Allein die Angst
ließ sie sich zur Haustür führen. Sie sah nicht, wie die Tür aufging. Sie blickte nur hoch und sah das Monster. So breit wie hoch, kurzer Männerhaarschnitt, hervorquellende Glubschaugen hinter verschmierten Brillengläsern. Der Busen des Monsters hing unter dem schmutzigen, zeltartigen Kleid bis zur Taille herunter. Der Mund bewegte sich, wie Suzy es beim Baby in der Familie ihrer Freundin gesehen hatte, das an der Brust der Mutter nuckelte. Nasse Lippen in ständiger Saugaktion.
»Nein …«, heulte sie los, als ihre Mutter sie zu der Frau hinstieß, in ein Haus, das nach Hundefutter roch.
»Nur, bis das Baby auf der Welt ist, Honey«, sagte ihre Mutter. Dann war sie fort.
»Neeeeein!«, hatte Suzy gebrüllt und versucht, ihr nachzulaufen. Aber da hatte das Monster sie schon hereingezerrt, sie nach unten gedrückt, dass sie in die Hocke sank, und zwischen seine fleischigen, stinkenden Beine geklemmt. Suzys Wangen wurden zusammengequetscht, bis sie schmerzten. Ihr Gesicht wurde zusammengequetscht, bis keine Tränen mehr kamen.
»Ruhig!«, bellte das Monster. »Bist du ruhig!«
Heute, oh, heute könnte Suzy weinen. Kein Problem. Sie könnte zu den knochigen Skatern gehen und ihnen ins Gesicht heulen und flennen. Aber wenn sie bei dem Monster überhaupt etwas gelernt hatte, dann das: Heulen war zwecklos.
Sie hatte es natürlich versucht. Sie hatte nach ihrer Mutter gebrüllt und geschrien, hatte mit ihren kleinen Fäusten auf den weichen Bauch des Monsters eingedroschen. Aber das Monster hatte sie einfach mit seiner Schweißpranke auf den Kopf geschlagen und in einen Schrank gesperrt, zu Spinnen und Kakerlaken. Dort hatte sie stundenlang gestanden, in die Ecke gepinkelt und die Bonbons in ihrer Rocktasche gegessen, die sie in ihrer heruntergekommenen Schule geklaut hatte – um die Hälfte der Kinder dort schien sich ebenfalls niemand zu kümmern. Sie hatte es mit Kreischen versucht, als das Monster ihr den Kopf unter den Wasserhahn hielt, hatte gehofft, dass ein Polizist kommen, sie zu ihrer Mutter bringen und dem Monster ordentlich die Meinung sagen würde. Aber Polizisten kamen nie in diese Straße. Monster, lernte Suzy bald, können sich alles erlauben. Genau wie das Ungeheuer mit den Elefantenbeinen, das gestern den Hügel bei der Klinik hinaufgewatschelt war. Wie hatte Suzy gebetet, dass die ekelhafte Alte geschnappt würde! Aber tief im Inneren hatte sie gewusst, dass der Polizist es nicht schaffen konnte. Monster siegen immer.
Suzy begann wieder zu laufen und kickte unterwegs einen Stein in hohem Bogen weg. So ist das, dachte sie, Heulen und Toben haben keinen Zweck. Sie biss die Zähne zusammen und bog rechts in einen schmalen Weg ab.
Nein. Es gab bessere Methoden, sich gegen Leute wie ihre Mutter zu wehren, Leute, die die Menschen im Stich ließen, die sie lieben sollten.
Sie lief hinten am Palast entlang, überquerte den Parkplatz der Eisbahn und kam vorn an der hoch aufragenden Palastfassade heraus; dort stieg sie die steile Steintreppe zur Straße hinunter. Sie ließ einen Bus vorbeifahren, überquerte die Straße und ging in das abfallende Parkgelände hinein. Hier setzten sich zwischen den Bäumen die Stufen fort bis weit nach unten. Dann bog sie nach links in den hohen Wald, durch den man zu dem naturbelassenen Teil des Parks gelangte. Hier unten gab es ein verstecktes Sträßchen, erinnerte sie sich; sie und Callie waren einmal im Frühling mit den Kindern hergekommen, um sich die Wildblumen anzusehen. Zwischen den Bäumen, die die Sicht auf den Hügel und andere Orientierungspunkte versperrten, hatten sie sich verlaufen und waren auf einem Fahrweg gelandet, der so schmal war, dass sie die Kinder in die Mitte nehmen mussten, damit ihnen die Brennnesseln und Ranken nicht die Beine zerstachen. Suzy blieb stehen. Wo war das nur gewesen? Sie suchte mal in dieser, mal in jener Richtung. Ein Stechpalmenbusch zog ihren Blick auf sich. Daneben war eine Lücke.
Und dahinter lag das Sträßchen. Gut.
Suzy sah sich um, ob sie auch von niemandem beobachtet wurde, kletterte neben dem Busch die Böschung hinunter und ging das Sträßchen entlang. Ja. Eine ziemlich abgeschiedene Ecke. Spaziergänger und Jogger benutzten die breiteren Wege. Dieser Fahrweg diente lediglich als Seitenzufahrt zum Cricket-Club. Sonst kamen hier nur die Gärtner der Parkanlagen mit ihren Kleintransportern entlang, und junge Leute, die aus guten Gründen das Licht der Öffentlichkeit scheuten.
Und da drüben, unter
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