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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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sie keine Sekunde stillsitzen kann. Dreimal hat sie sich umgezogen und sich dann – mit meiner Billigung – für ihr silbernes Elfenkleid entschieden, ein Partykleid, das Kate ihr zu Weihnachten geschenkt hat, darunter Jeans mit warmen Socken und Sportschuhen, darüber eine Fleecejacke. Ich sehe zu, wie Rae das Kleid vorsichtig auszieht und für die Party zurechtlegt, und schiebe alle Gedanken an morgen weg. Ich hoffe wohl, dass die Party abgesagt wird. Oder dass mir noch ein wirklich guter Grund einfällt, Rae davon fernzuhalten, ohne dass sie sich vor Kummer auf den Boden wirft, ohne dass ich Suzy noch mehr vor den Kopf stoße. Ich bin wie gelähmt. Ich wünschte, Tom wäre hier und würde mir bei der Entscheidung helfen. Er ist schon zwanzig Minuten überfällig.
    Als es klingelt, fahre ich zusammen. Ich öffne nervös die Haustür – Suzy steht auf der Schwelle, mit leuchtend rosa Wangen.
    »Gott sei Dank, du bist’s«, flüstere ich. »Ich hatte schon Angst, es könnte Debs sein.«
    »Warum denn das?«
    »Ich erzähl’s dir gleich«, sage ich und nicke in Richtung Rae.
    Suzy sieht mich mitleidig an und reibt mir den Arm. »Honey, du siehst fix und fertig aus. Ich fahre jetzt eine Stunde nach Brent Cross – brauchst du was?«
    Hinter ihr sehe ich jemanden kommen. Tom tritt durch das Gartentor. Er entdeckt Suzy und zögert.
    Wir müssen reden, signalisiert mir sein Gesicht.
    Suzy spricht, aber ich kriege nichts mit.
    »Suze …«, unterbreche ich sie.
    »Was ist denn?«
    Ich deute hinter sie. Sie verstummt, dreht sich um und sieht Tom. Sie taxieren einander ausdruckslos.
    »Hm, Suze«, druckse ich herum, »macht es dir was aus, dich fünf Minuten um Rae zu kümmern, solange Tom und ich, äh …?«
    »Klar, Honey«, sagt sie fröhlich und geht in meine Wohnung, ohne Tom eines weiteren Blickes zu würdigen.
    Ich schließe erst meine Wohnungstür hinter Suze, dann die Haustür.
    »Du wirkst sehr ernst«, sage ich argwöhnisch.
    Er sieht mich starr an.
    »So? Und warum wohl, Cal?«
    »Keine Ahnung, Tom …«, antworte ich scherzhaft im Versuch, an die gute Stimmung von gestern wieder anzuknüpfen.
    »Vielleicht wegen gestern Abend?«, fragt er rundheraus.
    »Was meinst du mit gestern Abend?«
    »Ich meine gestern Abend.«
    Wovon redet er?
    »Und was war gestern Abend?«
    »Du willst die Komödie wohl weiterspielen, was?«
    »Also wirklich, Tom«, murmle ich verwirrt, »ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Na schön. Nachdem ich gegangen bin, habe ich noch zehn Minuten im Auto gesessen und telefoniert.«
    »Na und?«
    Sein Blick brennt mir Löcher in die Haut. Und dann begreife ich. Tausend Puzzleteile wirbeln in die Luft. Sie fliegen hoch, dann fallen sie wieder zu Boden, wahllos irgendwohin, überall verstreut, außerhalb meiner Reichweite.
    »Du weißt, was ich gesehen habe.«
    »Was denn?«, murmle ich, obwohl mir klar ist, dass es keinen Sinn hat.
    »Du
weißt
es.«

Kapitel 35 Suzy
    Suzy ging ins Wohnzimmer und setzte sich mit einem strahlenden Lächeln zu Rae. Perfekt. Zehn Minuten allein mit ihr.
    »Hallo, Babe«, sagte sie lächelnd und hob Raes Füße auf ihren Schoß.
    Rae erwiderte ihr Lächeln, sah dann aber wieder zum Fernseher.
    »Henry ist wahnsinnig aufgeregt wegen der Party, er kann’s kaum erwarten«, sagte Suzy.
    Rae nickte.
    »Es tut mir ja so leid, Süße«, fuhr Suzy fort, nahm einen von Raes Füßen und massierte ihn sanft. »Ich habe wirklich gedacht, deine Mummy lässt dich hingehen.«
    Rae warf ihr einen erschrockenen Blick zu.
    »Schau dir nur ruhig den Film an, Rae. Ich massiere dir die Füße.«
    Rae drehte sich gehorsam zum Fernseher zurück, doch sie wimmerte: »Ich will aber hin!«
    Suzy zuckte mit den Achseln und sah Rae bedauernd an. »Es tut mir wirklich leid, Süße. Sie ist einfach ein bisschen gemein. Warum, weiß ich auch nicht.«
    Rae schüttelte unter Tränen den Kopf.
    »Armes kleines Äffchen. Ich weiß, dass Hannah sehr enttäuscht sein wird, wenn du nicht kommst.«
    Rae schob die Unterlippe vor.
    Suzy seufzte. »Ich weiß, Honey. Es ist echt schlimm für dich. Wenn du meine Tochter wärst, würde ich dich hingehen lassen.«
    Rae wandte das Gesicht weiter dem Fernseher zu, schielte aber zu Suzy.
    Die nahm nun Raes anderen Fuß und massierte ihn zärtlich. »Weißt du, was, Rae? Ich werde eines Tages auch eine kleine Tochter haben. Ich freu mich schon wahnsinnig. Ich werde mit ihr Kleider kaufen gehen und ins Kino, dann schauen wir uns alle ihre

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