Alle Zeit - Roman
haben. Jedenfalls reagiert die überhaupt nicht.
Klara schließt die Tür wieder und geht zurück in ihr Zimmer. Sie muss noch ein paar Sachen einpacken. Waschtasche, Kulturbeutel,
flüstert Klara, Handtücher, falls es in dem Hotel keine gibt, die gestreifte Bluse, falls sie kleckert, ganz unten in die
Tasche eine geklaute Windel. Und Unterwäsche zum Wechseln. Nun ist sie wirklich mit allen Vorbereitungen fertig.
Aaron kommt pünktlich. Er klopft und wartet, bis Klara ihn hereinbittet. Dann schaut er, wie es seiner späten Liebe geht,
und ist erleichtert, als sie ihn mit klaren Augen begrüßt. Verlegen ist er auch, aber das kann er gut überspielen. Dann wollen
wir mal, Klara, sagt er. Mein Sohn wartet sicher schon. Er zwinkert mit dem linken Auge und bastelt für Klara eine Verschwörermiene
zusammen. Die ist jetzt doch sehr aufgeregt und zieht den Mantel an und legt sich das Seidentuch um den Hals und nimmt ihre
Tasche.
Wie schön du aussiehst, sagt Aaron, während er Klara die Tasche abnimmt.
Im Foyer treffen die beiden auf die nette Pflegerin. Die steckt Aaron ein Kärtchen zu und sagt, es sei nur für denNotfall. Falls was sein sollte. Dann drückt sie Klara kurz einen winzigen Kuss auf die gepuderte Wange, dreht sich um und
geht.
Als ob sie was weiß, flüstert Klara. Und Aaron nickt und sagt, das wäre dann auch nicht schlimm, wenn die was wüsste. Sie
sei schließlich die Einzige hier, mit der man wirklich reden könne.
Im Hotel hat man schon auf sie gewartet. Zumindest wirkt es so auf Klara. Der Mann an der Rezeption greift sofort nach dem
richtigen Schlüssel und winkt einem Jungen in Uniform, der Klara und Aaron die Taschen abnimmt. Er bringt sie bis ins Zimmer
und stellt dort die Taschen vors große Ehebett. Klara schaut sich alles genau an und findet es erstaunlich, wie üppig so ein
Hotelzimmer eingerichtet ist. Sie schaut in den kleinen Schrank. Der steht unter dem Fernseher und ist mit Flaschen gefüllt,
von denen die meisten Alkohol enthalten. Wir könnten uns richtig betrinken, Aaron.
Das werden wir auf jeden Fall tun, sagt Aaron und packt seine kleine Tasche aus.
Ich nicht, denkt Klara. Da unten in der Tasche liegt eine Windel. Sie holt nur schnell die Waschtasche, Kulturbeutel, murmelt
sie, heraus und stellt sie ins Bad. Die Hotelhandtücher sind auf jeden Fall schöner als ihre, also bleiben die unausgepackt.
Zuerst gehen wir spazieren, und dann essen wir im Hotel, sagt Aaron. Und dann, denkt Klara, kommt der schwierigste Teil des
Abends.
Wenn wir wollen, Klara, legen wir uns einfach nur nebeneinander und schlafen diese Nacht nicht allein. Aaron macht alles genau
richtig. Er will ihr keine Angst machen und hat selbst welche. Dies ist wirklich eine heikle Angelegenheit. Was sie sich da
trauen.
Sie gehen durch den Park, den sie nun schon gut kennen.Diesmal sind viele Menschen unterwegs. Die Sonne scheint, und alle wollen ihren Teil davon abhaben. Aaron führt Klara zum
Café. Heute setzen sie sich draußen an einen Tisch und warten auf die nette Kellnerin mit dem traurigen Gesicht. Die kommt
und hat ein trauriges Gesicht und sieht noch krank dazu aus. Was ist mit Ihnen, fragt Klara und sieht, wie Aaron ganz verwundert
ist. Die Kellnerin scheint zu überlegen, ob das nun einfach so rausgerutscht ist oder eine ernstgemeinte Frage.
Ich bin krank. Sehr krank sogar. Krebs haben sie mir gesagt. Und nun weiß ich auch nicht.
Klara nimmt die Hand der Kellnerin und zieht die Frau runter auf den freien Stuhl am Tisch. Ich hatte auch Krebs. Das geht
vorbei. Das lässt sich heilen. Lassen Sie einfach alles machen, was gemacht werden muss.
Ist schon zum zweiten Mal, murmelt die Kellnerin und steht wieder auf. Da stehen die Chancen aufs Sterben nicht schlecht.
Darauf kann Klara nichts sagen. Ihr ist der Krebs kein zweites Mal passiert. Wo auch, denkt sie, wo doch keine Brüste mehr
da waren. Aber sie weiß natürlich, dass der Krebs sich darum nicht schert. Dann sucht er sich halt andere Stellen im Körper.
Aaron legt eine Hand auf Klaras Hand und schaut die Kellnerin an und sagt: Egal, was Sie tun, es wird richtig sein.
Er bestellt bei der Kellnerin zwei Gläser Cidre und einen Eisbecher für Klara. Eis habe ich seit Jahren nicht mehr gegessen,
sagt sie und lächelt Aaron an. Jetzt bezahlst du, und ich dann das Abendessen.
Das ist Aaron egal. Sie brauchen nicht mehr auf altmodische Etikette zu achten. Das meiste Geld geht sowieso für dieses
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