Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
wurden Krabben ausgepult, die Granat hießen. Da habe sie einen Japp drauf, sagte Oma. Im Fernsehen wollte sie G’schichten aus dem Theater an der Wien kucken, was aber so langweilig war, daß ich lieber Renate half, in der Hörzu bei Original und Fälschung nach den Unterschieden zu suchen. Da hatte auf einem Bild eine Leiter eine Sprosse weniger als auf dem anderen, oder eine Wolke hatte einen oder zwei Wülste zuviel.
Dann rief Papa an und wollte von Oma wissen, ob sie es noch aushalte mit all den Blagen.
Ins Bett nahm ich wieder die Meckibücher mit, um nochmal zu sehen, wie die Pferde mit Meckis Kutsche über die Milchstraße galoppieren und der Fliegenpeter auf der Insel im Sirupsee rumkriecht.
In Koblenz stand Papa auf dem Bahnsteig und rauchte Pfeife.
Durchs Heckfenster vom Käfer zeigte Renate auf den Mond und sagte, das sei der Fingernagel Gottes. Und der riesenhafte Reifen, der als Werbung für eine Autowerkstatt kurz vor der Horchheimer Höhe an der Straße stand, sei der Autoreifen vom lieben Gott. Das sagte Renate immer, wenn wir da vorbeifuhren.
Am Morgen klingelte ich bei Stracks, aber Uwe war bei einer Tante in Trier und sollte erst nachmittags wiederkommen.
Ich spielte alleine im Wäldchen, bis ich mußte. Um den Weg abzukürzen, lief ich durch den Garten und zur Kellertür runter, aber da mußte ich schon so nötig, daß ich stehenblieb und in den Waschküchengully pinkelte, und als ich Mama die Treppe runterkommen hörte, konnte ich nicht mehr aufhören.
»Dir geht’s wohl zu gut, du Pottsau!« rief sie, und ich kriegte Hausarrest.
Zu Uwe durfte ich dann aber doch noch kurz rübergehen.
Seine Brüder würden immer dämlicher, sagte Uwe, aber Claudia sei am allerdämlichsten. Die hatte jetzt einen Pony, der ihr so tief ins Gesicht hing, daß sie die Haare immer hochpusten mußte.
In Knaurs Kinderbuch in Farben wurde die ganze Welt erklärt. Was es für Berufe gibt und was Autoschlosser, Uhrmacher und Bildhauer für Kleider anhaben, wie es im Maulwurfsbau aussieht, welche Tiere vor hundert Millionen Jahren gelebt hatten, womit sich die Leute vor zehntausend Jahren gekämmt hatten und daß ein Wandersmann fünf Kilometer in der Stunde schafft. Was ist schwerer, ein Kilo Eisen oder ein Kilo Bettfedern?
Das Wildschwein ist ein Allesfresser.
Volker durfte schon wieder mit Kasimirs nach Italien fahren, an die Adria. Er nahm auch die Angel mit, die er da beim letzten Mal gefunden hatte. Hoffentlich fing er nichts.
An einem Samstag mußte Renate den Haushalt machen und auf Wiebke und mich aufpassen, weil Mama und Papa vorhatten, bis zur Dämmerung auf der Baustelle zu wuracken.
Ich wollte unverdünnten Kirsch-Tritop trinken. »Des Menschen Wille ist sein Himmelreich«, sagte Renate und ließ mich, aber ohne Wasser schmeckte der Tritop nicht. Davon krampfte sich einem das Gesicht zusammen.
Renate erlaubte mir auch, in den Wilhelm-Busch-Büchern zu lesen. Bei dem einen fehlte der Schuber, und bei dem anderen war der Rücken lose.
Hänsel und Gretel, wie sie die Hexe in den Kochtopf stoßen und den dicken Menschenfresser in den Fluß werfen. Oder Fipps der Affe, wie er einem Neger, der ihn fangen will, mit dem Schwanz den Nasenring rumdreht. Dem Neger wird das Herze bang, die Seele kurz, die Nase lang!
Hans Huckebein, der Unglücksrabe, der sich selbst erhängt. Und der Eispeter, der beim Schlittschuhlaufen erfriert und beim Auftauen zu Wasser zerfließt, das die Eltern in einem Topf ins Regal stellen.
Bei Krischan mit der Pipe kamen lauter Ungeheuer aus dem Pfeifenkopf, der Runkelmunkel und ein schwarzer Mohr.
Das Bad am Samstagabend: Da rauften sich zwei Brüder in der Wanne, bis sie umkippte und die Brüder ins Bett gesteckt wurden, fast wie Volker und ich.
Unheimlich war das bunte Bild von den zwei Kindern, die sich um einen Apfel stritten, irgendwo in einem düsteren Zimmer.
Dann kamen Tante Therese und Kim zu Besuch. Kim hatte eine Beatlesfrisur, die Papa schauderhaft fand. Renate wollte auch eine haben, und Papa sagte, sie sei wohl des Wahnsinns fette Beute.
Wir fuhren zur Baustelle und dann auf die Festung Ehrenbreitstein. Von oben sah man den Rhein und die Mosel, das Deutsche Eck und Lützel, wo wir mal gewohnt hatten. Lützel sei ein Schandfleck, sagte Mama. Was da für ein Volk versammelt sei, und dann der Müll von den Campingurlaubern am Ufer! Drei Kreuze, daß wir dieses Kapitel hinter uns hätten.
In der Festung Ehrenbreitstein waren früher Leute gefangen-gehalten
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