Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
der Karte und die Briefempfänger auf, endlich den Krefelder Appell zu unterschreiben. Dann handelst Du politisch, hähähähänaja, und außerdem tu ich dann Karten kriegen von ganz friedensliebe Leute, gell?
Und wenn die Erwähnung dieses hirnrissigen Kettenbriefs im Guinness Book of Records allein an meiner Weigerung scheitern sollte: Ich würde da nicht mitmachen. Schon beim einmaligen Kopieren wären mir die Finger abgefault.
Na, mal sehen, was Astrid sonst noch so geschrieben hatte.
Ich bin neulich an der Freiburger Hauptpost fast erschlagen worden. War ich doch allzu früh (nämlich auf dem Bürgersteig) aufs Rad geklettert, um die Auffahrt zur Straße runterzufahren. Da ertönte hinter mir ein wüstes Geschimpfe. Irgendein Meckergreis regte sich mit der ganzen Schuftigkeit seines Alters über mich auf. Als ich ihn zur Rede stellte, wollte er mich »totschlagen«. Einer der wenigen Momente, in denen ich gerne mal jemandem eine geschmiert hätte!
Mit älteren Leuten hab ich’s sonst vorwiegend im Präp-Kurs zu tun; einerseits sauarrogante, standesbewußte Doktoren und Profs und andererseits Leichen, die nach Formalin und ranzigem Fett stinken. Der Umgang mit Leichen ist aber, wie gesagt, nicht so schrecklich, wie ich zuerst gedacht hatte, weil sie nach der langen Formaldehyd-Behandlung eher wie graue Wachspuppen aussehen. Nur die Männerleichen mit Bierbauch sind unangenehm, weil man das viele Fett runterkratzen muß. Und das Formalin reizt die Schleimhäute manchmal schlimmer als Zwiebelschneiden. Aber wenigstens habe ich noch kein zynisches Wort über die Toten gehört.
Leider muß man für Anatomie entsetzlich pauken, ebenso für Chemie, wo ich leider keinen Durchblick habe.
Das wäre auch für mich nichts gewesen. Chemie büffeln und Leichen zerteilen und später als Doktor dann Stuhlproben untersuchen und in blutigen Körperorganen stochern …
Der interessanteste Kurs wird von den Med.-Soziologen abgehalten: Da geht es um »Medikamentöse Therapie«, um Pharmakonzerne und
-werbung. Diese Vorlesungen werden – da sie freiwillig sind – von den zukünftigen bundesdeutschen Ärzten leider nur spärlich besucht.
Ein Erfolgserlebnis gab’s vorgestern: Ein Prof wollte durchsetzen, daß sein Biochemie-Praktikum statt halbjährig ganzjährig läuft und der Einstieg nur zum Wintersemester möglich ist. Dagegen wurde lange gekämpft; die Einschreibung wurde boykottiert (hätte der alte Sack seinen Plan durchgekriegt, wäre für die Boykotteure ein fünftes Semester vorm Fiesikum fällig geworden!), und alle 30 Fachratsmitglieder wurden von verschiedenen Leuten planmäßig bequatscht. Die Chemieprofessorin (nette alte Dame) beglückwünschte uns sogar zu unserer Solidarität!
Jedenfalls brachten wir es fertig, daß sich die alten Kracher im Fachrat endlich mal so richtig in die Wolle kriegten und daß der Einstieg jetzt halbjährlich möglich ist.
Nun aber Schluß mit den Kinkerlitzchen. Schreib mal, wie’s Dir so geht!
Das konnte ich zwar tun, aber erstens war Astrid immer noch die Freundin meines besten Freundes, und zweitens nervte mich dieser Kettenbriefkäse.
Tante Dagmar hatte Olaf eine Stelle als Hiwi im Funkhaus Hannover vermittelt, für sechs Wochen, und Mama fuhr immer wieder zum Babysitten nach Bonn, damit Renate ihrer neuesten befristeten Tätigkeit als Lehrerin nachgehen konnte.
Wie das bloß noch werden sollte mit der Familie Blum. Da blickten Renate und Olaf wahrscheinlich selber nicht durch.
Als Kanzlerkandidaten hatte die SPD einen ausdruckslosen Bürokraten aus der zweiten Reihe nominiert: Hans-Jochen Vogel. Der würde sie nicht mitreißen, die Massen. Das sah man ihm an.
Der neue Generalsekretär der KP d SU hieß Juri Andropow. Wie sie das nach Breschnjews Tod wohl ausgewürfelt hatten im Kreml? Wer sich als erster bewegt, der scheidet aus?
Von »Pax Christi« und dem Meppener »Arbeitskreis für Frieden und Abrüstung« sowie der »Friedensinitiative Meppen« wurde ich schriftlich zu einer Lesung aus meinem Bundeswehrtagebuch eingeladen, die am 20. November stattfinden sollte, während der »Meppener Friedenswoche«, und ich sagte zu. Damit wäre in der bis Weihnachten verbleibenden Zeit dann auch mein Soll an Meppenvisiten erfüllt.
Unter dem Namen »Pax Christi« hätte man auch einen geweihten Alleskleber vermarkten können.
Neues von der RAF : Nach Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz hatte die Polizei auch Christian Klar gecasht, und zwar in einem Waldstück bei
Weitere Kostenlose Bücher