Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne LaBastille
Vom Netzwerk:
entfernt, kommen Sie in Teufels Küche.«
    Wir dankten ihm, daß er sich die Zeit genommen hatte, mich zu untersuchen, und gingen zur Hütte zurück. Der See wurde rauh. Im Süden brauten sich schwarze Gewitterbänke zusammen. Heute nacht würde es stürmen.
    Nick war nervös. »Laß uns sofort fahren«, drängte er. »Morgen kannst du ja zurückkommen, wenn es dir besser geht. Was soll werden, wenn ich dich heute nacht bei einem Gewitter wegschaffen muß? Du weißt, daß ich nicht so gut mit dem Boot klarkomme und den See nicht so gut kenne wie du. Stell dir vor, wir sitzen auf einer Felsbank fest, während du auf dem Operationstisch liegen müßtest.«
    Mir ging es momentan wieder besser, so daß ich die Nase rümpfte. »Laß mich das Abendessen machen, dann sehen wir weiter«, sagte ich starrköpfig. »Ich hab’ für heute abend ein so schönes Mahl geplant, und ich will, daß du es dir schmecken läßt.«
    Nick schüttelte bedrückt den Kopf, gab aber nach. Also nahm ich zwei dicke Steaks aus dem Kühlschrank und fing an, Pilze in die große Pfanne zu schnippeln. Draußen fielen die ersten Regentropfen. Ich beschloß daher, das Essen auf dem Gasherd zu machen und auf ein Grillfeuer im Freien zu verzichten. Als der Duft geschmolzener Butter und brutzelnder Pilze und Steaks die Küche füllte, wurde mir plötzlich schwarz vor Augen.
    Nick hörte, wie ich in der Küche umfiel, und stürzte herein. Er half mir auf die Beine und setzte mich in den Schaukelstuhl.
    »Jetzt ist Schluß, hörst du«, schalt er, mehr erschrocken als wütend. »Wir fahren auf der Stelle. Vor der Dunkelheit, vor dem Sturm und vor dem Essen.«
    Ich nickte schwach. Es war das erstemal im Leben gewesen, daß ich ohnmächtig geworden war. Meine Courage verpuffte.
    »Sei so gut und nimm wenigstens die Pfanne vom Herd. Die Steaks brennen an. Gib mir noch ein paar Minuten zum Ausruhen, dann fahren wir. Du solltest ein bißchen essen. Du mußt ja die ganze Fahrerei und Arbeit tun. Wer weiß, was auf uns wartet und wann wir wieder zum Essen kommen.«
    Meine Logik obsiegte. Nick schlang ein paar Bissen Steak hinunter und packte mir dann eine kleine Tasche. Er schloß die Tür, stellte das Gas ab, rief den Hund und half mir zum Bootsanleger hinunter. Stürmisches Zwielicht hing über dem Black Bear Lake. Blitze zuckten, Donner grollte über den Bergen. Böiger Südwind trieb halbmeterhohe Wellen vor sich her. Nur einige wenige Lichter blinkten in weiter Ferne am Seeufer. Ich erkannte, wie ratsam es war, mich schnellstens in Behandlung zu begeben. Mein Bauch tat so weh, daß ich den Bootsmotor nie allein hätte anwerfen können.
    Nach einigen Flüchen brachte Nick den Motor zum Laufen, und wir fingen an, uns durch die Wellen zu kämpfen. Jedes Rucken versetzte mir einen qualvollen Stoß in die rechte Seite. Als wir mein Auto erreichten, krümmte ich mich vor Schmerz. Ich hätte niemals allein fahren können. Gegen zehn erreichten wir Lake Serene. Ich war nur noch halb bei Bewußtsein. Nick raste durch das Städtchen, als wie durch Zauberei ein Polizeiwagen auftauchte. Sobald der Beamte erfuhr, was mit mir los war, eskortierte er uns zum Sanitätsposten und rief über Funk den diensthabenden Arzt an. Binnen fünfzehn Minuten hatte sich die Diagnose bestätigt. Blinddarmentzündung.
    Der Doktor telefonierte zum Stadtkrankenhaus, kündigte eine Notaufnahme an und schlug mir vor, mich in den bereitstehenden Krankenwagen zu legen. Eine Freiwilligenmannschaft hatte sich bereits versammelt.
    »Krankenwagen?« protestierte ich. »Wozu das denn? Nick kann mich in meinem Wagen fahren. Ich kann mich auf dem Vordersitz hinlegen. Ich will mich erst dann krank fühlen, wenn es unbedingt sein muß.«
    »Na gut, wie Sie wollen«, lächelte der Arzt resigniert, »aber schauen Sie, daß Sie rasch hinkommen — ohne Unfall.« Er gab Nick einen kollegialen Klaps auf die Schulter und ging.
    Mit achtzig bis hundert Stundenkilometern fuhr mich Nick zum Krankenhaus. Gegen halb zwei Uhr nachts kamen wir an. Um drei untersuchte mich ein Arzt. Bei der Blutprobe ergab sich ein Befund von über 13 000 weißen Blutkörperchen. Um sieben wurde ich operiert.
    Als ich mich im selben Herbst von der Blinddarmoperation erholte, trat am Black Bear Lake ein weiterer Notfall ein. Am letzten Oktobertag erlitt morgens in der Frühe ein Hirschjäger einen Herzanfall. Seine Gefährten funkten mit einem CB-Gerät Hilfe herbei. Binnen zwanzig Minuten war an ihrem Haus ein Wasserflugzeug mit einem

Weitere Kostenlose Bücher