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Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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»Du siehst so toll aus«, sage ich und lasse mich auf dem Stuhl ihm gegenüber nieder. »Das ist ein schönes Hemd, es steht dir wirklich gut. Hat sie das gekauft? Deine Neue?«, erkundige ich mich. »Tut mir leid, darauf musst du nicht antworten.« In diesem Moment greift Michael zum Telefon. »Du wirst doch nicht schon wieder diese Trulla anrufen?«, frage ich verletzt und schiele auf das Display.
    »Guten Tag, hier spricht Michael Sintinger. Ich würde gerne für Freitagabend einen Tisch für zwei bei Ihnen reservieren.« Ach so, er ruft in diesem Restaurant an. »Ja, und zwar wenn es geht der Tisch hinten rechts, wissen Sie, der neben dem Kamin. Geht das? Wunderbar!« Unbehaglich beobachte ich Michael dabei, wie er seinen eigenen Tod vorbereitet, dann zufrieden den Hörer auflegt und vor sich hin lächelt. Vielleicht hätte ich nicht herkommen sollen. Er fährt sich mit seinen schlanken Fingern durchs Haar, das am Haaransatz schon etwas lichter geworden ist. Der Anblick berührt mich.
    »Ich sollte jetzt lieber gehen«, sage ich, ohne mich wirklich dazu entschließen zu können. »Ich sehe dich
ganz bald.« Damit wende ich mich zur Tür, bleibe jedoch davor stehen und fahre, Michael den Rücken zuwendend, fort: »Du wirst übermorgen sterben und irgendwie ist das meine Schuld. Aber wir werden dann wieder zusammen sein. Also, ich hoffe, das ist auch in deinem Sinne, denn falls nicht, nun, dann täte mir das wirklich leid. Aber ich kann es nicht ändern, Gott hat das so arrangiert, weißt du, und sie lässt sich nicht umstimmen.«
    »Es tut mir leid«, höre ich Michael sagen und drehe mich verwirrt zu ihm um. Mit wem spricht er denn da? Das Telefon liegt unberührt vor ihm auf der Schreibtischfläche und sonst ist niemand im Raum. Wir sind allein.
    »Redest du mit mir?«, frage ich aufgeregt und wider besseren Wissens. »Michael?«
    »Ich hoffe, du verstehst mich«, fährt er fort. »Ich werde dich für immer lieben und du fehlst mir jeden Tag.« Fassungslos sehe ich ihn an.
    »Michael?«, frage ich zögernd. »Kannst du mich etwa hören?« Er reagiert nicht. Ich gehe um ihn herum und sehe auf seinen Schreibtisch. Da steht ein Bild von dieser Frau. Daneben eins von mir. Es ist deutlich nach hinten gerückt, aber damit nicht genug: In diesem Moment fällt mein Blick auf die mit rotem Samt bezogene Schatulle in Michaels Hand. Bitte nicht. Der Deckel schnappt auf und enthüllt einen wunderschönen Ring mit einem herzförmigen Diamanten. Das darf doch nicht wahr sein. Ich taumele zurück, während Michael mein Foto zur Hand nimmt und es nachdenklich betrachtet.
    »Katrin hat mich ins Leben zurückgeholt. Ich wollte
nicht mehr, ohne dich. Aber mit ihr geht es mir wieder gut. Ich weiß, dass du das verstehst. Und dass du dich für mich freust.«
    »Freuen?«, röchele ich halb erstickt. Ich weiß ja nicht, das finde ich dann doch etwas zu viel verlangt. Auf einmal fühle ich etwas an meiner Wange. Mit dem Zeigefinger streichelt Michael sanft über das Bild von mir und stellt es dann zurück an seinen Platz.
    »Irgendwann sind wir beide wieder zusammen«, sagt er dabei versonnen. In diesem Moment durchfährt es mich wie ein Stromstoß. Da hat er verdammt Recht. Aber nicht irgendwann, sondern in ziemlich genau sechsunddreißig Stunden. Freu dich doch, flüstert mir eine innere Stimme zu, nur noch ein paar Stunden, dann hast du ihn für dich allein. Und diese Katrin guckt in die Röhre. Aber das Hochgefühl will sich bei diesem Gedanken nicht so recht einstellen.
     
    Kurze Zeit später taumele ich an Abflugstation 723B13 aus der Kabine und drücke Paul wortlos meine Passiermünze in die Hand.
    »Danke schön!’nen schönen Tag gehabt, hoffe ich.« Ich werfe ihm einen eisigen Blick zu. »Gute und schlechte Tage, so ist nun mal das Leben und so ist auch der Tod«, plaudert er unvermindert fröhlich weiter. »Dann bis zum nächsten Mal! Tschüssi!«
    »Ja, tschüss«, grummele ich und mache mich gedankenversunken auf den Heimweg. Warum musste ich denn unbedingt in unserer Wohnung vorbeischauen? Was für eine hirnverbrannte Idee war denn das? Wie gerne würde ich die Zeit zurückdrehen und einfach nichts wissen von dieser Katrin, von Michaels neuer
Liebe und seinen Hochzeitsplänen. Wie sehr will das Schicksal den armen Mann eigentlich noch beuteln? Erst verliert er mich am Tage unserer kirchlichen Hochzeit, dann rappelt er sich wieder auf, will einen neuen Anfang machen, sich verloben, und dann wird ihm schon wieder ein

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