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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Hat nichts gesehen. War nur zufällig in der Nähe des Tatorts. Die Auffinderin hat ihn ferngehalten.«
    Das Feuerzeug des Sargträgers funktionierte nicht. Mit einer Bewegung, als würde er einen Colt ziehen, warf ihm der Kommissar ein Feuerzeug zu. Der Bestatter war zu langsam, es fiel zu Boden. Flipper schaute mich fragend an. »Bleib«, sagte ich.
    »Danke«, sagte der Kommissar zu dem grünen Schupo. Der Bestatter zündete seine Zigarette an und warf das Feuerzeug zurück. Es kam mir vor, als würde er absichtlich neben den Kommissar werfen, doch so schnell der im Ziehen war, so schnell war er auch im Fangen. Ein cooler Griff, und er hatte es. Während er es einsteckte, in die Hosentasche seiner schwarzen Jeans – ob er wohl rauchte, das passte gar nicht zu seinem sportlichen Aussehen – wendete er sich wieder mir zu.
    »Und Sie haben den Jungen zufällig getroffen?«
    »Er kam mit dem Fahrrad. Ich habe ihn gefragt, wo genau wir uns befinden und wo es ein Netz hat. Dann habe ich Flipper bei ihm gelassen und bin losgerannt – ja, und dann ging es ziemlich schnell, ich glaube, ich habe keine zwanzig Minuten gewartet, da waren Sie schon da.«
    »Achtzehn Minuten«, korrigierte der Beamte, ehe er sich an die Mütze tippte und verschwand.
    »Bei mir hat es leider länger gedauert«, gestand der Kommissar. »Es freut mich, dass Sie gewartet haben, Frau Fischer. «

    Das klang so, als würde er sich persönlich darüber freuen, nicht bloß als Kommissar. Wahrscheinlich seine Masche zur Zeugenmotivation.
    »Haben Sie an der Leiche irgendetwas verändert?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sie haben sie nicht angefasst?«
    »Um Himmelswillen! Nein!«
    »Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen?«
    »Nein.«
    »Haben Sie etwas berührt oder …«
    »Ich war oben am Hochsitz. Ich dachte, dass ich da vielleicht ein Netz kriege.«
    »Haben Sie dort etwas berührt oder verändert?«
    »Ich bin die Leiter hoch und habe mich wahrscheinlich festgehalten. Genau weiß ich das nicht mehr. Sie werden bestimmt Fingerabdrücke von mir finden.«
    Der Kommissar lächelte. In seinem linken Mundwinkel ging ein halber Mond auf.
    »An verwittertem Holz lassen sich in der Regel keine Fingerabdrücke sichern«, erklärte er. Das Grübchen ging unter.
    »Die Leiter ist doch recht marode, oder?«, bemühte ich mich mitzuarbeiten.
    »Keine Sprosse ist angesägt«, sagte der Kommissar und wollte dann wissen: »Haben Sie außer dem Jungen noch jemanden gesehen?«
    Wieder schüttelte ich den Kopf.
    »Ist er eigentlich von selber runtergefallen oder ermordet worden?«, fragte ich.
    Der Kommissar schaute in den Himmel, als würde er dort eine Antwort ablesen, und dann schaute er mich an. Seine
Augen waren blauer als der Himmel. Eigentlich mag ich blaue Augen nicht so gern, weil ich selber welche habe. Ich könnte mir die Haare mal wieder dunkel färben, am besten schwarz , dachte ich, weil blau und schwarz einen interessanten Kontrast bildet, wie ich am Kommissar viel zu deutlich wahrnahm, aber vielleicht blieb ich doch besser bei Saharablond, so wie ich auch nicht beabsichtigte, in behördlichen Fragebögen ein anderes Kästchen als ledig zu durchkreuzen.
    »Sie sind also nicht aus der Gegend?«, fragte der Kommissar.
    »Ich wohne in München«, erwiderte ich. Das Thema hatten wir bereits erörtert.
    »Tagesfreizeit?«, wollte er wissen.
    Ich fand das anzüglich. Wie in Kontaktanzeigen. Füllige Dame, gern mit großer Oberweite und Tagesfreizeit gesucht.
    »Ich bin Yogalehrerin«, sagte ich, was nicht gelogen ist. Ich musste ja nicht ausführen, dass ich diverse Trainerinnenscheine habe. Yoga erschien mir passend. Atmen statt amoken.
    »Und Sie haben tagsüber keinen Unterricht?«
    »Vormittags und ab Spätnachmittag wieder.«
    »Schön für Flipper.«
    Ich nickte.
    »Sieht man ja nicht oft, dass ein Hund ein braunes und ein blaues Auge hat«, sinnierte der Kommissar. »Er ist nicht taub, oder?«
    »Auf mich hört er«, sagte ich und ordnete den Kommissar als Hundekenner ein. Blaue Augen konnten ein Hinweis auf Taubheit sein. Flipper gefiel diese Wertschätzung keineswegs.
Er kehrte den Mastino Napoletano raus. Den Kommissar beeindruckte sein leises Grollen nicht.
    »Da haben Sie es ja gut getroffen mit Ihrem Job.«
    »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Heute habe ich es nicht gut getroffen«, erinnerte ich ihn an den Grund unserer Bekanntschaft.
    »Und machen Sie das öfter?«, fragte er.
    »Leichen finden?«
    »Nein, das ist wohl eher mein Job.«
    »Und

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