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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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mir nie Anlass gegeben, es nicht zu tun.«
    »Hat Mrs. Howard Ihnen viel über ihren Hintergrund erzählt? Über ihr Leben, bevor sie nach London kam?«, fragt der Mann.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Darf ich fragen, was sie Ihnen erzählt hat?«
    Ich kann mir nicht helfen, ich muss lachen. »Warum fragen Sie?«
    »Bitte versuchen Sie, mir zu antworten. Das könnte uns weiterhelfen.«
    Ich zucke mit den Achseln. »Na schön, was wollen Sie wissen? Sie ist bei ihrer Mutter in Denver aufgewachsen. Ihre Mutter war Friseuse oder Kosmetikerin oder so etwas. Ach ja, die beiden sind viel in den Bergen gewandert, Ski gelaufen und so. Ich weiß auch nicht. Wie kann Ihnen das in irgendeiner Weise weiterhelfen? Suzy ist, glaube ich, an eine Berufsfachschule gegangen und hat dann im Büro gearbeitet. Hat Jez kennengelernt, als er geschäftlich in den Staaten war. Hat drei Kinder. Das ist alles. Sie schwimmt gern. Sie bäckt leckere Kekse. Hilft Ihnen das?«
    Ich werfe mich verärgert nach hinten an die Stuhllehne.
    Die beiden lächeln mich mitfühlend an.
    »Gut. Dann beantworten Sie mir bitte folgende Frage«, fährt der Beamte fort. »Warum glauben Sie, dass Deborah Ribell speziell Rae etwas antun wollte? Haben Sie oder Rae etwas getan, was sie provoziert haben könnte?«
    »Nein, natürlich nicht.« Ich schüttle unwirsch den Kopf. Dann fahre ich hoch. »Halt, doch. Da fällt mir etwas ein. Rae hat sie mit einem hässlichen Spielzeug, das sie ihr neulich schenken wollte, auf die Nase geschlagen. Vielleicht war das der Auslöser. Suzy und ich, wir glauben auch, dass sie sich vielleicht darüber geärgert hat, dass Rae auf dem Gehweg von ihr weggelaufen ist, dass sie sie geschubst oder geschlagen hat und Rae deshalb auf die Straße gestürzt ist. Rae hat es mir vielleicht aus Angst nicht erzählt, weil sie dachte, ich könnte ihr böse sein, dass sie gerannt ist.«
    »Gut. Dann glauben Sie also, diese beiden Vorfälle – der Schlag auf die Nase mit dem Spielzeug, das Weglaufen auf dem Gehweg – könnten Deborah Ribell so verärgert haben, dass sie versucht hat, Ihr Kind zu verletzen oder sogar umzubringen?«
    Seine Frage hing in der Luft, als wollte er mich verspotten.
    »Ich weiß nicht«, fahre ich ihn an. »Warum fragen Sie überhaupt? Sie kennen doch ihre Vorgeschichte. Sie haben mir selbst gesagt, ich soll nachsehen. Sie hat an einer anderen Schule ein Kind geschlagen.«
    Der Beamte sieht mich verwirrt an und schüttelt den Kopf. »Für diesen Vorfall gab es für Mrs. Ribell – mit gewissen Auflagen – einen Freispruch.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das Gericht hat keine Strafe verhängt.«
    Ich starre ihn an. »Davon stand aber nichts in den Zeitungsartikeln, die ich gelesen habe.«
    »Vielleicht haben Sie sie nicht zu Ende gelesen.«
    Ich seufze auf und beiße mir auf die Lippe.
    Die Beamtin beugt sich vor. »Callie, Deborah Ribell war das Opfer eines extrem bösartigen Falls von Cyber-Mobbing.«
    Ich schüttele den Kopf.
    Sie fährt fort: »Die Zeitungen haben groß darüber berichtet, deshalb erzähle ich Ihnen nichts, was Sie nicht selbst herausfinden könnten. Ein Mädchen der zehnten Jahrgangsstufe stieß sich an einer Bemerkung, die Mrs. Ribell über alleinerziehende Mütter mit vielen Kindern von verschiedenen Vätern gemacht hat; es handelte sich in Wirklichkeit um ein Zitat aus einem Theaterstück, das von Stadtkindern geschrieben wurde. Das Mädchen hat das Zitat falsch verstanden und geglaubt, Mrs. Ribell würde respektlos von ihrer Mum reden. Sie hat ihren Freund eingeschaltet. Die beiden haben Anzeigen mit Mrs. Ribells persönlichen Angaben auf Webseiten für sexuelle Kontakte eingestellt.«
    Das gibt mir einen Ruck.
    »Ich glaube, Sie können sich vorstellen, was passiert ist. Dann sind sie noch einen Schritt weitergegangen. Der Freund, der um einiges älter ist, hat sich auf Mrs. Ribells Hochzeitsempfang eingeschlichen und ihrer Schwester die Erlaubnis abgeschwatzt, seinen Laptop in Mrs. Ribells Hochzeitssuite abzustellen, angeblich, damit er in Sicherheit wäre. Tatsächlich aber baute er eine versteckte Kamera auf und filmte Mrs. Ribell bei ihrer Hochzeitsnacht.«
    Die beiden sehen mir mein Entsetzen an.
    »Und dann hat das Mädchen den Film in der Schule herumgeschickt.«
    Ich beiße mir auf die Lippe. »O Gott. Das ist ja furchtbar. Die arme Debs. Ich hätte das Mädchen auch geohrfeigt.«
    Die Beamten lächeln.
    Ich lehne mich wieder zurück. »Gut, ich verstehe zwar, was Sie mir sagen

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