Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
da als Dienstmädchen zu spüren bekommen. »Und ich kann dir eins versichern: Mein Vater war kein Nazi!«
Sondern nur ein ganz ordinärer Parteigenosse, so wie Millionen andere. Ein Mitläufer. Oder, genauer gesagt, ein Arschkriecher, ein mieser.
Den Weg ins Exil hatte Opa Jever doch keine Sekunde lang in Betracht gezogen.
Papa fuhr mit Mama nach Wilhelmshaven zum Reinhard-Nieter-Krankenhaus, wo sie nun operiert werden sollte.
Beim Verkauf der neuen Schülerzeitung saßen Hermann und ich in der Eingangshalle beisammen. Die et cetera Numero sechs war ein Verkaufsschlager, obwohl kein Schweinkram drinnestand.
»Ich komm mir hier fast schon vor wie so’n betrügerischer Dealer, der statt Heroin nur Dash verkauft«, sagte Hermann.
In der Stadtschänke begossen wir nach Schulschluß den Erfolg unserer Verkaufsaktion.
»Und nun mal ehrlich, alter Junge – du hast doch was mit Heike Schmitz, oder irre ich mich?« fragte Hermann.
Ich sagte, daß das noch nicht spruchreif sei und daß er sich besser zurückhalten solle, vor allem gegenüber Henrik Osterlohe.
»Schon klar«, sagte Hermann. »Schon klar.«
Auf ihn war Verlaß.
Mit der Post waren neue Rezensionsexemplare eingetroffen. In einem davon, das in einem linken Kleinverlag erschienen war, ging es um den Tod Ulrike Meinhofs. Hatte die sich in ihrer Zelle wirklich selbst erhängt? Zu den Autopsiebefunden, so stand es in dem Buch, hätten schwerer Blutandrang in den äußeren Geschlechtsteilen, Quetschungen an beiden Waden, eine Quetschung im rechten Hüftbereich und eine mit geronnenem Blut bedeckte Abschürfung an der linken Hinterbacke gehört. Gefehlt hätten aber die für einen Erhängungstod typischen Symptome, nämlich Blutungen in der Schädelschwarte, in den Augenbindehäuten, in der Gesichtshaut und der Rachenschleimhaut, in den Gaumenmandeln, in den Lymphknoten und im Trommelfell, und die Strangulationsfurchen hätten auch an der frischen Leiche erzeugt werden können. Außerdem sei die Halsschlinge mit einer Länge von 80 bis 82 Zentimetern und einem Kreisdurchmesser von 26 Zentimetern für den Tod durch Erhängen zu groß gewesen:
Eine Aufhängung der Leiche kann nur dann in solch einer Schlaufe erfolgen, wenn dazu die Totenstarre benutzt wird.
Außerdem hätte der aus einem Gefängnishandtuch hergestellte Strick einer ruckartigen Belastung gar nicht standhalten können.
Sollte man daraus nun folgern, daß Ulrike Meinhof umgebracht worden war? Von den Schergen der Bullenrepublik Deutschland?
Eins der anderen Rezensionsexemplare hieß »Das neue Schwarzbuch Franz-Josef Strauß«. Was der so alles ausgeklügelt hatte bei seinen undurchsichtigen, skandalumwitterten Geschäften mit der Firma Lockheed, der Aktiengesellschaft FIBAG , einem gewissen »Onkel Aloys« und dem »Ochsensepp«. »Wer noch einmal ein Gewehr in die Hand nimmt, dem soll die Hand abfaulen!« hatte Strauß als junger Abgeordneter verkündet und ein paar Jahre später als Verteidigungsminister nach Atombomben gegiert. Von den Starfightern, die er als erster geordert hatte, waren inzwischen 209 abgestürzt, wobei 92 Menschen den Tod gefunden hatten.
Und wie Strauß das Parlament und die Nation 1962 in der Spiegel -Affäre angelogen hatte. »Ich habe mit der Sache nichts, im wahrsten Sinne des Wortes nichts zu tun!« Und dabei war er der Drahtzieher gewesen. Und in der kritischsten Nacht der Kuba-Krise, die um ein Haar zum Dritten Weltkrieg geführt hätte, war Strauß als Oberbefehlshaber der bundesdeutschen Streitkräfte stockbesoffen gewesen und hatte über einen SPD -Abgeordneten gesagt: »So etwas gehört eigentlich aufgehängt!« In der Morgendämmerung war Strauß dann aus einem Parkgebüsch geborgen worden, das er vollgereihert hatte.
Der als Bundeskanzler?
Und dann noch seine Liebedienerei gegenüber faschistischen Diktatoren wie dem Schah von Persien oder Pinochet und die engen Kontakte zu rechtsextremistischen Sekten in aller Welt und die Bezeichnung politischer Gegner als »Ratten und Schmeißfliegen« …
In der Schülerzeitung würde ich ein paar klare Worte dazu sagen.
Der Anwalt der Omi, die mich mit ihrem Auto im Juni übergemangelt hatte, erhob sich auf die Hinterbeine und behauptete frech, daß der Unfall von mir selbst verschuldet worden sei. Nach der Darstellung dieses Menschen sei ich plötzlich auf meinem Rad hinter parkenden Autos hervorgeschossen und hätte dann die Fahrtrichtung gewechselt.
Um dem was entgegenzusetzen, stellte Onkel Rudi, der ja
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