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Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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Es kommt mir plötzlich sehr absurd vor, dass eine Frau, die optisch nicht älter aussieht als ich selber, mich »junges Fräulein« nennt.
    »Aber …«, will ich protestieren, doch schon schneidet sie mir das Wort ab.
    »Erzähl mir nichts, mit Süchten kenne ich mich aus. In meinem vorvorletzten Leben war ich Alkoholikerin.«
    »Woher weißt du das?«, platze ich, ohne es zu wollen, heraus, denn soviel ich weiß, kann sich jede Seele immer nur an ihr letztes Leben auf der Erde erinnern, angeblich, weil dies der beste Weg für ihren Reifungsprozess ist. »Sag schon«, wiederhole ich neugierig, doch meine Großmutter rollt nur geheimnisvoll mit den Augen.
    »Ich habe da so meine Informationsquellen«, sagt sie vage, »aber darum geht es im Moment nicht. Kind, ich mache mir Sorgen um dich, wirklich. Wäre ich doch bloß schon früher zurückgekommen, um mich um dich zu kümmern. Aber ich konnte doch nun wirklich nicht ahnen, dass du mir so schnell folgen würdest, mit so was rechnet man doch nicht. Wie ist es eigentlich passiert? Du musst ja noch blutjung gewesen sein.«

    »Neunundzwanzig«, nicke ich.
    »Neunundzwanzig?«, ruft sie entsetzt aus. »Aber was ist denn passiert?« Ich erzähle ihr die ganze Geschichte und ihre Augen werden größer und größer. Als ich geendet habe, sitzt sie stumm da, die Hände ineinander verschlungen.
    »Samuel«, ruft sie dann, »bring uns bitte das Gleiche noch mal!«
     
    Am nächsten Morgen dreht sich alles vor meinen Augen, als ich mich vorsichtig in meinem Bett aufrichte. Ich fühle mich so gerädert, dass ich sofort wieder in die weichen Kissen zurücksinke und beschließe, noch ein paar Stunden zu schlafen. Meine Karriere bei »Soulflow« ist ja sowieso schon so gut wie beendet, da kann ich ruhig einen Tag blaumachen. Ein Sonnenstrahl fällt mitten auf mein Gesicht. »Ich wünsche mir dicke, lichtundurchlässige Vorhänge vor dem Fenster«, nuschele ich mühsam und schon umfängt mich gnädige Dunkelheit. Na also, jetzt kann ich so lange im Bett bleiben, wie ich will. Zufrieden rolle ich mich auf die Seite.
     
    Etwas reißt mich unvermittelt aus meinen Träumen. Verwirrt sehe ich mich um. Jemand klopft an der Tür, laut und ausdauernd.
    »Ich bin nicht da«, rufe ich und ziehe mir die Decke über den Kopf.
    »Lass mich rein, Lena, ich bin es«, höre ich Thomas rufen.
    »Ich will mir ein paar Tage freinehmen. Um über meine beruflichen Perspektiven nachzudenken«, stöhne ich, aber das rhythmische Klopfen hört nicht auf. Was für eine
Nervensäge. »Dann komm halt rein«, fordere ich ihn mit erhobener Stimme auf und Sekunden später steht er in meinem Schlafzimmer.
    »Bist du krank?«, fragt er besorgt und ich nicke wehleidig.
    »Ich glaube, der letzte Smell gestern Abend war schlecht.« Ich grinse ihn Beifall heischend an, aber leider fand er den Witz nicht so komisch. Kannte er wahrscheinlich schon von unten. Ernst sieht er auf mich herunter.
    »Schon wieder ein Vanille-Kokos-Gelage? Lena, ich will mich wirklich nicht einmischen, aber das solltest du mal in den Griff bekommen.«
    »Fang du nicht auch noch an. Meine Großmutter hat mich gestern schon wie einen halben Junkie behandelt«, winke ich stöhnend ab.
    »Deine Großmutter?«
    »Lange Geschichte. Darf ich fragen, was du hier willst? Sag bloß, du hast auch die Nase voll von ›Soulflow‹?«
    »Da komme ich gerade her«, antwortet er und geht zu meinem Fenster, um die Vorhänge zurückzuziehen. Die Sonne steht schon ziemlich hoch.
    »Ah, verstehe, Mittagspause«, schlussfolgere ich, doch er schüttelt den Kopf. Seine hellen Augen ruhen auf mir und der Ausdruck in ihnen gefällt mir gar nicht. So ernst und irgendwie, ja, ich kann es gar nicht beschreiben. Auf jeden Fall macht er mir Angst. »Warum guckst du mich so an?«, frage ich nervös, und er seufzt tief auf. Das klingt nicht gut, gar nicht gut. »Nun sag doch schon«, drängele ich.
    »Vielleicht ist es das Beste, wenn du mitkommst«,
schlägt Thomas vor und ich werde irgendwie das Gefühl nicht los, dass er mir ausweicht.
    »Jetzt machst du mich aber wirklich neugierig«, sage ich in bemüht lapidarem Tonfall, obwohl mir die Angst plötzlich den Rücken hochkriecht. Was kann denn bloß passiert sein? Ich habe wirklich nicht die leiseste Ahnung, und das macht das Ganze umso erschreckender.
    »Ich warte im Wohnzimmer, bis du dich angezogen hast«, meint Thomas und geht hinaus. Besorgt sehe ich ihm hinterher. Er hat nicht einmal Anstalten gemacht, einen Blick

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