Alle Vögel fliegen hoch
investieren viel Zeit und Liebe in ihr Hobby, und dann werden ihnen ständig ihre Tauben geschlagen.«
»Wie Fische vom Kormoran.«
»Ja. Da greift man schon mal zur Selbsthilfe. Die Herren
Ringmaier und Hartl behaupten unisono, dass eine halbe Million Tauben jährlich von Greifvögeln getötet wird. Für sie ist jede Taube, die nicht heimkommt, ein Opfer vom Greifvogel. Bei Herrn Ringmaier haben wir diverse Schusswaffen gefunden. Ein Waffenschein ist nicht vorhanden. Summa summarum sieht es so aus, dass Klaus Hase ein paar Beweise zusammengetragen und sie Walter Hartl präsentiert hat. Er wollte ihn nicht anzeigen, er wollte, dass er aufhört, Fangkörbe und Tellereisen auszulegen. So viel wir wissen, war Klaus Hase ein verträglicher Typ. Er wollte in Ruhe gelassen werden und hat nicht sehr viel Kontakt zu Menschen gehabt, schon gar nicht zu Einheimischen, was unsere Ermittlungen erschwert hat. Wir vermuten, dass Klaus Hase sich wohl auch bewusst darüber war, dass eine Anzeige wahrscheinlich im Sande verlaufen würde. Irgendwann hat Klaus Hase den Walter wieder erwischt, als er einen ausgelegten Fangkorb von Rudi eingesammelt hat. Klaus und Walter gerieten in Streit. Klaus Hase konnte wohl – dafür gibt es mehrere Aussagen – sehr gut reden. Er hat Hartl provoziert. Und jetzt kommst du ins Spiel.«
»Ich?«
»Klaus Hase behauptete vor Walter Hartl, er hätte eine Freundin mit einem Hund, der alle Fangkörbe aufspüren würde, und die Freundin hätte mit seinem Handy auch einen Film von Walter aufgenommen, auf dem deutlich zu sehen sei, wie er einen Habicht töte. Fakt ist, dass Klaus Hase bei einem Falknerkurs tatsächlich eine Frau mit Hund kennengelernt hat, die ihm wohl auch recht gut gefallen hat. Hier im Umkreis kannte er unseres Wissens keine solche Frau. Als Klaus Hase dann tot war, befürchtete Walter Hartl, du würdest
ihn hochgehen lassen. Da das nicht passierte, glaubte er, du würdest etwas gegen ihn planen. Dem ist er zuvorgekommen. In den wesentlichen Punkten ist er geständig.«
»Und wie ist Klaus Hase gestorben?«
»Walter Hartl hat ihm mit dem Ast, den Flipper gefunden hat, auf den Kopf geschlagen. Im Affekt, sagt sein Anwalt, sie hätten gestritten. Klaus Hase ergriff die Flucht. Verfolgt habe Walter Hartl ihn nicht, sagte er im Beisein seines Anwalts aus, während er vorher behauptet hatte, Hase sei von allein runtergefallen. Wir glauben, dass Hartl ihn bis auf den Hochsitz verfolgt hat und ihn runterschüttelte oder -zog. Unsere Aufgabe ist es nun, den wahren Tathergang zu rekonstruieren. Wahrscheinlich würde Klaus Hase noch leben, wenn der Täter nach dem Sturz sofort Hilfe geholt hätte. Wie er leben würde – inwieweit er beeinträchtigt wäre – das wissen wir natürlich nicht. Alle Verletzungen an der Leiche lassen sich mit einem Sturzgeschehen vereinbaren, durch den Sturz kam es wie gesagt auch zu den Einblutungen am Gehirn, die todesursächlich waren. Die Kopfplatzwunde an der sogenannten Hutkrempe ist ganz typisch für eine Sturzverletzung. Sonst waren am Körper der Leiche keine weiteren mechanischen Gewalteinwirkungen vorhanden. Wir haben keine Haltegriffverletzungen oder Hämatome. Im Scheitelbereich haben wir allerdings die Schlagverletzung. Das hat Walter Hartl ja gestanden. Diese Verletzung in der Scheitelregion passt eben nicht zu einem Sturz, vor allem nicht, wenn man versucht, das am Hochsitz zu rekonstruieren. Sie passt eher zu einem Hinterhalt – wie gesagt, Spuren eines Kampfgeschehens an der Leiche fehlen. Klaus Hase kann also durch die Schläge auf
seinen Kopf stark beeinträchtigt gewesen sein. Es müssen mindestens zwei Schläge gewesen sein, denn nur so erklären sich die Spuren an dem Ast, den Flipper gefunden hat. Erst bei einem zweiten Schlag benetzt sich der Gegenstand mit dem Blut, das bei einem ersten Schlag entstanden ist. Er kann auch beim nach oben Klettern gestürzt sein. Vielleicht konnte er sich nicht mehr halten, nicht mehr wehren, ihm wurde schwindlig, er fiel. Herzprobleme, die zum Sturz führten, können wir nach der Autopsie ausschließen. Wenn die Harnblase voll ist, spricht das immer für eine längere Sterbephase. Aber derzeit können wir noch nicht abgrenzen zwischen Tötung und Unfall. Also sprechen wir hier vielleicht von Körperverletzung mit Todesfolge.«
»Und nach der Tat – wie auch immer sie geschehen sein mag – ist dieser Walter Hartl in Klaus Hases Wohnung eingebrochen – warum hat er das Handy nicht gefunden? Wo war das
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