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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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Holzboden in der Diele, die Treppe rauf, die Treppe runter.
    Wenn nun Suzy ihre Schritte genauso deutlich hören konnte? Wenn sie genau wusste, wann Debs im Begriff war, den Hörer ihres Telefons abzunehmen?

Kapitel 25 Suzy
    Im Park war es sehr ruhig, als Suzy mit den Jungs dort ankam.
    Sie hatten nach der Schule schon einmal hier haltgemacht, aber Henry war zu Hause so unruhig gewesen, nervte mit komischen Quiektönen und sprang die Zwillinge immer wieder an, bis sie heulten, dass Suzy beschloss, noch einmal mit ihnen hinauszugehen.
    Als sie die Spielgeräte am hinteren Ende des Parks erreichten, hing am Klettergerüst ein kleines Mädchen, das Suzy an der Farbe seiner langen Haare erkannte. Altgold. Natürlich ohne Noras Rotton. Nora wäre von einem hellen Rotblond und hätte dazu Sommersprossen im Gesicht und Suzys sahneweiße Haut.
    Die Kleine kletterte auf dem Gerüst hinauf, beugte sich vor und versuchte, die oberste Sprosse zu erreichen. Vor Konzentration stand ihr der Mund offen, und sie bemerkte nicht, dass sich ihr Sommerkleidchen nach oben schob und ihr mit Gänseblümchen bedrucktes Höschen enthüllte.
    Suzy sah sich um. Das Café hatte seit halb sechs geschlossen, die Schulkinder waren zum Abendessen nach Hause gegangen. Über die leeren Fußballwiesen spazierten nur noch ein paar Leute, die ihre Hunde ausführten; einer warf einen roten Ball, dem sein Windhund in halsbrecherischem Tempo nachjagte. Henry lief auf die andere Seite des Spielplatzes, kletterte auf den Spieltraktor, machte Brummgeräusche und riss an dem Lenker herum. Wenn Suzy ihn von der Schule abholte, bemerkte sie an seiner Überdrehtheit, wie sehr ihm Rae fehlte. Rae tat ihm so gut. Sie beruhigte ihn.
    Die Zwillinge lagen schlafend im Buggy, die vollkommenen kleinen Gesichtchen erschlafft wie bei alten Männern; ihre Lippen hatten sich geöffnet, die Pausbäckchen hingen weich nach unten. Suzy sicherte den Buggy mit der Bremse und gab den beiden ein Küsschen auf den Kopf, ohne das Mädchen aus den Augen zu lassen.
    Wo zum Teufel war die Mutter?
    »Kannst du mir helfen?«, rief das Mädchen zu ihr herüber.
    »Meinst du mich?« Suzy deutete auf sich.
    »Ich komm nicht rauf«, keuchte das Kind und versuchte es noch einmal.
    »Du bist Hannah, stimmt’s?«
    Das Mädchen nickte.
    »Honey, wo ist denn deine Mummy?«, fragte Suzy.
    »Meine Mummy joggt«, antwortete Hannah und winkte zur anderen Seite des Parks hinüber. »Sie will dünner werden. Sie geht auch zu den Weight Watchers.« In der Ferne sah Suzy den Rücken einer gedrungenen Frau in schwarzer Hose und weißem T-Shirt; längst außer Rufweite, lief sie immer noch weiter weg.
    »Lässt dich deine Mummy ganz allein?«, fragte sie Hannah ungläubig. Wenn jemand das Kind entführen wollte, hätte er leichtes Spiel. Selbst wenn Hannas Mutter es sehen würde, könnte sie nicht schnell genug über die Wiese rennen, um es zu verhindern. Ein paar Sekunden. Mehr braucht es nicht, um die Seele eines Kindes für immer zu beschädigen.
    »Das macht nichts. Ich bin ja schon groß.«
    Suzy seufzte. »Tut mir leid, Honey, ich heb dich lieber nicht hinauf, könnte sein, dass deine Mummy etwas dagegen hat. Wenn du runterfällst, ist sie vielleicht böse auf mich. Frag sie lieber selbst, wenn sie wieder zurückkommt.«
    »Okay«, sagte das kleine Mädchen und sprang herunter. Sie rannte an Suzy vorbei und begann den drei Meter hohen Klettermast hinaufzuklettern; mit ihren nackten Füßen drückte sie sich die dicke Metallstange hoch. »Wo ist denn Rae?«, fragte sie und sah mit samtbraunen Augen auf Suzy herunter.
    »Ach, Rae ist gerade im Krankenhaus. Sie hatte einen kleinen Unfall.«
    »Kommt sie wieder in unsere Schule zurück?«
    Suzy schwieg kurz. »Das schon. Aber ich glaube, Honey, du solltest sie eine Weile in Ruhe lassen. Rae ist nämlich krank. Solche Sachen, wie du sie gerade machst, wären sehr gefährlich für sie. Wenn sie wieder da ist, musst du vorsichtig mit ihr sein; sie sollte nicht herumtoben und in den Pausen vielleicht lieber sitzen bleiben.«
    Sie sah sich um. Die Frau im weißen T-Shirt überquerte nun in einem großen Bogen die Wiese, entfernte sich aber immer noch weiter von ihrem Kind. Das war doch das Letzte! Es musste doch jeder gehört haben, was mit Rae passiert war! Völlig unverantwortlich, wie Hannahs Mutter sich verhielt. Leise schob Suzy die Zwillinge hinter einen Busch, der neben der Holzhütte des geschlossenen Cafés stand.
    »Hannah«, rief sie dann,

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