepolter vom Baum, kullerte den Hang runter, wurde von einem Fluß fortgeschwemmt und von einem armen Familienvater geangelt, der mit dem Apfel die ganze Familie sattmachen konnte.
In einer anderen Geschichte kam ein Königssohn vor, der immer lachen mußte. Der wohnte im Königreich Balabaschi und kriegte Pfefferklöße in den Mund geschossen, damit er mit dem Lachen aufhörte. Der Schütze erhielt dafür den Orden vom goldenen Kloß.
Wir mußten ein Diktat schreiben: Hans will Holz hacken. Aber er ist so dumm. Er hackt sich in die Hand. Oh – das tut weh! Hans schreit: Mutter! Mutter! Da kommt schon die Mutter: Lotte, lauf schnell zum Doktor! Der Herr Doktor kommt. Er verbindet die Hand.
Hans muß sechs Tage im Bett bleiben. Und der Herr Doktor sagt: Beil und Messer, Scher und Licht sind fürs dumme Hänschen nicht!
Dann las Frau Kahlfuß uns die Geschichte von der Rübe vor, die alle starken Tiere vergeblich aus dem Acker zu ziehen versuchten, und dann kam ein Spatz und flatterte mit der Rübe im Schnabel davon.
Im Sprachbuch war eine Seite, auf der wir alle Buchstaben ausmalen konnten, die wir durchgenommen hatten. Wie wohl das große Eszett oder Rucksack-S aussah. Das kleine war schon drangewesen. Als alles ausgemalt war, fehlte immer noch das große Eszett. Ich fragte Frau Kahlfuß danach, und sie sagte, das gebe es nicht. Es gebe nur das kleine Eszett.
Das war der größte Beschiß, den die Welt je erlebt hatte.
Auf unserem Grundstück auf dem Mallendarer Berg wurden die Fundamentgräben ausgehoben. Stein auf Stein, Stein auf Stein, das Häuschen wird bald fertig sein.
Einmal kam ich abends an einem Fenster vorbei, aus dem ein Mädchen mit braunen Zöpfen rauskuckte. Das Mädchen war schon im Schlafanzug und sagte: »Ich heiße Daniela.«
An den nächsten Abenden ging ich immer an dem Fenster vorbei, aber Daniela sah ich nicht wieder.
Um irgendwas zu machen, tippte ich auf Mamas Schreibmaschine in Geheimschrift einen Brief an Daniela.
Cjvb kzui qwrcf hjq34hjkg xxfhjhui!
Den Brief steckte ich in einen der Briefkästen an Danielas Haus.
Zum Muttertag malte ich für Mama ein Bild mit Kuchen, Kaffeekanne und Kaffeetasse. Am schwierigsten war der Löffel, aber Mama fand, daß ich den besonders gut gemalt hätte: »Mich laust der Affe!«
Ceh, ah, eff, eff, eh, eh, trink nicht soviel Kaffee, nicht für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die Nerven, macht dich blaß und krank. Der Tchibo-Experte in der Reklame war aber dick und fett.
Für Mama war das Lenorgewissen interessanter, das aus der Hausfrau mit den falsch gewaschenen Pullovern rauskam.
Es knackte, wenn Papa Gewürzgurken und Radieschen aß. Er trank Bier dazu und sagte, daß es mit dem Kellerfußboden im neuen Haus doch länger dauern werde als geplant.
Dann durfte ich zum ersten Mal Aktenzeichen XY ungelöst kucken. Da sah man, wie eine Witwe in den Abendstunden in ihrem abgelegenen Haus ermordet aufgefunden wurde. Die Wohnung war durchwühlt. Kurz vorher war in einem Wochenendhaus in der Nähe eingebrochen worden. Der Täter hatte aus unbekannten Gründen in dem Haus Schüsse abgefeuert, und die Untersuchung hatte ergeben, daß die Projektile aus derselben Waffe stammten, mit der die Witwe
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