Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
mangelnder Tüchtigkeit für Unterricht und Erziehung überall zu versagen.
Verrückt. Als ob da so’n paar Sozis drauf und dran gewesen wären, die Monarchie mit Klimmzügen und Barrensprüngen aus den Angeln zu heben.
Peter Nossig versah diesen Radikalenerlaß von 1906 mit handschriftlichen Randglossen:
Dienen nicht auch heute die Berufsverbote ganz bestimmten Interessengruppen bei der Unterdrückung systemkritischer Ideen?
Axel Reinert, der in der Redaktion neu war, plädierte dafür, die Schülerzeitung auf Umweltschutzpapier drucken zu lassen. Das belaste die Umwelt viel weniger als normales Papier, und es sei auch nicht teurer.
»Ja, aber dafür sieht’s Scheiße aus«, sagte Peter Nossig. »Kuck dir doch mal diese Schülerzeitung aus Oldenburg an, dieses eklige Grau, da können wir das alles ja auch gleich auf Eierkartons drucken lassen!«
Darauf erwiderte Axel Reinert, daß es inkonsequent sei, irgendwelche Mißstände in der Politik oder in der Schule anzuprangern und die eigene Zeitung dann aber, nur weil’s schöner aussehe, auf Papier zu drucken, bei dessen Herstellung Schadstoffe freigesetzt würden. Und die Schrift sei auf grauem Umweltschutzpapier genausogut lesbar wie auf weißem.
Nach einer quälend langen Diskussion wurde der Beschluß gefaßt, eine Doppelseite auf Umweltschutzpapier drucken und die Leser abstimmen zu lassen.
»Wir sollten mal ein Buch zusammen schreiben«, sagte Hermann danach zu mir, als wir in der Stadtschänke saßen. Den Titel habe er schon: »Hanni und Nanni und der tendenzielle Fall der Profitrate«.
Von unserer Hamsterzucht war nichts mehr übrig. Die hatte sich durch Sterbefälle und Verkäufe aufgelöst. Und wenn Wiebke den verstorbenen und verkauften Hamstern nachtrauerte, dann allenfalls mit einer Krokodilsträne im Knopfloch. Freedom is just another word for no Goldhamsterbesitz.
Nach dem Läuten legte ich dem Wolfert die Blätter mit Zitaten von Hans-Ulrich Wehler aufs Pult: »Das hier wollte ich Ihnen gern zur Kenntnis bringen ...«
Und ab. Der würde Augen machen.
»Na, Ralle, altes Haus, wie sieht’s denn aus mit deiner Angebeteten?«
»Mit welcher Angebeten? Ach so, mit der! Vergiß es, Mann, vergiß es«, sagte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Die hat ’n festen Freund und ist praktisch schon so gut wie verlobt ...«
Papa mußte einen Vortrag in Mannheim halten, und Mama fuhr mit, um sich bei dieser Gelegenheit eine Fertighaus-Ausstellung in Mainz anzusehen. Danach sollte in Koblenz der Verkaufsvertrag für unser Haus unterschrieben werden, und anschließend wollten Mama und Papa auf Umwegen sogar noch bis zu Tante Hanna fahren.
Irgendwann, das gelobte ich mir, würde ich das Haus in Vallendar zurückkaufen, so als Landsitz, und später dadrin meinen Lebensabend verbringen. Und nicht in irgendeinem blöden Fertighaus aus Mainz.
Abends rief Renate an: Ihre Examensarbeit sei mit Zwei benotet worden und desgleichen die Matheprüfung. »Jetzt noch die Deutschprüfung im Herbst, und ich hab das erste Staatsexamen geschafft!« Die Examensarbeit hatte Renate kühnerweise Astrid Lindgren zugeschickt, ins ferne Schweden, und bildete sich ein, von der ’ne Antwort zu bekommen.
Hermann hatte mir einen Roman von Peter Weiss ausgeliehen. »Der Schatten des Körpers des Kutschers«. Worum es da ging, war mir unklar, und ich verstand erst ganz am Ende, daß der Erzähler dem Kutscher aus dem Romantitel beim Poppen zusah:
Der Schatten des einen Armes des Kutschers war in den Schatten seines Unterleibes hineingebogen und zog daraus einen stangenartigen Schatten hervor, der, der Form und Lage nach, seinem Geschlechtswerkzeug entsprach; diesen aufragenden Schatten stieß er, nachdem die Schatten der Beine der Haushälterin sich hoch über den Schatten der Schultern des Kutschers gelegt hatten, in den schweren, prallen Schatten des Unterleibes der Haushälterin hinein. Der Schatten des Unterleibes des Kutschers hob und senkte sich, in immer schneller werdendem Rhythmus, während die Schatten der Köpfe des Kutschers und der Haushälterin in den Profillinien ineinander verbissen waren.
Lustig. Wieso nahmen wir sowas nicht in Deutsch durch?
In dem Film »Der große Diktator« parodierte Charlie Chaplin den wütend herumschnauzenden Adolf Hitler. Wie dem das wohl damals geschmeckt hatte? Im Dritten Reich war dieser Film natürlich nicht öffentlich aufgeführt worden, doch die oberen Zehntausend hatten ihn bestimmt gesehen. Ob sie da wohl
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