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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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Lieblingsfilme an. Und ich werde für sie die größte Geburtstagsparty der Welt geben. Noch größer als die von Hannah. Und ich werde jeden Tag für sie da sein und sie von der Schule abholen, mit einem Keks und einem Küsschen. Sie wird so heiß geliebt sein wie kein anderes kleines Mädchen auf der Welt.«
    Mit gerunzelter Stirn blickte Rae starr geradeaus, Tränen glitzerten in ihren Augen.
    Suzy beugte sich zu ihr und strich ihr über die Wange.
    »Armes Äffchen. Es ist nicht deine Schuld. Hör mal, versprechen kann ich nichts, aber soll ich versuchen, deine Mummy umzustimmen?«
    Rae nickte heftig.
    »Okay, ich werde mein Bestes tun. Überlass es ganz mir. Aber vielleicht musst du ein bisschen mithelfen, Süße. Du erinnerst dich doch, was wir geplant hatten. Als du nicht wolltest, dass deine Mummy arbeiten geht. Du erinnerst dich doch, was du gemacht hast?«
    Das kleine Mädchen drehte sich zu ihr. »Aber ich wollte doch, dass sie arbeiten geht. Hannahs Mummy geht auch in die Arbeit.«
    »Rae, Hannahs Mummy lässt sie im Park allein, so dass böse Menschen ihr weh tun können. Willst du, dass deine Mummy auch so etwas macht?«
    Rae schüttelte den Kopf; ihr liefen die Tränen herunter.
    »Braves Mädchen. Dann weißt du also, was du zu tun hast.«
    Von draußen kamen Geräusche; Suzy wandte den Kopf und sah durch die Vorhänge. Callie stand kreidebleich vor der Haustür, Tom knallte das Gartentor hinter sich zu und stürmte davon.

Kapitel 36 Callie
    Der Freitagabend vergeht unter Höllenqualen. Ich unterhalte mich mit Rae, koche ihr Lieblingsessen: Nudeln mit Tomatensoße und Gurkensalat. Ich lese ihr eine Geschichte vor, klebe ihr ein neues Pflaster aufs Bein, lege mich eine Weile zu ihr und plaudere mit ihr über die Party morgen. Ich sehe, dass sie mich die ganze Zeit forschend ansieht, tue es aber als unwichtig ab.
    Denn schon zum Atmen muss ich mich zwingen.
    Tom hat es geschafft. Er ist hinter das schlimmste aller Geheimnisse gekommen, hinter die grauenhafte Wahrheit, vor der ich mich selbst in den dunkelsten Ecken verstecke. Die mich fast jede Nacht wach hält.
    Es wird neun, bis ich Raes Zimmertür endlich schließen und zu meinem Handy greifen kann.
    »Ich bin’s«, sage ich. »Wir müssen reden.«
    Ich höre an seinem Brummen, dass der Zeitpunkt nicht optimal ist.
    »Ich schau mal, was sich machen lässt.«
    Ich laufe in der Wohnung herum und räume auf, mit plumpen, ungeschickten Händen. Ich stelle achtlos einen Becher ins Regal, weiß schon, dass ich ihn nicht weit genug auf das Brett geschoben habe, lasse ihn aber trotzdem los. Er kracht zu Boden und zersplittert. Ich trage die Scherben zum Mülleimer hinaus, dann gehe ich in den Garten hinter dem Haus und entriegle die Gartentür, bevor ich in die Küche zurückkehre.
    Ich stehe wartend herum, die Hände auf die Arbeitsplatte gestützt, bis es endlich an der Hintertür klopft.
    Ich mache auf. Und da ist er. Der Vater meines Kindes. Wie gestern Abend füllt seine massige Gestalt den Türrahmen aus. Aber diesmal ist seine Miene angespannt und ernst.
    »Komm rein«, flüstere ich und spähe hinter ihn in den Garten, vergewissere mich, dass uns heute auch ja niemand belauert.
    Und Jez tritt herein.
     
    Ich führe ihn ins Wohnzimmer, wo er gestern Abend stumm im Dunkeln gesessen hatte, während ich im Bademantel, nervös von einem Bein aufs andere tretend, an der Wohnungstür stand und Suzy abzuwimmeln versuchte.
    »Was ist los?«
    Ich schließe die Tür, damit Rae nichts hört, drehe mich um und sehe ihn an. Seine Präsenz wirkt wie ein Stromstoß auf mich. Aber die körperliche Distanz zwischen uns ist nun genauso unüberbrückbar, wie sie gestern Abend einfach verschwunden war. Wenn Jez sich von mir distanzieren will, richtet er sich zu seiner vollen Höhe auf und steht da wie ein Turm. Sein Körper wird wieder zu einer schroffen, unbezwingbaren Steilklippe.
    »Setz dich doch bitte, Jez«, sage ich und wünsche mir, er hätte es nicht nötig, die Grenzen zwischen uns jedes Mal wieder so deutlich abzustecken. Ich kenne diese Grenzen. Ich weiß, wer ich bin. Die verlogene Verräterin, die so tut, als wäre sie die beste Freundin seiner Frau.
    Jez zieht die Augenbrauen hoch, dann lässt er sich auf mein Sofa nieder, dass sich die Polster neben ihm leicht heben. Er verschränkt die Hände und lässt sie zwischen den geöffneten Knien baumeln. Die Hände, die gestern Abend meine Handgelenke so fest umklammert hielten, sind für mich wieder außer

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