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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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würde, um irgendwann im Herbst den Führerschein zu machen.
    Von meinen drei Paten kriegte ich Geld und Bücher: »Kafkas böses Böhmen« von Tante Dagmar, »Kinder brauchen Märchen« von Tante Gertrud und einen klotzigen Kunstbildband über die italienische Familie Medici von Onkel Dietrich. Der dachte wohl, daß er damit meinen Geschmack getroffen habe, wegen Florenz und so weiter. Die Medici waren Bankiers, Herzöge und Mäzenaten gewesen. Michelangelo hatten sie gefördert und den Bau von Kirchen, Basiliken und Schlössern und immer schön in andere vornehme Familien hineingeheiratet, um an der Macht zu bleiben.
    Ich hätte keine adlige Schnepfe ehelichen mögen, nur um meiner Sippe einen Gefallen zu tun.
    Für die Schülerzeitung wollten wir die wichtigsten lokalen Parteivertreter interviewen. Hermann hatte bei der CDU angerufen und einen Termin mit dem Bundestagsabgeordneten Rudolf Seiters vereinbart. Kommenden Freitag um 17.30 Uhr in der Meppener CDU-Geschäftsstelle.
    Unser Plan war, das Interview mit meinem alten Neckermannrekorder aufzunehmen und Seiters mit Zitaten aus dem Munde des Kanzlerkandidaten Strauß zu konfrontieren.
    Hermann hatte darüber hinaus noch die gute Idee, daß wir uns für das Pfingstferienlager der Jusos in Köln anmelden könnten. Drei Tage und Nächte am Rhein, mit Musik und Kneipengängen, und es würden sicherlich auch ein paar Mädels mitfahren.
    Immer, wenn im Radio eine Nachricht mit den Worten »Im Alter von ...« begann, durfte man davon ausgehen, daß sich ein Prominenter zu den Englein gesellt hatte. Diesmal war es Alfred Hitchcock.
    Dem hätte ich ein längeres Leben gewünscht.
    Der neue Mathelehrer hatte lange Haare, und er gab mir sieben Punkte für eine total verhauene Klausur. An den würde ich mich halten müssen, bis zum Abitur.
    Mit meinem Antwortbrief an Michael tat ich mich schwer. Ich hatte auch gar keine Lust dazu.
    »Und ihr habt ’ne Schwatte?« fragte mich der Bohnekamp. Er meinte die neue Austauschschülerin aus Douai, ein dunkelhäutiges Mädchen namens Danielle, über dessen Gefräßigkeit selbst Wiebke sich schon gewundert hatte.
    Vorm Zubettgehen rauchte ich am offenen Fenster noch eine von Vollker geschnorrte Camel und fühlte mich dabei so einsam wie Jean Gabin in dem Spielfilm »Hafen im Nebel«.
    Um vor der CDU-Geschäftsstelle standesgemäß vorfahren zu können, hatte Hermann sich das Auto seines Vaters geliehen. In meinem Zimmer schrieben wir die Fragen auf, mit denen wir Rudolf Seiters triezen wollten.
    »Der wird verdammt alt aussehen«, sagte Hermann.
    Die Geschäftsstelle der CDU zu betreten, das war wie ein Ausflug in Feindesland. Wir wurden aber ganz freundlich begrüßt und von Rudolf Seiters persönlich mit Pesi-Cola bewirtet, in seinem Büro.
    Das Interview fing damit an, daß wir den Zettel mit unseren Fragen nicht finden konnten. Der mußte noch in meinem Zimmer liegen. Hermann fuhr ihn holen, und ich saß alleine da mit Rudolf Seiters. Er sah auf seine Armbanduhr und fragte mich, ob ich etwas dagegen hätte, wenn er die Zeit nutze, um ein bißchen Ordnung in seine Unterlagen zu bringen. Hatte ich natürlich nicht.
    Es dauerte ewig, bis Hermann mit dem Zettel in der Klaue zur Tür hereinkam. Meine Pepsi-Cola-Flasche hatte ich da schon fast ausgepichelt. Eine kleine Pfütze ließ ich drin, damit der Seiters mir nicht noch eine Flasche anbieten mußte.
    Ich stellte den Rekorder an und begann mit der ersten Fangfrage: »Wie schätzen Sie Franz-Josef Strauß ein?«
    »Franz-Josef Strauß ist ein erfahrener, tüchtiger Politiker mit vielen Freunden und vielen Gegnern«, sagte der Seiters. »Er hat in hohen Ämtern, zuletzt als Finanzminister der Großen Koalition und als bayerischer Ministerpräsident, mit großem Erfolg für die Demokratie in Deutschland gearbeitet, und wer sich die weltpolitische und die innenpolitische Lage ansieht, der kann selber feststellen, daß Strauß schon sehr viel früher und sehr viel besser als andere die auf uns zukommenden Probleme und Gefährdungen erkannt hat.«
    Das konnten wir so nicht stehenlassen. »Folgendes Zitat aus der berüchtigten Sonthofener Rede Ihres Kanzlerkandidaten«, sagte Hermann. »’Und jetzt hier in demokratischer Gemeinsamkeit zu sagen, wir Demokraten in SPD/FDP und CDU/CSU, wir halten also jetzt nun zusammen in dieser Situation, hier müssen wir den Rechtsstaat retten – das ist alles blödes Zeug. Wir müssen sagen, die SPD und FDP überlassen diesen Staat kriminellen und

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