Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
mobile hinter den Magneten her, die Lukas ihr vorne drangehängt hatte. Von uns war Papa der einzige aus der Familie, der schon mal geflogen war.
Den Garten bepflanzten Mama und Papa mit Feuerdorn, Weigelien, Flieder, Forsythien, Sanddorn und Zierjohannisbeeren. Mama zeigte uns, was davon was war. Blutpflaumen, Mandelgehölze und jugoslawische Fichten. An die Terrassenseite kamen Kletterrosen hin und neben die Garageneinfahrt zwei Birken, die ich von meinem Zimmer aus sehen konnte.
Papa fluchte über das Scheißding von mechanischem Rasenmäher, weil bei dem in einem fort die Walze klemmte.
Beim Erntedankgottesdienst, der Pflicht war, stand eine Schale mit Obst und Gemüse auf dem Altar. »Das ist nur der Rest, den Schweinebraten hat der Liebisch aufgefressen«, sagte Michael Gerlach, und ich mußte mir die Nase zuhalten, um das Lachen zu unterdrücken. Der Liebisch war so dick, daß man bei der Predigt dachte, gleich bricht die Kanzel ab.
Wichtig war auch, nur mit Hand vorm Mund zu gähnen, sonst gab es Saures.
Die Predigt dauerte lange. Mit welchem Rechte feiern wir das Erntedankfest? Doch wohl mit dem Rechte, das uns aus dem ersten Buch Mose im achten Kapitel entgegenscheint, wo der treue Gott verspricht, daß erst mit dem Untergang der Erde auch Säen und Ernten aufhören sollen. Wie aber sollen wir nun das Erntefest feiern? Ich nehme die Antwort aus der vierten Bitte des heiligen Vaterunsers. Erstens mit Danken, zweitens mit Beten, drittens mit geweihter Mitarbeit im Reiche Gottes.
Rhabarber, rhabarber. Auf die Häupter seiner undankbaren Kinder werde Gott glühende Kohlen häufen. Wenn wir aber recht danken, dann gewinnen wir auch den Mut zu beten …
Aua, sagt der Bauer, die Äpfel sind zu sauer.
Volker war zu Ohren gekommen, daß man beim Forstamt Geld für Kastanien kriege. Mama sagte, wenn wir nicht mindestens 25 Pfund sammelten, könnten wir gleich zuhausebleiben.
Im Weitersburger Weg in Vallendar standen Kastanienbäume. Wir asteten von da vier große Einkaufstüten den Berg hoch. Bei einer rissen oben auf der Sprungschanze die Henkel ab, und die ganzen Kastanien kugelten und sprangen die Straße runter. »Bloß weg hier«, sagte Volker. »Wenn da einer drauf ausrutscht und sich die Gräten bricht, sind wir dran!«
Die übrigen Tüten verstauten wir im Kleiderschrank, und da blieben sie liegen, weil wir nicht wußten, wo das Forstamt war.
Hausaufgaben. Kaffee ist ein Getränk für die ältere Generation, schrieb ich, und Mama wollte wissen, woher ich diesen Ausdruck hätte. Den hatte ich aus dem Fernsehen, von Mosaik, dem Magazin für die ältere Generation.
Volker hatte sich mit dem strohblonden Hansjoachim angefreundet, der schräg gegenüber wohnte, einen Schäferhund sein eigen nannte und Mitglied im Tennisverein war. Vom Nacken bis zum Hinterkopf war Hansjoachim kahlrasiert, weshalb er bei Papa nur »der kurzgeschorene Hundeführer« hieß.
Vor Mama machte Hansjoachim immer einen Diener bis zum Fußboden, aber den Schäferhund wollte sie nicht ins Haus lassen. Ganz geheuer war mir der auch nicht.
Ich steckte jetzt öfter mit Michael Gerlach zusammen, der sich im Wambachtal gut auskannte und eine Fratze schneiden konnte wie Doof von Dick und Doof.
Er zeigte mir eine Stelle, wo Lianen hingen, an denen man schwingen konnte wie Tarzan. Nicht von einer zur anderen, nur hin und her, aber das war schon was.
Im Wambach veranstalteten wir ein Blätterwettrennen und bauten einen Staudamm aus Steinen und Stöcken. Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp klapp! In der Erde stießen wir auf appe Tassenhenkel, Klokachelsplitter und Scherben von Suppentellern.
Bei der Jagd auf Komantschen entdeckten wir eine Schabracke mit einer Tür, die schief in den Angeln hing. Zwei schmutzige Matratzen, vergilbte Illustrierte, kodderige Decken, Kerzenstümpfe und ausgesüffelte Bierflaschen. In der Ecke lag eine Büchse mit Seifenpaste: Grüne Tante. Damit wuschen wir uns im Wambach die Hände.
Mama erwischte mich, als ich mir vorne auf der Treppe im Sitzen die Schuhe runtertrat, ohne die Schnürsenkel aufgemacht zu haben. »Wirst du wohl! Die guten Schuhe!«
Als das Telefon klingelte und ein Mensch vom BWB Papa sprechen wollte, kam er im Panzeranzug aus der Garage rauf, mit ölig-schwarz verschmierten Händen.
Um Wiebke mal was vorspielen zu können, suchte ich mir in der Schulbücherei ein Buch mit Kaspertheaterstücken aus, aber die waren unter aller Kanone. Da traf Kasperle in Afrika den
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