Alle Vögel fliegen hoch
.
»Dem Hund nach!«, würde Felix befehlen.
»So ein Quatsch«, würde Moppelchen sich beschweren.
»Schnauze!«, würde Felix bellen und Flipper hinterherspurten, wie alle anderen auch.
Die ganze Polizei von Bayern hinter Flipper, der das Heer anführte. Durch den Wald und über die Wiesen, und das fänden auch die Vögel interessant, neugierig würden sie sich aus ihren Nestern beugen, sich aufplustern und die Köpfchen nach oben und unten ruckten und dann mitfliegen, alle Vögel fliegen hoch in den Sonnenaufgang hinein. Habichte, Bussarde, Falken, Tauben, Spatzen, Amseln, Drosseln, Finken und Stare und die ganze Vogelschar – ein einziger großer Schwarm, hinter Flipper her. Mein Freund ist Flipper, Flipper, gleich wird er kommen.
25
Und dann war es auf einmal doch wie im Fernsehen. Als wäre ich auf dem Sofa eingeschlafen. Ich wachte auf von Getrampel und Rufen und dem Flattern der Tauben. Es war hell, und ich blinzelte, und plötzlich sprang die Tür auf, und ich sah Felix, den ich zuerst nicht erkannte, weil er gefährlich wirkte inmitten der schwarz gekleideten, behelmten Männer, die mit ausgestreckten Armen Waffen im Anschlag hielten. Mit zackigen Bewegungen nahmen sie den Raum in Besitz. »Gesichert!«, brüllte einer, und dann brüllte Felix. »Franza!« Zwei Sprünge später kniete er an meiner Seite. Er legte seine Waffe weg und hob meinen Kopf an, riss das Klebeband von meinem Mund und löste meine Fessel mit einem Messer, das ihm einer der schwarz Gekleideten reichte.
»Bist du verletzt? Hast du Schmerzen?«
»Flipper«, weinte ich.
»Basti!«, rief Felix. »Basti! Der Hundeführer soll den Hund loslassen. Sofort. Schickt den Hund hoch!«
»Aber wir müssen doch …«
»Verdammt, schickt den Hund hoch! Und den Arzt! Schnell!«
»Flipper?«, fragte ich.
»Wir haben ihn am Hochsitz gefunden. Dein Handy haben
wir auch geortet, über den Funkmast, wo es zuletzt eingeloggt war. Nicht reden, Franza. Der Arzt kommt sofort. Nicht bewegen.«
»Am Hochsitz?«, fragte ich. »In echt?« Da hörte ich ihn die Treppe emporstürmen. Mit einem begeisterten Jaulen stürzte er sich auf mich und schleckte mir übers Gesicht. Ein schreckliches Weinen stieg in mir auf, es schüttelte mich, und meine Zähne schlugen aufeinander, und ich konnte überhaupt nicht mehr aufhören zu weinen. Am Rand meines Bewusstseins hörte ich Felix nach dem Arzt rufen und spürte, dass mich jemand abtastete und dass irgendetwas nicht in Ordnung zu sein schien. »Stichverletzung. Vielleicht die Leber. Sie muss sofort zur Laparotomie.«
Stimmen und Geräusche verwandelten sich in Schiffe, die einen Hafen verlassen hatten, ich nahm sie nur noch leise war, immer leiser, immer kleiner wurden sie am Horizont meines Bewusstseins.
Ich spürte einen Pieks an meinem Arm und dass ich auf eine Bahre geschnallt wurde und eine steile Treppe hinuntergetragen, und auf einmal war alles weich und leicht und wunderbar.
»Franza, hörst du mich? Die Sanitäter bringen dich jetzt ins Starnberger Krankenhaus.«
»Nicht ins Tierheim!«
»Ich nehme Flipper mit. Ist dir das recht?«
Ich war grenzenlos müde. So weit weg trieb ich schon auf meinem Schiff. Ich musste mich sehr anstrengen, um noch etwas an Land zu rufen und wusste nicht, ob Felix mich hören konnte. »Ich dachte, du wolltest nie mehr einen Hund?«
»Das ist ja kein Hund in dem Sinn. Das ist ja eher … ein Delfin.«
»Wo ist er? Wo ist Flipper? Flipper!« Ich versuchte mich hochzurappeln.
»Nicht aufregen, Franza.« Felix’ Hand an meiner Wange.
»Die Frau muas liegn bleim!«, sagte eine fremde Stimme.
»Flipper ist bei einem Hundeführer. Der hat ihn an die lange Leine genommen, als er uns zu dir führte. Und jetzt noch mal, weil er in den Notarztwagen springen wollte.«
»Des wär ja no scheener«, sagte die Stimme. »A Hund do herinn.«
»Ja, das wäre schön«, erwiderte Felix und beugte sich zu meinem Ohr. Ich spürte seinen Atem wie Wellen. Sie trugen mich fort.
»Er hat sich ein bisschen verliebt, glaube ich. In eine Starspürnase«, rauschte Felix.
»Verliebt?«, fragte ich, viel zu schwach zum Ankern.
»Und wie«, sagte Felix.
»Ist gefährlich«, sagte ich und legte endgültig ab.
»Sie haben ein wahnsinniges Glück gehabt, Frau Fischer«, sagte eine Ärztin mit smaragdgrünen Augen zu mir. »Es ist keine größere Arterie verletzt, sodass die Blutung in der Leber von alleine zum Stillstand gekommen ist.«
»Ich habe überhaupt nichts gespürt!«
»Das
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