Allein gegen die Zeit
an ihm interessiert waren. Warum die Gangster ihn und seinen Vater über Monate beobachtet hatten. Wieso sie ihn mit einem fingierten Gewinnspiel entführen wollten. Was der Anführer mit dem Tod seiner Mutter zu tun hatte. Auf all diese Fragen noch immer keine Antwort zu haben machte Ben schier wahnsinnig.
Auf einmal blieb Jonas stehen. „Was ist?“, flüsterte Ben. Jonas deutete auf eine kleine, unscheinbare Hintertür an der Rückseite des Hauptgebäudes.
Ben wollte sofort hin, doch Özzi hielt ihn zurück. „Das bringt nichts. Die Tür ist durch ein elektronisches Sicherheitsschloss verriegelt. Siehst du den kleinen Kasten unter der Klinke?“
„Und was jetzt?“, flüsterte Jonas.
„Wartet hier!“ Özzi huschte zur Tür, nahm das Sicherheitsschloss genauer in Augenschein und zog einen Schraubenzieher aus der Hosentasche, mit dem er behutsam das Gehäuse des Sicherheitsschlosses abmontierte. Dabei murmelte er konzentriert vor sich hin. „Wär doch gelacht, wenn der Özzman …“
Auf einmal wurde die Klinke heruntergedrückt und die Tür öffnete sich. Blitzschnell machte Özzi einen Satz zur Seite hinter die Tür. Ein Mann trat mit einem großen Stapel Pappkartons, der ihm die Sicht versperrte, vors Haus.
Ben, Leo, Jonas und Sophie waren in der Zwischenzeit neben dem Gebäude zu einem grauen Container gerannt und hatten sich dahinter versteckt. Als sie Özzi sahen, hielten sie erschrocken den Atem an.
Özzi lehnte mit dem Rücken zur Wand. Sein Gesicht war aschfahl, er zitterte am ganzen Körper. Zwischen ihm und dem Gangster befand sich nur eine dünne Tür. Der Kerl musste sich bloß umdrehen und es wäre das Ende!
Leo beobachtete, wie der Gangster umständlich die Pappkartons abstellte und sich danach den Schweiß von der Stirn wischte. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis der Mann endlich wieder im Gebäude verschwand. Ben stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Özzi hatte Schwein gehabt.
Geistesgegenwärtig steckte Özzi seinen Fuß in den Türspalt, bevor die Tür zufiel, und spähte in das Gebäude hinein. „Die Luft ist rein!“, rief er halblaut und drehte sich grinsend zu den anderen um. Sophie bekam vor lauter Aufregung den Mund nicht mehr zu. „Der Typ hat echt mehr Glück als Verstand …“, murmelte Jonas.
Leo sah ihn an. „Mit Verstand hat das hier schon lange nichts mehr zu tun …“, erwiderte sie trocken und lief los.
Özzi schlüpfte nach drinnen. Ben, Jonas und Sophie folgten ihm. Bevor Leo als Letzte durch die Hintertür witschte, drehte sie sich noch einmal um und prüfte, ob sie auch wirklich niemand beobachtete. Dann zog sie vorsichtig die Tür hinter sich zu und fand sich mit den anderen in einem langen dunklen Gang wieder. Ein leichter Schauder lief ihr über den Rücken.
Links und rechts von dem Gang gingen mehrere Türen ab. Der Ort wirkte gespenstisch. Von den Wänden hing die Tapete in Fetzen herunter. Der Boden war mit Müll bedeckt und von der Decke baumelte eine nackte Glühbirne, die karges Licht spendete.
Ben hielt unwillkürlich die Hand vor den Mund. Es roch ungesund nach Staub, der sich sofort auf seine Lunge legte. Ben versuchte seinen Hustenreiz zu unterdrücken. Sie durften auf keinen Fall Geräusche machen. Zögernd tastete er sich voran. Plötzlich waren Schritte zu vernehmen.
„Los, hier rein!“ Ben stieß die nächstbeste Tür auf. Schnell huschten sie in das Zimmer hinein und schlossen die Tür hinter sich. Es war ein Abstellraum, in dem sich allerlei Gerümpel stapelte.
Ben peilte durch das Schlüsselloch. Ein Mann lief den Gang hinunter. „Hier ist alles sauber“, sprach er in sein Funkgerät. „Ich werd draußen weitersuchen.“ Dann war er verschwunden.
Ben wartete einen kurzen Moment, bevor er sich wieder auf den Gang wagte. Leo, Jonas, Özzi und Sophie folgten ihm auf Zehenspitzen. Sie pirschten sich von Gang zu Gang und zuckten bei jedem Geräusch zusammen. Schließlich gelangten sie zu einer Lagerhalle.
„Volltreffer“, raunte Jonas, als er sah, was dort vor sich ging. Männer in Schutzanzügen verluden Orchideen in einen Wagen. Der Anführer überwachte alles. Er hielt ein Klemmbrett zwischen seinen Händen und führte streng Protokoll.
Jonas, Ben, Leo, Sophie und Özzi suchten hinter einem Stapel Pappkartons Deckung. „Clever“, flüsterte Özzi. „Die transportieren die Orchideen in einem Blumenwagen.“
„Beeilt euch, Männer!“, trieb der Anführer die Arbeiter an. „Phase zwei startet genau um
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