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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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als hätte er mir mit den Fingerknöcheln ins Gesicht geschlagen.
    »Aber was kann sie schon rauskriegen? Auf Raes Geburtsurkunde steht Toms Name. Und wenn er Suzy sagt, dass wir miteinander schlafen, dann streiten wir es einfach ab. Sagen, dass Tom mir eins auswischen will. Suzy findet sowieso, dass er reichlich fies zu mir ist.« Die Worte fließen mir leicht von den Lippen. Schließlich habe ich mir in den letzten zwei Jahren alles hundertmal durch den Kopf gehen lassen, in jeder schlaflosen Nacht.
    »Zu riskant«, knurrt er kopfschüttelnd.
    Jez steht auf und kommt auf mich zu. Im hellen Wohnzimmerlicht fällt mir sein aufgedunsenes Gesicht auf. Die dunklen Ringe unter seinen Augen. Eine lockige Strähne hat sich gelöst und fällt ihm widerspenstig in die Stirn.
    Ich rede weiter, kämpfe gegen die Verzweiflung an. »Hör mal – lass mich einfach weiter versuchen, was ich vorhatte. Ich will wieder arbeiten. Geld verdienen, damit ich nicht mehr so abhängig von ihr bin. In eine andere Straße umziehen. Mich nach und nach von ihr lösen. Lass mich wieder Tritt fassen. Und dann …« – ich senke den Blick – »… sehen wir weiter.«
    Jez seufzt. »Du glaubst, dass du sie kennst, Cal. Aber ich sage dir eins: Wenn sie das rauskriegt, dann weiß ich nicht, wozu sie fähig ist – nach allem, was sie in letzter Zeit so geliefert hat.«
    »Du meinst, sie könnte dir die Jungs wegnehmen?«
    Jez setzt zu einer Antwort an, da piept sein Handy. Er liest die SMS . »Das ist Suzy. Ich hab ihr gesagt, ich würde kurz Wein kaufen gehen.« Er macht sich zur Diele auf.
    »Nein! Nicht!« Ich gerate in Panik und schüttle den Kopf. »Geh nicht! Nicht so. Ich … ich …«
    Ich spähe vorsichtig durch den Vorhang im Wohnzimmer. Drüben in Suzys Haus leuchten die Fenster.
    Einen Augenblick lang stelle ich mir vor, dass die Lichter dort drüben aus sind. Ich blicke in eine Zukunft, in der sie nicht mehr da ist, und Jez auch nicht. In der es niemanden mehr gibt, zu dem ich mich flüchten kann, wenn ich nach einem Tag Leerlauf mit jemandem reden muss, niemanden, der mich berührt, wenn ich vor Einsamkeit zu sterben glaube. Meine Rippen ziehen sich zusammen und pressen mir die Luft aus den Lungen.
    »Jez?«, würge ich hervor und folge ihm in die Küche. »Jez.«
    Er bleibt stehen.
    Er kennt diesen Ton in meiner Stimme. Das schmerzliche Sehnen.
    Er dreht sich um.
    »Bitte. Bleib. Bleib noch ein paar Minuten. Sag nicht, dass Schluss ist. Erst, wenn …«
    Er fasst mich an der Hand, und seine Berührung wirkt auf mich, wie sie immer wirkt, auch wenn ich mich dafür hasse.
    Ich atme tief ein und langsam aus.
    Er beugt sich herunter und sieht mir tief in die Augen. Endlich. Jez kennt die Macht, die seine Augen über mich haben. Die dunklen Wälder weichen auseinander und enthüllen die verborgenen Seen eines Zauberreichs.
    Seine Lippen nähern sich den meinen. Sie streifen mir über die Haut. Sie sind warm und schmecken nach Wein, und wie von selbst wölbt sich mein Körper ihm entgegen. Ich habe mich nicht mehr in der Gewalt, recke ihm mein Gesicht entgegen, das alles verrät. Aber ich sollte wissen, dass ich von Jez nichts fordern darf. Er durchschaut mich und bricht die Liebkosung ab. Dann packt er meine Hand, stößt sie ohne Vorwarnung hinter meinen Rücken und drückt mich gegen die Wand.
    Ich stehe reglos da. Jez schiebt seine Füße näher an die meinen. Er lehnt sich schwer gegen mich. Das ist nicht Toms sanfter, tröstlicher Körper mit Winkeln, in denen ich mich sicher verkriechen kann. Jez’ Körper ist wie eine Rüstung.
    Er beugt den Mund zu meinem Ohr und atmet schwer. »Callie, wann und wie, muss
ich
entscheiden«, flüstert er.
    Mit einer Hand hält er mich weiter fest, mit der anderen streicht er mir die linke Seite hoch, von der Hüfte zur Brust. Ein langer Strich, nach oben, dann wieder nach unten.
    Starr stehe ich da und warte, wofür er sich in diesem Moment entscheidet. Seine Züge entspannen sich, sind immer noch wachsam, aber ohne Eile.
    Ich hasse mich. Ich hasse mich für meine Schwäche. Ich hasse mich dafür, dass ich alles mit mir machen lasse. Ich hasse mich dafür, dass ich so schwach und wehrlos bin, wenn Jez entscheidet, wann und wie.
    Dann zieht er mit einem Ruck mein T-Shirt hoch und küsst mich hart auf den Mund. Seine Zähne schürfen über meine Haut.

Kapitel 37 Callie
    Erst Stunden nachdem er fort ist, schaffe ich es endlich, ins Bett zu gehen.
    Die Herduhr tickt, der Kühlschrank

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