Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Ende der Diskussion.
Im Spiegel stand, daß im Iran in den vergangenen zwei Monaten mehr als einhundertdreißig Rauschgifthändler hingerichtet worden seien. Was hatte da der Staatspräsident Banisadr eigentlich noch zu sagen?
Und dann Großbritannien: 21,9 % Inflation. Arme Tante Therese!
Manche Platten, die man auf Kassette überspielen wollte, konnte man sich vom Buddrich leihen, auch wenn der sonst nicht viel auf dem Kasten hatte. Mir borgte er eine LP von Ougenweide.
Wol mich der stunde, daz ich sie erkande,
diu mir den lîp und den muot hat betwungen …
Dabei mußte ich an Heike denken.
Daz ich gescheiden von ir niht enkan,
daz hât ir schoene und ir güete gemachet,
und ir rôter munt, der sô lieplîchen lachet.
Heikes Lippen durfte ich aber nicht einfach so berühren. Da war sie empfindlich.
In der Fernsehsendung Panorama seiberte der Kommentator Winfried Scharlau, und Mama sagte: »Der mit seinem feuerroten Blubbskopf!«
Und der hatte wirklich einen feuerroten Blubbskopf. Über Mamas Bemerkung mußte ich noch lachen, als ich schon halb eingeschlafen war: »Der mit seinem feuerroten Blubbskopf …«
»Freakadellen und Bulletten« hieß das neue Buch von Gerhard Seyfried. Das hatte irgendwer der Schülerzeitungsredaktion geschenkt oder da vergessen. Ich fand den geschirrspülenden Freak am lustigsten und den Mao-Bibel-fressenden Chinesen. Eine Mao-Bibel hatte ich noch nicht in die Finger gekriegt, und darauf konnte ich auch verzichten. Wenn ich in China gelebt und mich einer dazu vergattert hätte, ein Mao-Porträt durch die Straßen zu tragen, wäre ich ausgeflippt. Etwa so, wie wenn ich ein Transparent mit dem Kürbis von Konrad Adenauer quer durch Meppen hätte asten sollen.
Am Mittwoch fuhr Mama mit mir in die Stadt, zu Leffers, ’ne neue Hose kaufen. Kotz. Wie ich das haßte! Sich bis auf die Unterhose ausziehen, hinter einem schlabbrigen Vorhang, und dann auf die Schnelle irgendwie ’ne Büxe ausprobieren …
Dann radelte ich zu Heike, aber da war es auch wieder schwierig.
»Wenn du mich so unvermittelt anfaßt, dann fühl ich mich unter Druck gesetzt«, sagte sie. »Dann mach ich zu! Weiß ich auch nicht, aber das ist nun mal so.«
An Heike durfte man sich nur ganz behutsam heranmachen. Am besten war’s, wenn man so tat, als ob man gar nichts von ihr wollte, außer Schmusen, denn sonst machte sie gleich wieder »zu«.
Als ihre Eltern einmal nicht da waren, ging Heike nackt ins Bad, und ich rief ihr nach: »Dir hängt da was raus!«
Denn ihr hing da so ein blauer Faden zwischen den Beinen raus.
Sie kringelte sich über meine Dämlichkeit. Aber woher hätte ich wissen sollen, daß solche Fäden dazugehörten, wenn eine Frau ihre Tage hatte?
Scheibenhonig – beim Zusammenlegen der neuen Schülerzeitung stellte ich fest, daß ich vergessen hatte, die Rubbelbuchstaben über dem Interview mit der FDP -Politikerin Helga Pohlschröder-Brunn zu korrigieren, und jetzt stand da:
Fragen an Helga Pohlsenröder-Brunn
»Das wird ’ne lange Nacht für dich«, sagte Hermann. »Dir ist doch wohl klar, daß du das jetzt fünfhundertmal von Hand verbessern mußt!«
Nicht im Traum. Und schon gar nicht für Frau Pohlschröder-Brunn von der FDP .
Am Freitag lag ein Brief meines alten Bundesgenossen Michael Gerlach auf der Treppe, abgesandt aus Vallendar bei Koblenz, wonach ich immer noch Heimweh hatte, obwohl der Umzug schon fünf Jahre her war.
Es hat lang gedauert, doch nun bin ich wieder da. Gestern und vorgestern war ich so fertig, daß ich keinen Füller mehr halten konnte. Jeweils acht Stunden Tücherpacken bei Kleenex hatten mich geschafft. Heute geht’s wieder, denn erstens hab ich mich inzwischen dran gewöhnt, und zweitens haben wir heute sowieso nur rumgestanden, weil der Nachschub an zu verpackenden Tüchern ausblieb. In dieser Woche arbeite ich von 6 bis 14 Uhr, nächste von 14 bis 22 Uhr, übernächste wieder von 6 bis 14 Uhr usw. Schwer ist die Arbeit ja nicht gerade, aber sowas von eintönig hab ich noch nie zuvor erlebt, und das will was heißen. Schließlich bin ich einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der Eintönigkeit und der Langeweile. Glaub’s mir, im Vergleich mit Kleenex ist die Schule der reinste Kirmesplatz. Acht Stunden am Tag immer die gleichen Handbewegungen, das ist doch Wahnsinn.
Dem Holger geht’s beim Barras natürlich noch dreckiger. Er kommt nach Schwarzenborn (Blackborn City), überall berühmt-berüchtigt für seine Abgeschiedenheit
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